Man sieht sie mittlerweile häufig auf Presse-Events, insbesondere wenn es um Lifestyle-Produkte geht. Unternehmen geben beträchtliche Summen aus, um sie Werbung machen zu lassen vor ihren hunderttausenden oder Millionen Abonnenten. Sogenannte "Influencer", Stars auf Instagram, Snapchat, Youtube und anderen Plattformen, leben von der Begeisterung ihrer Fans.

Der Erfolg ist längst nicht immer das Resultat einer geplanten Karriere. Manchmal "passiert" er auch mehr oder weniger plötzlich. Das ist nicht nur für die neuen Stars, die meist kaum dem Teenager-Alter entwachsen sind, sondern auch für ihre Eltern eine Herausforderung. Wie einige von ihnen damit umgehen, porträtiert der "Guardian".

Charlotte D'Alessio hat mittlerweile rund 600.000 Follower auf Instagram.

Festival-Besuch brachte unerwarteten Durchbruch

Dort zeigt man etwa den Fall der jungen Kanadierin Charlotte D’Alessio. Sie war 16, als ihre Eltern von Toronto nach Los Angeles umzogen und sie mit mehreren Freundinnen erstmals auf das bekannte "Coachella"-Festival fuhr. Dort experimentierten die Mädchen mit unterschiedlichen Outfits und fütterten mit den Fotos ihre Social Media-Auftritte.

Soweit, so gewöhnlich. Die Dinge änderten sich jedoch rapide, als der bekannte Fotograf Bryant Eslava die Teenagers um Fotos bat und ihre Accounts in seinen Aufnahmen markierte. Die Fotos wurden "viral", tauchten auf Plattformen wie Instagram in den Empfehlungen auf und bescherten ihren Inhaberinnen in kürzester Zeit zigtausende Follower. Buzzfeed berichtete. Bald nach dem Festival folgten alleine D’Alessio 100.000 Accounts.

Ein Jahr Funkstille zwischen Tochter und Mutter

Ihr Leben änderte sich danach dramatisch. Eigentlich hatte das ruhige Mädchen geplant, sich nach der Schule an der renommierten University of California zu bewerben. Diese Pläne warf sie über Bord, unterzeichnete einen Modelling-Vertrag und beschloss, Influencerin zu werden. Ganz zum Unnut ihrer Mutter, Christina Ford.

Diese ist von D’Alessios Vater geschieden und war damals erst kürzlich mit ihrem neuen Mann nach London gezogen. Als ehemalige Werbeproduzetin kannte sie das Showbusiness und wollte ihre beiden Töchter von diesem Geschäft fernhalten. Doch alle Versuche, ihr ihren Karriereplan auszureden scheiterten. Es gab auch Spannungen mit ihrem Ex-Mann, der seine Tochter bei ihrem Vorhaben unterstützte.

Der Streit darum führte zu einer Funkstille, die über ein Jahr dauern sollte. Es schmerzte sie, ihr Kind mitunter auf großen Anzeigen von Modegeschäften zu sehen und Neuigkeiten aus ihrem Leben nur noch aus ihren Instagram-Posts zu erfahren. Heute hat sich das Verhältnis wieder normalisiert. "Sie ist jetzt erwachsen, es ist ihre Entscheidung, also respektiere ich es", sagt Ford, auch wenn sie den Wandel immer noch nicht verdaut hat.

Die Brüder Jake (l.) und Logan Paul.

Gegenbeispiel: Das Logan-Imperium

Doch es gibt auch das krasse Gegenbeispiel zu D’Alessio und ihrer Mutter, nämlich die Eltern des berühmt-berüchtigten Videomachers Logan Paul und seines Bruders Jake. Logan hat sich mit seinen teilweise sehr problematischen Aktionen unter auch schon eine temporäre Sperre bei Youtube eingehandelt. Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade deswegen hat bald 30 Millionen Follower und gehört damit zu den Größten seiner Zunft.

Den Hype nutzen auch seine Eltern, Greg Paul und Pam Stepnick. Sie kommen regelmäßig in seinen Videos vor und verzeichnen mittlerweile beträchtliche Followerzahlen auf Youtube und Instagram. Sie produzieren unter anderem Videos, in denen sie auf Clips ihres Sohnes "reagieren". Ein großer Teil des Familienlebens wird zur Schau gestellt und lässt die Kasse klingeln.

Was ist "das Richtige"?

Welcher Influencer wieviel verdient, lässt sich schwer genau beziffern. Bekannt ist, dass Instagramer mit 100.000 Dollar für ein Werbeposting um die 5.000 Dollar verlangen können. Wer auf Youtube auf sieben Millionen Fans oder mehr kommt, darf mit gut 300.000 Dollar für eine Markenpartnerschaft rechnen. Letztlich kommt es darauf an, welche und wie viele Deals man an Land zieht.

Das sind Entscheidungen, in die sich nicht alle Eltern involvieren können oder wollen. Denn für einige erschließt sich mit der Berühmtheit der eigenen Kinder eine ihnen völlig unbekannte Welt. "Man denkt, man tut das Richtige für sein Kind, aber es ist schwer, wenn man nicht weiß, was man tut", erklärt dazu Tiff Lewis, Mutter von Madison Lewis, die auf Musical.ly zum Gesangsphänomen mit bald drei Millionen Fans geworden ist.

Einerseits vergnüge sich das Kind einfach nur auf einer solchen Plattform, andererseits böte sich das Potenzial, damit viel Geld zu verdienen. Es sei schwer, zu entscheiden, was man mache und was nicht. Vor einem Jahr übertrug sie diese Aufgabe einem professionellen Management, nur um sich danach wieder zu hinterfragen – "Wie weiß man, ob das wirklich das Beste ist?".

Berühmtheit und Verantwortung

Die Sorgen sind freilich nicht unbegründet. Mit der Berühmtheit der Teenager stellen sich viele Herausforderungen. Etwa die Frage nach der Weiterführung ihrer Bildung oder der Auswirkung des plötzlichen Ruhms auf ihre seelische Gesundheit. Und auch Sorgen um ihre persönliche Sicherheit, wenn sie plötzlich auf offener Straße von Fans erkannt werden.

Die Bekanntheit bringt auch Verantwortung, die sich leicht unterschätzen lässt. Die "Dolan Twins", zwei bekannte US-Youtuber, hatten im vergangenen November ein "Meet & Greet" im Londoner Hyde Park angekündigt. Nachdem sie feststellten, dass dort zum "Remembrance Day" eine Veranstaltung zum Gedenken an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs angesetzt war, verschoben sie das Treffen kurzfristig.

Viele hatten die Absage aber nicht mehr mitbekommen. Tausende Teenager versammelten sich im Park, wie auf Twitter dokumentiert ist. Einige reagierten frustriert, als ihre Stars nicht kamen. Es gab mehrere Verletzte und die Polizei musste eingreifen, um die wütende Menge zu bändigen.-

Rechtliche Fragen

Es gibt auch rechtliche Aspekte, mit denen sich Influencer und ihre Eltern beschäftigen müssen. Beispielsweise wenn es um die Unterscheidung zwischen Werbung und "originären" Inhalten geht. Derzeit stehen sich die Influencerin Cathy Hummels und der Verband Sozialer Wettbewerb vor Gericht gegenüber.

Die Ankläger monieren, dass einige von Hummels Beiträgen nicht als Werbung gekennzeichnet waren. Die Instagramerin erklärt jedoch, dass sie in diesen Beiträgen lediglich Dinge vorgestellt habe, die sie mag, ohne – mit einer Ausnahme – selbst eine Gegenleistung bekommen zu haben. (red, 23.07.2018)