An sich ist es eine gute Sache, wenn Arbeitgeber dem Nachwuchs in ihrem Betrieb entgegenkommen. Etwa wenn sie den Anfängern den Job durch Aufzeigen angenehmer Seiten schmackhaft machen: Freie Zeiteinteilung, Mitsprachemöglichkeiten, garantierte Weiterbildungsmaßnahmen und – nicht zuletzt – eine existenzsichernde Entlohnung gehören zu diesen Goodies.

Stimmen diese Grundlagen, so ist auch gegen die bei manchen Firmen inzwischen üblichen Zusatzangebote für Ausbildungswillige – vom Tanzkurs bis zum Führerschein – nichts einzuwenden. Der Lehrlingsmangel gebietet es – den Lehrling freut's. Dass man in Österreich angesichts von viel zu wenigen Ausbildungswilligen auf Abschiebung von allermeist höchst fähigen Lehrlingen mit Asylhintergrund besteht, ist eine andere Geschichte.

Problematisch wird es hingegen dort, wo die Recruitingmaßnahmen geeignet sind, ein falsches Bild vom Beruf zu vermitteln. Einem künftigen Polizisten, den in der Grundausbildung im ersten Jahr ein Gehalt von monatlich 1632,90 Euro brutto erwartet, mit einem 100.000 Euro teuren Sportwagen Lust auf den Dienst an der Allgemeinheit zu machen, gehört in diese Kategorie. Mit einer solchen Taktik des Scheins statt des Seins will die Polizei, die unter hohen Drop-out-Raten bei Berufsanfängern leidet, qualifizierte Bewerber erreichen. Das könnte nach hinten losgehen: dann, wenn das Sein den Schein einholt. (Irene Brickner, 23.7.2018)