Brüssel/Berlin – Der in der Flüchtlingskrise gestartete EU-Marineeinsatz vor der libyschen Küste wird vorerst fortgesetzt. Wie das deutsche Verteidigungsminister mitteilte, stach das Bundeswehrschiff "Mosel" am Montag nach einem entsprechenden EU-Einsatzbefehl wieder in See. Italien hatte zuvor zugesagt, in einer Übergangszeit weiter die von Schiffen der Operation "Sophia" aus dem Meer geretteten Flüchtlinge aufzunehmen.

Das gelte bis zu der von der EU angestrebten Überarbeitung der Einsatzregeln, die innerhalb der kommenden fünf Wochen erfolgen solle, sagte der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi am Montag nach einem Treffen mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas in Berlin. Italien solle danach nicht mehr der einzige Landehafen für die bei der Migrantenrettung engagierten Schiffe sein, so Moavero Milanesi nach Angaben italienischer Medien. Bis dahin werde Italien allen von den Frontex-Schiffen geretteten Migranten die Einfahrt in seine Häfen erlauben.

Die italienische Regierung hatte zuvor gedroht, am Rande des Einsatzes gegen Schleuserkriminalität gerettete Migranten nicht mehr in Italien aufzunehmen. Die Schiffe der Operation wurde deswegen in der vergangenen Woche vorübergehend in die Häfen zurückbeordert. Damit sollte verhindern werden, dass sie Migranten aufnehmen, die dann nirgendwo an Land gehen können.

Die anderen EU-Staaten sagten Italien daraufhin am Freitag nach Krisengesprächen zu, in den nächsten fünf Wochen eine neue Strategie zum Umgang mit bei dem Einsatz geretteten Migranten zu vereinbaren. Seit dem Start der Operation im Jahr 2015 wurden bisher schon mehr als 49.000 Menschen nach Italien gebracht.

Maas sagte, man wolle nun "Schritt für Schritt" eine langfristige Lösung mit Italien suchen. Er begrüßte, dass die italienische Regierung den Einsatz übergangsweise so weiterlaufen lassen wolle wie bisher. "Denn das letztlich bedeutet, dass diese Operation in ihrer Struktur nicht gefährdet ist. Und das ist eine wichtige und eine gute Information gewesen." Wie die neue Strategie im Umgang mit geretteten Migranten aussehen könnte, blieb zunächst offen.

Kampf gegen Schleuser

Ein Sprecher des Verteidigungsministers in Berlin sagte am Montag, Ziel der Operation "Sophia" sei der Kampf gegen Schleuser und die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Die Rettung von Menschen aus Seenot sei aber nicht ausgeschlossen und bleibe eine "völkerrechtliche Verpflichtung für jeden Seemann". Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini sagte in Brüssel: "Die Operation "Sophia" setzt ihren Auftrag in allen Aspekten fort."

Unklar blieb allerdings, inwieweit die Einsatzführung die beteiligten Schiffe noch in Seegebiete lotst, in denen mit Rettungseinsätzen zu rechnen ist. Bereits in den letzten Wochen und Monaten wurden im Rahmen der Operation deutlich weniger Migranten gerettet als im gleichen Zeitraum des Vorjahres – der deutsche Tender "Mosel" musste beispielsweise seit dem Beginn seiner Einsatzzeit Anfang Mai noch kein einziges Mal Schiffbrüchige aufnehmen.

Nach Angaben aus Brüsseler Militärkreisen liegt das vor allem daran, dass die EU-Schiffe nicht mehr so nah vor den Küstenorten kreuzen, in den Migranten von Schleuserbanden in Schlauchboote gesetzt werden. Die Einsatzführung wolle damit erreichen, dass mögliche Rettungseinsätze von der libyschen Küstenwache organisiert werden, die Migranten dann zurück nach Libyen und nicht nach Italien bringt.

In Italien wird der auch von Deutschland mit einem Marineschiff unterstützte EU-Einsatz bereits seit längerem mehr als Problem denn als Hilfe gesehen. Das liegt vor allem daran, dass sich die Regierung 2015 damit einverstanden erklärt hatte, dass am Rande des Einsatzes gerettete Migranten in italienische Häfen gebracht werden. Damals war noch nicht absehbar gewesen, dass die eigentlich für den Kampf gegen Schleuserkriminalität losgeschickten EU-Schiffe Zehntausende Menschen an Bord nehmen würden. (APA, 23.7.2018)