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Partnerschaftlich aufgeteilte Kinderbetreuung wirkt sich nicht nur positiv auf den Kindergeldanspruch, sondern auch auf den beruflichen Wiedereinstieg von Frauen aus.

Foto: A SIFE

Auch wenn die Erwerbsquote von Frauen in Österreich stetig steigt: Noch immer sind es die Mütter, die einen Großteil der Pflege- und Erziehungsarbeit erledigen und dafür Nachteile beim beruflichen Aufstieg und beim Einkommen in Kauf nehmen (müssen). Wer sich möglichst früh und umfassend über die Rahmenbedingungen für Karenz und Kinderbetreuung informiert, kann langfristige Konsequenzen zumindest abmildern.

Das Kinderbetreuungsgeld-Konto

Für Geburten seit dem 1. März 2017 gelten in Österreich neue Regelungen zum Kinderbetreuungsgeld. Während sich Eltern zuvor noch zwischen vier Pauschalmodellen und einem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld entscheiden mussten, ersetzt das Kinderbetreuungsgeldkonto nun die verschiedenen Pauschalmodelle. Es bietet allen Eltern denselben Gesamtbetrag, die Bezugsdauer kann selbst flexibel bestimmt werden, erklärt Hess-Knapp, Expertin für Frauen- und Familienpolitik bei der Arbeiterkammer (AK) Wien. Bei dem alten Modell wurde mit der längsten Variante der längere Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit finanziell begünstigt, dieser Anreiz zu einer längeren Auszeit falle somit weg, so Hess-Knapp, die dieses Modell durchaus positiv bewertet.

"Eine lange Auszeit ist nicht nur eine der Ursachen für den Gender-Pay-Gap, sie wirkt sich oft auch negativ auf den Wiedereinstieg und die Karriere innerhalb des Betriebes aus", sagt die AK-Expertin.

Und so funktioniert es

Das Kinderbetreuungsgeld kann von einem Elternteil in einem Zeitrahmen von zwölf bis 28 Monaten bezogen werden, übernehmen beide Elternteile abwechselnd die Betreuung, verlängert sich die maximale Bezugsdauer auf 15 bis 35 Monate. Einen Anspruch auf die arbeitsrechtlich durch Kündigungs- und Entlassungsschutz abgesicherte Karenz haben Eltern allerdings nur bis zum Tag vor dem zweiten Geburtstag des Kindes. "Wer länger zu Hause bleibt, muss das mit dem Arbeitgeber vereinbaren und etwa unbezahlten Urlaub nehmen", so Hess-Knapp. Der Tagesbetrag des Kinderbetreuungsgeldes liegt zwischen 14,53 und 33,88 Euro und richtet sich nach der gewählten Bezugsdauer.

Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld

Im Unterschied zum Kinderbetreuungsgeldkonto richtet sich das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld vor allem an eine erwerbsorientierte Zielgruppe mit höherem Einkommen. Es kann nur bis zum vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes bezogen werden, bei einer Teilung verlängert sich der Zeitraum auf 14 Monate. Die Höhe des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes beträgt 80 Prozent der Letzteinkünfte, maximal jedoch 66 Euro pro Tag.

Mit Väterbeteiligung gegen Gender-Pay-Gap

Einen Anreiz zur partnerschaftlichen Teilung bietet darüber hinaus der Partnerschaftsbonus, der für beide Modelle gilt. Beziehen beide Elternteile das Kinderbetreuungsgeld zumindest im Verhältnis 40 zu 60, so erhalten sie einen Bonus von insgesamt 1.000 Euro. Wie das Wiedereinstiegsmonitoring der Arbeiterkammer belegt, wirken sich geteilte Inanspruchnahmen auch positiv auf den beruflichen Wiedereinstieg von Frauen aus.

Aber auch abseits des Kinderbetreuungsgeldes rentiert sich Partnerschaftlichkeit bei der Kindererziehung, ist Nadja Bergmann vom Institut L&R Sozialforschung überzeugt. "Aus gleichstellungspolitscher Sicht spricht sehr viel für die Teilung der Karenz-, Betreuungs- und Arbeitszeiten, für Frauen wie Männer. Frauen können durch eine gerechtere Aufteilung besser als bisher ihre Einkommens- und Pensionschancen sichern, Männern können ihre 'einseitige Zurichtung' auf den Arbeitsmarkt durchbrechen und haben die Chance, am Leben ihrer Kinder teilzuhaben", sagt die Sozialwissenschafterin. Die ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Karenzarbeit werde von Hetero-Paaren – etwa mit dem Argument, dass auf das Einkommen des Mannes nicht verzichtet werden könne – stark rationalisiert, weiß Bergmann; Überlegungen, was das für die Pensionsansprüche bedeutet, erscheinen zu weit weg – oder würden gar nicht erst angestellt.

Gudrun Hagen von der Frauenberatungsstelle Frauentreffpunkt in Salzburg weiß Ähnliches aus ihrem Beratungsalltag zu berichten. "Selbst gleichberechtigte Paare rutschen nach der Geburt des ersten Kindes häufig in traditionelle Rollenmuster. Die Frau wird zur Zuverdienerin – und begibt sich damit in eine gewisse Abhängigkeit. Die langfristigen Folgen werden oft unterschätzt, etwa die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen – die Gefahr der Altersarmut ist relativ groß."

Mit Pensionssplitting gegen den Gender-Pension-Gap

Der Gender-Pension-Gap fällt in Österreich drastischer aus als die ohnehin klaffende Lohnschere bei den Erwerbseinkommen: Die Alterspensionen der Frauen liegen durchschnittlich rund 45 Prozent unter jenen der Männer. Dieser Unterschied ergibt sich aus der Logik des Pensionssystems: Wer 45 Versicherungsjahre gesammelt hat, erhält mit dem Regelpensionsalter 80 Prozent des durchschnittlichen Einkommens als Alterspension, Teilzeitarbeit und Erwerbsunterbrechungen wirken sich somit massiv auf die Pensionshöhe aus. "Je weniger Versicherungsjahre die Frauen haben, desto größer ist auch der pensionsdämpfende Effekt von Teilzeitphasen", sagt Christine Mayrhuber vom Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Geringfügig Beschäftigten rät Mayrhuber zu einer freiwilligen Pensionsversicherung – so können relativ günstig Versicherungsjahre für die Pension erworben werden.

Für die ersten vier Jahre nach der Geburt eines Kindes werden dem überwiegend betreuenden Elternteil knapp 1.800 Euro als fiktive Beitragsgrundlage für das Pensionskonto gutgeschrieben. Bei Niedrigverdienerinnen können das sogar die beitragsstärksten Jahre ihrer Erwerbskarriere sein, erläutert Mayrhuber. Einen weiteren Hebel bietet das freiwillige Pensionssplitting zwischen PartnerInnen, das für die ersten sieben Lebensjahre eines Kindes vereinbart werden kann. Der Elternteil, der sich nicht überwiegend der Kindererziehung widmet, kann bis zu 50 Prozent seiner Gutschrift für die Pension dem anderen Elternteil übertragen. Frauen, die ihre Erwerbsarbeit aufgrund der Kindererziehung reduzieren, können so ihre Alterspension erhöhen. "Wenn die Partnerschaft auch in der Pension noch besteht, kann sich durch die unterschiedliche Besteuerung sogar ein positiver Nettoeffekt auf das Haushaltseinkommen ergeben", sagt Mayrhuber.

Kinderbetreuung als Schlüssel zum Wiedereinstieg

Möglichkeiten wie das freiwillige Pensionssplitting seien in der Bevölkerung noch zu wenig bekannt, berichtet indes Claudia Prudic. Die Psychologin ist in der Beratungsstelle Wendepunkt in Wiener Neustadt tätig und kennt die Anliegen von Frauen in den unterschiedlichen Lebensphasen. "Auch beim Kinderbetreuungsgeld gibt es rechtliche Tücken, ich empfehle daher allen Frauen eine Beratung bei der Arbeiterkammer", sagt Prudic. Aber auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen hinaus sei ein gutes Schnittstellenmanagement essenziell – Prudic meint damit die Planung von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung, die viel Zeit und Energie koste. "Es ist sehr hilfreich, sich frühzeitig ein breites Netzwerk aufzubauen und immer einen Plan B mitzudenken. Auf öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen – ich spreche lieber von Bildungseinrichtungen – kann man sich nicht verlassen, etwa wenn Kinder krank sind oder kurzfristig eine Betreuung gebraucht wird."

Kinderbetreuungseinrichtungen sind auch für den beruflichen Wiedereinstieg nach der Elternkarenz ein zentraler Faktor, weiß AK-Expertin Hess-Knapp: "Je früher man sich darum kümmert, umso besser kann man planen, und umso besser klappt auch der Wiedereinstieg. Betreuungsplätze werden oft als selbstverständlich angenommen, gerade außerhalb von Wien ist das Angebot aber lückenhaft." Den flächendeckenden Ausbau von qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige fordern Frauenorganisationen und ExpertInnen seit vielen Jahren – angesichts der Pläne der aktuellen Regierung dürfte sich an der Versorgungslage in naher Zukunft allerdings wenig ändern. (Brigitte Theißl, 29.7.2018)