Louise Brown wurde am 25. Juli 1978 Oldham General Hospital in Manchester geboren. Sie war das erste Retorten-Baby. Ihre Geburt löste damals eine Kontroverse um diese neue Technologie aus. Am 23.7. 2018 feierte sie ihren Geburtstag im Science Museum in London.

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Es war ganz sicher eine Großtat der Medizin mit enormen Auswirkungen bis in Gesellschaft und Politik hinein: Am 25. Juli 1978, vor 40 Jahren, erblickte Louise Brown im englischen Oldham das Licht der Welt. Bereits mit seiner Geburt per Kaiserschnitt machte das Mädchen Schlagzeilen und wurde von britischen Zeitungen gar als "Kind des Jahrhunderts" gefeiert: Es war das weltweit erste Retortenbaby.

Mit der erfolgreichen Befruchtung im Reagenzglas, der sogenannten In-Vitro-Fertilisation, läuteten britische Wissenschafter – der Embryologe Robert Edwards und der Gynäkologe Patrick Steptoe – ein neues Zeitalter in der Behandlung unerwünschter Kinderlosigkeit ein. Edwards, er erhielt für seine wissenschaftlichen Arbeiten 2010 den Medizin-Nobelpreis, hatte schon in den 1950er-Jahren mit seiner Frau im Labor in Cambridge die wissenschaftliche Basis für die Entwicklung der In-vitro-Infertilisierung über die künstliche Ausreifung von Eizellen und deren artifizielle Befruchtung geschaffen. Er tat sich schließlich mit Steptoe zusammen, damals ein zum Teil von seinen Kollegen bekämpfter Experte für Laparoskopie (Schlüsselloch-Technik), um von unfruchtbaren Frauen Eizellen zu gewinnen.

Im Reagenzglas

Die Grundprinzipien der IVF-Methode, die mittlerweile Millionen kinderlosen Paaren zu Nachwuchs verholfen hat: Zunächst erfolgt eine durch Hormongabe provozierte Heranreifung von Eizellen. Zum richtigen Zeitpunkt werden Eizellen gewonnen. Die Befruchtung geschieht im Labor. Das Problem der Mehrlingsschwangerschaften versuchen die Ärzte dadurch zu lösen, dass sie möglichst wenige Embryonen in die Gebärmutter der Frau einpflanzen.

Was sich gewandelt hat: Die Sicht der Ursachen für Sterilität von Paaren. Dachte man ehemals, dass 60 Prozent der Fälle von Unfruchtbarkeit bei Paaren auf die Frau (z.B. keine Durchgängigkeit der Eileiter) zurück gingen, dürfte der Prozentsatz zumindest umgekehrt sein. Sonst müsste man nicht zwischen 70 und 80 Prozent dieser Behandlungen mit der künstlichen Injektion von Spermien in Eizellen (ICSI) durchführen. Verfeinert bzw. in der Folge erfunden wurden nach den Arbeiten von Edwards und Steptoe vor allem die Hormontherapie der Frau, das Einfrieren von Embryonen und die Ultraschall-Punktion zur Gewinnung von Eizellen. Darüber hinaus wurden in den vergangenen Jahren immer feinere Methoden zur Auswahl für die Einpflanzung am besten geeigneter befruchteter Eizellen entwickelt.

Österreich vier Jahre später

Das erste österreichische IVF-Kind – Slatan Jovanovic – wurde am 5. August 1982 in Wien geboren. Die Gynäkologen Wilfried Feichtinger und Peter Kemeter waren hier die "medizinischen Väter". Seit 1979 hatten sie an der damaligen II. Universitäts-Frauenklinik in Wien mit Eizellen und Spermien experimentiert. "Ich bin nächtelang gesessen und habe alles überprüft", erinnerte sich Feichtinger. Denn die "Väter" des weltweit ersten Retortenbabys hatten nicht alle Geheimnisse verraten. 1980 gab es eine Schwangerschaft, doch die Frau verlor das Kind in einem frühen Stadium. Ab 1982 ging es Schlag auf Schlag.

Seit der Geburt des ersten Retortenbabys vor rund 40 Jahren sind mehr als acht Millionen Babys nach einer Fruchtbarkeitsbehandlung zur Welt gekommen. Das hat eine Auswertung der Datensammlung ICMART ergeben, die beim Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Embryologie (ESHRE) in Barcelona vorgestellt wurde. Inzwischen werden demnach jährlich geschätzt mehr als eine halbe Million Babys weltweit nach einer künstlichen Befruchtung geboren. (APA, 25.7.2018)