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Die malaysische Regierung wirbt großflächig in öffentlichen Verkehrsmitteln mit dem Spruch "Eine Lüge zu teilen macht dich zum Lügner". Auf die Verbreitung von Falschnachrichten stehen in Malaysia bis zu sechs Jahre Gefängnis.

Foto: AP/Vincent Thian

Salah Salem Saleh Sulaiman war der Erste, der das gerade erst in Kraft getretene Fake-News-Gesetz in Malaysia zu spüren bekam. Der 46-jährige Däne veröffentlichte Ende April ein Video auf Youtube, in dem er die malaysische Polizei beschuldigte, mehr als 50 Minuten gebraucht zu haben, um an den Tatort einer Schießerei zu kommen.

Laut Polizei eine Unwahrheit – und diese zu verbreiten ist in Malaysia seit Anfang dieses Jahres verboten. Sulaiman kam mit einer Strafe von 10.000 Ringgit (2100 Euro) davon – laut Gesetz drohen aber Strafen von bis zu 500.000 Ringgit (105.000 Euro) oder sechs Jahre Gefängnis. Schon das einfache Teilen von Lügen in den sozialen Medien ist illegal. "Eine Lüge zu teilen macht dich zum Lügner", plakatiert die Regierung großflächig in den öffentlichen Verkehrsmitteln.

"Gesetze wie dieses beinträchtigen Journalisten in ihrer Arbeit", teilte die National Union of Journalists Malaysia auf STANDARD-Anfrage mit. Auch wenn man der Regierung gute Absichten unterstelle, sei das Gesetz nicht angemessen, um Falschinformationen zu bekämpfen.

Malaysia ist mit seinem Fake-News-Gesetz nicht allein in Südostasien. Auch in Indonesien, Kambodscha, Thailand und Indien steht die Verbreitung von Falschinformationen unter Strafe. Und nicht selten auch Kritik an der Regierung, kritisiert die Southeast Asian Press Alliance: "Wir beobachten in der Region, dass solche Gesetze benutzt werden, um kritische Stimmen zum Verstummen zu bringen", sagt Kulachada Chaipipat, Mitarbeiterin der Alliance, zum STANDARD. Es gebe ohnehin bereits eine Vielzahl von Gesetzen, die Meinungsfreiheit beschränken. Sie warnt davor, der Regierung die Definitionsmacht über wahr und falsch zu geben. Eine bessere Strategie gegen Fake-News sei es, durch Aufklärung mehr Medienkompetenz in der Bevölkerung zu schaffen.

Auch Europa reguliert

Aber auch vor Europa macht der Trend nicht halt. Anfang Juli 2018 billigte die französische Nationalversammlung einen umstrittenen Gesetzesvorschlag gegen Fake-News. Damit soll die Verbreitung von Gerüchten in Wahlkampfzeiten unterbunden werden. Bis zu drei Monaten Haft drohen Parteien oder Kandidaten, die vor landesweiten Wahlen öffentlich Unwahrheiten verbreiten.

Der mögliche Hintergrund: Staatspräsident Emmanuel Macron wurde im Wahlkampf 2017 selbst Ziel von Gerüchten. Laut den in rechten Kreisen kursierenden Meldungen soll er ein geheimes Offshore-Konto haben und außerdem homosexuell sein.

Macron schrieb die Schuld an den Falschmeldungen teilweise Russland zu. Die kremlnahen, auch in Frankreich aktiven Medien Sputnik und Russia Today (RT) bezeichnete er in seiner Neujahrsansprache als "Organe der Einflussnahme und der lügnerischen Propaganda".

Deutschland setzt Recht in Netzwerken durch

In Deutschland soll das mit 1. Jänner in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz eigentlich bereits bestehendes Recht in sozialen Netzwerken durchsetzbar machen. Denn Verleumdung, Beleidigung, üble Nachrede und Volksverhetzung waren auch schon vorher strafbar. Das Gesetz formalisiert das Verbot vor allem – unter anderem mit saftigen Strafen für die Plattformbetreiber, in Härtefällen in der Höhe von bis zu 50 Millionen Euro.

Kritiker fürchten daher "Overblocking" – das heißt, die Plattformen löschen aus Angst vor Strafe lieber zu viel als zu wenig. Ein Tweet des Satiremagazins Titanic mit dem Text "Baby-Hitler macht den Führerschein" und einem Bild, das Österreichs Sebastian Kurz vor Jörg Haiders Unfallwagen zeigt, ist in Deutschland etwa nicht mehr aufrufbar, der Twitter-Account des Magazins war 48 Stunden gesperrt.

Gemeldete Postings sollen die Plattformen an "anerkannte Einrichtungen der regulierten Selbstregulierung" übergeben. Die Arbeit der Überwacher wird wiederum von der Justiz überwacht. Zu viel Macht in den Händen derer, denen man die Macht eigentlich entreißen soll, meinen Kritiker.

Und in Österreich?

Wie der STANDARD schon 2016 berichtete, gab es in Österreich schon einmal ein Gesetz gegen Fake-News. Laut Strafgesetzbuch war die "Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte" bis 2016 verboten. Nachdem es 20 Jahre lang keine Verurteilungen gegeben hatte, wurde der Paragraf mit 1. Jänner 2016 abgeschafft.

Die "Verbreitung falscher Informationen vor einer Wahl" ist aber nach wie vor strafbar, wenn sie Stimmberechtigte von der Stimmabgabe abhält. Meldungen von einem vermeintlich verschobenen Wahltag für Wähler einer bestimmten Partei, wie sie vor der Nationalratswahl 2017 kursierten, können also durchaus strafbar sein. (Philip Pramer, 26.7.2018)