Nach drei Monaten Alkoholverbot zeigt sich die Bezirksvorsteherin des zweiten Bezirks, Uschi Lichtenegger (Grüne), unzufrieden. "Ich war am Montag in der Afrikanergasse, da sind sie am Gehsteig gelegen", schildert die Bezirkschefin und meint damit alkoholisierte Personen.

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Wer in der Verbotszone Alkohol konsumiert, muss mit Strafen zwischen 70 und 700 Euro rechnen. Nach einem Monat zog die Polizei erstmals Bilanz: 411 Abmahnungen, elf Organmandate, 78 Anzeigen, 57 beschlagnahmte Getränke und 463 entsorgte alkoholische Getränke wurden verzeichnet.

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Wien – Seit genau drei Monaten ist das Alkoholverbot am Wiener Praterstern in Kraft. Die Leopoldstädter Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) ist nach wie vor unglücklich damit. "Es ist sehr, sehr, sehr schwierig", kritisiert sie gegenüber der APA einmal mehr die "populistische Maßnahme". Die Problematik habe sich verlagert, Bezirksbewohner seien vermehrt unzufrieden.

"Am Gehsteig gelegen"

"Es ist das eingetroffen, was zu erwarten war – dass die Leute sich nicht in Luft auflösen, sondern dass sie im Umfeld des Pratersterns bleiben. Die Bezirksbewohner sind jetzt damit konfrontiert, dass diese Menschen vor ihren Wohnhäusern das Quartier aufgeschlagen haben. Es werden nicht nur Bänke benutzt, sondern auch die Straße. Ich war am Montag in der Afrikanergasse, da sind sie am Gehsteig gelegen", schildert die Bezirkschefin.

Insofern werde der Druck größer, "dass wir was unternehmen. Die Sozialarbeit ist gefordert, weil sie die Leute jetzt suchen muss. Am Praterstern hatten wir auch sanitäre Anlagen. Die gibt es weder auf der Praterstraße noch in der Heinestraße. Dies führt zu einem hygienischen Problem – teilweise auch neben Schanigärten", sagt Lichtenegger über die Folgen der von ihr beobachteten Verdrängung. "Der Druck und die Schreiben der Anwohner und in jüngster Zeit auch der Hausverwalter und -besitzer werden mehr. Ich verweise sie dann auch an das Büro Ludwig."

Kein Kontakt zum Bürgermeister

Mit dem Bürgermeister stehe man allerdings nicht in Kontakt. Dafür laufe eine gute Zusammenarbeit mit der Sucht- und Drogenkoordination. "Die Maßnahmen, die die Stadt versprochen hat, müssen gesetzt werden. Es gibt aber keinerlei Information darüber, wann die kommen. Wir im Bezirk haben keine Möglichkeit, Maßnahmen zu setzen. Ich könnte lediglich alle Bänke im Bezirk abmontieren lassen – was ich aber sicher nicht tun werde", sagt Lichtenegger.

Ewald Lochner, der neue Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen, bestätigt gegenüber dem STANDARD, dass momentan viele Personen auf der Praterstraße unterwegs seien. "Wir sprechen aber nicht von einer Verdrängung. Da müsste man sich das über einen längeren Zeitraum anschauen." Er könne nachvollziehen, wenn manche Bürgerinnen und Bürger momentan unzufrieden seien. Man evaluiere jedenfalls kontinuierlich und nicht erst nach einem Jahr, was Lichtenegger als "viel zu spät" kritisiert.

Drogenkoordinator will nicht voreilig agieren

Die Bezirkschefin wünscht sich unter anderem ein zusätzliches Tages- und Nachtzentrum für Betroffene oder die Rückkehr der Polizeistation am Praterstern. Hier höre sie, dass Pläne schon in der Schublade lägen. Die Stadt hatte außerdem eine zielgerichtete medizinische Versorgung und eine intensivere Betreuung von Obdachlosen in Aussicht gestellt.

Lochner hält all diese Ideen für gut. Voreilig Maßnahmen zu setzen bringe aber nichts. "Das ist nicht günstig, deswegen muss man genau überlegen, was warum und für welche Zielgruppe gemacht wird." Eine Beobachtung von mindestens sechs Monaten sei sinnvoll, sagt der Experte. Für die Wiedereröffnung einer Polizeistation ist Lochner freilich nicht zuständig, aber auch diese Idee findet er gut. "Die Umsetzung dürfte aber nicht so einfach sein."

Lochner betont stets die begleitenden Maßnahmen. Das Verbot am Praterstern sei deswegen keine Maßnahme à la "aus den Augen, aus dem Sinn", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD: "Wenn das Konsumverbot eine alleinige Maßnahme wäre, dann wäre das so." Man bleibe dabei, dass begleitende Maßnahmen dringend notwendig seien. Diese kommen frühestens im Herbst. (red, 27.7.2018)