Sabine Bothe: "Es ist ein großer Merger und wir machen alles, was HR im Portfolio hat – wir schnüren Päckchen für die Führungskräfte, von Mitarbeiterlisten bis zum gemeinsamen Organigramm, von der Kommunikation des Betriebsübergangs bis zum großen Kulturprogramm."

Foto: Marlena König

Mit einem Wert von 1,9 Mrd. Euro ist der Kauf von UPC Austria durch die T-Mobile Austria der größte Telekom-Deal des Landes seit dem Börsengang der Telekom Austria. T-Mobile ergänzt damit seinen Mobilbereich um Internet und Fernsehen. Zu den rund 1500 Mitarbeitern der Käuferin kommen etwa 1000 von UPC dazu, konsolidiert betrachtet liegt der Umsatz des neuen Unternehmens bei etwa 1,25 Mrd. Euro – das ist jetzt Platz Zwei der Branche hinter A1.

T-Mobile-CEO Andreas Bierwirth hat seine Personalchefin Sabine Bothe für den Merger in die Geschäftsführung geholt. Für die durchsetzungsstarke Deutsche hat die "Königsdisziplin" jedes Human-Resources-Managers begonnen: die Zusammenführung zweier Unternehmen, zweier Kulturen in eine neue Organisation mit neuen Wettbewerbsmöglichkeiten.

STANDARD: Personalverantwortliche in der ersten Führungsebene sind in Österreich noch sehr selten. Erfährt die Position HR in Ausnahmezeiten wie einem Merger eine Aufwertung?

Bothe: Wenn man HR als Treiber und Gestalter von Transformation sieht, dann ist die Geschäftsführung der richtige Platz – wenn nicht, dann nicht. Bei uns gestaltet HR die Transformation und treibt sie.

STANDARD: Mobil und Kabel sind zwei verschiedene Welten – wie führen Sie die zusammen, wo fangen Sie an?

Bothe: Wir bereiten uns ja schon länger darauf vor, wir waren immer mobile only, es hat uns etwas gefehlt und es ist jetzt fast so etwas wie ein Traum, der in Erfüllung geht. Wir haben jetzt extrem viel voneinander zu lernen, weil es wirklich unterschiedliche Technologien sind – das darf auch dauern. Change-Bereitschaft benötigt auch Zeit, es lässt sich nicht alles schnell zusammen werfen, das wollen wir auch nicht. Sondern wir gehen Schritt um Schritt, entwerfen gemeinsam ein neues Unternehmen. Ich habe auch noch keine detaillierte Landkarte der Skills.

STANDARD: Wie Vorstandschef Andreas Bierwirth schon versichert hat, wird jedenfalls nicht mit einem Mitarbeiter-Abbauprogramm gestartet...

Bothe: Genau, so etwas ist nicht geplant. Harmonisierung ist unser großes Thema. Da geht es auch um sehr viele Kleinigkeiten, aber da geht es auch darum, gleiche Startbedingungen für die Führungskräfte zu schaffen – nichts ist schwieriger als mit ungleichen Voraussetzungen Teams zu führen. Da haben wir noch einen großen Spread. Es ist ein großer Merger und wir machen alles, was HR im Portfolio hat – wir schnüren Päckchen für die Führungskräfte, von Mitarbeiterlisten bis zum gemeinsamen Organigramm, von der Kommunikation des Betriebsübergangs bis zum großen Kulturprogramm.

STANDARD: Das auf den Werten der T-Mobile basiert?

Bothe: Das wollen wir erst gemeinsam erarbeiten. Andreas Bierwirth hat den Rahmen abgesteckt, wir werden agil arbeiten. Es geht aber begleitend immer um Arbeit am Mindset, stark um Leadership-Entwicklung. Da investieren wir sehr viel.

STANDARD: Wie viel?

Bothe: Kommt drauf an, was man alles reinrechnet – jedenfalls deutlich mehr als übliche HR-Budgets. Die haben wir natürlich weiter, weil die HR ja nicht Pause macht – allerdings nutzen wir die Chance, um unsere Prozesse zu hinterfragen.

STANDARD: Es kann nicht lauter Gewinner geben – wer verliert?

Bothe: Wir haben eigentlich nur gute Nachrichten. UPC hing ja an der Schweiz, daher kriegen wir Teams mit vergleichsweise wenig Managern. Die Assessments mit unseren 50 Führungskräften konnten wir in der Vorwoche schon abschließen, sie sind bereits in ihren Teams.

STANDARD: Agil arbeiten bedeutet, Sie bauen alles um?

Bothe: Beide Unternehmen arbeiten heute – etwa in der IT – schon agil. Wir haben Tribe-Leads bestellt, die den Führungskräften gleich gestellt sind und rekrutieren gerade die jeweiligen Squads dazu. Wir werden beides haben: klassisches Management und Tribe-Leads – dort wird vor allem das sein, was für den Merger wichtig und neu ist. Unser Ziel ist, dass wir auch möglichst schnell in einem gemeinsamen Standort arbeiten – wo, das ist noch in Diskussion.

STANDARD: Das wird länger kein 9 to 5-Job...

Bothe: Nein – aber das ist "once in a lifetime". Ich habe das Glück, dass mein Mann mich sehr unterstützt. (Karin Bauer, 4.8.2018)