Schleiertanz der "Braut": Jochen Traar stellt in Klagenfurt aus.

Foto: Ferdinand Neumueller

Klagenfurt – Die Idee der Privatisierung ist alt. 1252 wurde Klagenfurt zur Stadt erhoben. Am 24. April 1518 allerdings wurden Schutt und Asche, die nach einem Großbrand 1514 von der Urbanität übrig waren, von Kaiser Maximilian I. kurzerhand den Kärntner Adelsfamilien per "Gabbrief" geschenkt. Die Schenkung – das Haus Habsburg hatte wie immer kein Geld – erfolgte zum Zweck der Investition in den Wiederaufbau. Mit der Anlage des Lendkanals als Transportweg zum Wörthersee wurde der Aufbau auch sofort in Angriff genommen.

Es entstanden prächtige Palais – wie jenes der Familie Orsini-Rosenberg am heutigen Neuen Platz, der ein paar Jahre lang auch "Adolf-Hitler-Platz" geheißen hat. Der Bau gelangte, wie viele andere, im Verlauf der Jahrhunderte wieder in den Besitz der öffentlichen Hand. Er dient nun als Rathaus.

Minutiös konzipiert

Hier finden die Verhandlungen über die Geschicke des größten Kärntner Gemeinwesens statt, die sich der im Jauntal lebende Künstler Jochen Traar zum 500. Jahrestag der Stadt-Schenkung in der minutiös konzipierten vierteiligen Ausstellung Paint it Black in der Alpen-Adria-Galerie im Stadthaus nachdenklich zum Thema gemacht hat.

Wenn, was alle 20 Minuten geschieht, das Licht ausgeht, be wegen sich ein schwarz sowie ein rosarot verschleierter Sonnenschirm durch den Hauptraum, mit feinem Sensorium darauf bedacht, einander nicht in die Quere zu kommen: Dann projizieren 16 an den Wänden hängende, vom ehemaligen Gironcoli-Schüler Traar technisch aufwendig, in Erweiterung des Tafelbilds zur Skulptur entwickelte "mirror works" das darauf übertragene 360-Grad-Panorama der Stadt auf den Boden des Ausstellungsraums.

Choreografiertes Kräftespiel

Es ist eine Art begehbarer Stadtplan, das Gestalt gewordene Resultat des großen gesellschaftlichen Kräftespiels. Man kann sich auf den Feldern am Boden auch tempelhüpfende Kinder vorstellen, die irgendwann in die Fußstapfen von Braut und Bräutigam wachsen – so heißen die Schirme – und später vielleicht als sogenannte Honoratioren der Stadt sich untereinander deren Weiterentwicklung ausmachen werden. Einstweilen stellt die Choreografie der beiden kinetischer Skulpturen den Prozess des Verhandelns seit der Schenkung der Stadt an die Kärntner Landstände dar.

"Niemand kennt das Ganze, und niemandem kann alles gefallen, das ist Demokratie", sagt der Künstler beim Brunnen im Gärtchen der Galerie. Um ihn herum hat Jochen Traar als klangliche Ergänzung zur Ausstellung ein sagenhaftes, leises Allerlei aus Musik installiert. Eine Portion Ironie macht alles leichter. (Michael Cerha, 5.8.2018)