Die Ticket-Verkaufsstandeln der Privatbahn Regiojet dürften bald der Vergangenheit angehören. Sie bekommt ein Verkaufslokal nächst dem ÖBB-Reisezentrum.

Foto: Christian Fischer

Die Österreichische Bundesbahn unternimmt originelle Anstrengungen, um ihren Konkurrenten das Leben schwer zu machen. Das bekam der tschechische Herausforderer Regiojet zu spüren, der mit ÖBB-Personenverkehr und Tschechischer Staatsbahn ČD zwischen Prag und Graz um die Wette fährt. Monatelang verweigerte die Staatsbahn den Tschechen die Vermietung von für den Ticketverkauf geeigneten Räumlichkeiten, dann wurde der mobile Verkaufsstand der Tschechen einfach weggeräumt

Aber der Reihe nach: Im Sommer 2017, also Monate vor dem Start der gelb-orangen Züge am 10. Dezember, beantragte Regiojet die Zuteilung von Räumlichkeiten für den Fahrscheinverkauf, was der für Betrieb und Verwaltung des Schienennetzes und der ÖBB-Bahnhöfe zuständige ÖBB-Teilkonzern ÖBB-Infrastruktur AG zunächst ignorierte. Als Regiojet im Oktober 2017 insistierte, kam harsche Ablehnung: Man werde mit dem österreichischen Partner von Regiojet, der Graz-Köflacher Bahn (GKB), über einen Mietvertrag verhandeln, nicht aber mit Regiojet. Denn nicht das tschechisches Verkehrsunternehmen betreibe die internationale Linie, sondern GKB, die Regiojet die notwendigen Fahrwegkapazitäten (Trassen) zur Verfügung stelle.

Deeskalation, keine Lösung

Der im November 2017 zwecks Streitschlichtung eingeschaltete Bahnregulator Schienen Control, erwirkte insofern eine Deeskalation, als die ÖBB-Infra in der Folge zusagte, geeignete Räumlichkeiten für den Ticketverkauf zur Verfügung zu stellen, schilderte Regiojet-Chef Ales Ondruj den Kompromiss. "Bis die gewünschten Räumlichkeiten frei würden, dürften wir Tickets an mobilen Verkaufsstellen verkaufen, hieß es – gegen Benützungsentgelt, versteht sich."

Doch auch diese Zusicherung sollte sich als Illusion herausstellen. Bis April 2018 passierte nichts. Als Regiojet einen Mietvertrag für das Aufstellen von Verkaufspulten urgierte, kam erneut eine Absage der ÖBB – auch für den Betrieb eines mobilen Verkaufsstandes. Man sei mit GKB noch nicht einig über Räumlichkeiten und Miete. Den nach Ansicht der ÖBB Mitte Juli widerrechtlich betriebenen Regiojet-Verkaufsstand ließ die Bahnhofsverwaltung wegbringen. "Weil er im Brandschutzbereich aufgestellt war, also an absolut illegaler Stelle", wie ein ÖBB-Sprecher am Freitag auf Anfrage des STANDARD versicherte.

"Das Verkaufspult eines anderen, mit der ÖBB verbundenen Verkehrsunternehmens an gleicher Stelle hat die österreichische Staatsbahn nicht gestört", echauffiert sich Ondruj. Dieses Verkaufspult für Gepäcktransport-Dienste habe man nicht illegal abgeräumt.

Beschwerde bei der Schienen Control

Zuvor hatte Regiojet unter Verweis auf EU-Richtlinien, wonach der Netzbetreiber den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) die Infrastruktur gegen angemessenes Entgelt diskriminierungsfrei zu überlassen hat, bei der Schienen Control Beschwerde eingebracht. Worauf die ÖBB erneut versicherte, nun wirklich über Mietflächen verhandeln zu wollen.

Inzwischen hat das in Prag und Brünn mit Bus und Bahn expandierende tschechische Unternehmen auch die EU-Kommission eingeschaltet. Die zuständige Generaldirektion DG Move gibt Regiojet Schützenhilfe. Sie erklärte Mitte Juli in einem Brief, dass es völlig unerheblich ist, wer "Operator" von Regiojet ist, ob also Regiojet über die Trassen verfügt, auf denen die Züge fahren, oder die GKB. Die beiden seien Partnerbetriebe und da Regiojet das operative Geschäft betreibe, dürfe es selbstverständlich Fahrkarten für seine Züge verkaufen, auch auf dem Wiener Hauptbahnhof.

Um die widerspenstige ÖBB auszubremsen, hat sich Regiojet inzwischen mit Westbahn zusammengetan und in deren Geschäftslokal eingemietet. Nun zeigt sich die ÖBB plötzlich sehr flexibel: "Die ÖBB Infrastruktur steht mit Regiojet in Verhandlungen für ein Verkaufslokal am Wiener Hauptbahnhof und hat bereits den Abschluss eines Mietvertrages für Räumlichkeiten in der Nähe des ÖBB-Reisezentrums angeboten", teilte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder mit. "Wir gehen davon aus, dass es bald zum Abschluss des Mietvertrages kommt." Das hauseigene ÖBB-Reisebüro übersiedelt nun in den Keller. (ung, 4.8.2018)