Eine neue Risikoeinschätzung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA bezüglich der Krebsgefahr bei Einnahme von Valsartan-Blutdrucksenkern aus der Wirkstoffproduktion des chinesischen Unternehmens Zhejiang Huahai Pharmaceuticals liegt vor. Sieben Jahre Einnahme der täglichen Höchstdosis könnten unter 5.000 Patienten eventuell zu einem zusätzlichen Krebsfall führen.

"Die europäische Arzneimittelagentur EMA führt zur Zeit eine Untersuchung bezüglich der möglichen gesundheitlichen Auswirkungen auf Patienten durch, die Valsartan-Arzneimittel mit der Verunreinigung NDMA eingenommen haben. (...) NDMA (ein Nitrosamin; Anm.) wird aufgrund von Tierversuchen als wahrscheinlich krebserzeugende Substanz für den Menschen eingestuft", teilte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) mit.

Risiko im Detail

"Nach einer vorläufigen Risikobewertung schätzt die EMA, dass es pro 5.000 Patienten, welche die betroffenen Arzneimittel täglich mit der höchsten Valsartan-Dosis (320 Milligramm) über einen Zeitraum von sieben Jahre eingenommen haben, einen zusätzlichen Krebsfall geben könnte", hieß es in der Mitteilung. Das Risiko wurde demnach in Europa ähnlich wie durch die US-Arzneimittelbehörde FDA eingeschätzt. Sie war vor wenigen Tagen von einem zusätzlichen Krebsfall auf 8.000 Patienten bei vier Jahren Einnahme der Höchstdosis Valsartan ausgegangen.

Die Berechnungen sind allerdings mit Vorsicht zu bewerten. "Diese Schätzung basiert auf den durchschnittlichen Konzentrationen der Verunreinigung (60 ppm = Teile pro Million), die in dem Wirkstoff von Zhejiang Huahai Pharmaceuticals nachgewiesen wurden. Dieses mögliche Krebsrisiko wurde indirekt aus Tierversuchen extrapoliert und sollte in jedem Fall in Relation zum natürlichen, lebenslangen (und NDMA-unabhängigen) Krebsrisiko in der EU (eine Krebserkrankung je drei Personen während der gesamten Lebenszeit; Anm.) und auch der NDMA-Exposition aus anderen Quellen betrachtet werden", schrieb das BASG.

Wie lange schon

Ungeklärt ist weiterhin, seit wann die von dem chinesischen Hersteller schließlich bemerkte und gemeldete Verunreinigung vorgelegen ist. 2012 hatte das Unternehmen eine Änderung in der Synthese des Arzneimittelwirkstoffes durchgeführt, die am ehesten im Verdacht steht, die Kontamination mit NDMA verursacht zu haben.

Untersuchungen des Zentrallabors der Deutschen Apotheker haben vor kurzem bei strichprobenartigen Tests haben einen NDMA-Inhalt zwischen 3,7 Mikrogramm pro Tablette und 22 Mikrogramm pro Tablette ergeben. Die Nitrosaminsubstanz dürfte vor allem Leber- und Nierenkrebs verursachen, weil über diese Organe die Verstoffwechselung bzw. die Ausscheidung erfolgt.

In Österreich dürften rund 71.000 Hochdruck- bzw. Herzpatienten von den Arzneimittelrückrufen der verschiedenen Pharmaunternehmen betroffen gewesen sein, welche den Wirkstoff bei dem chinesischen Konzern eingekauft hatten. Alle Valsartan-Arzneimittel, die den Wirkstoff von Zhejiang Huahai Pharmaceuticals enthielten, wurden aus Apotheken in der EU und in den weiteren betroffenen Ländern zurückgerufen.

Es stehen andere Valsartan-Arzneimittel und Medikamente mit ähnlichen Wirkstoffen zur Verfügung. Die Umstellung erfolgt durch den Arzt. Eine akute Gefahr besteht nicht. (APA, 6.8.2018)