Ein integrierter Flüchtender braucht einen Kurs, um eine Stelle als Kindergartenassistent antreten zu können. Doch der wird ihm vom AMS nicht finanziert.

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N. ist ein Hazara, geboren in Afghanistan. Im Alter von sechs Monaten bringt ihn die Mutter (der Vater ist tot) auf der Flucht vor den Taliban in den Iran. Dort wächst er auf, stets halb illegal, ohne Papiere, verachtet und verfolgt, ohne Chancen auf einen richtigen Beruf und ein halbwegs anständiges Leben. Schließlich tut N., was viele junge iranische Afghanen tun: Seine Familie kratzt irgendwie das Geld zusammen, und er macht sich auf den Weg nach Europa, schlägt sich unter größten Entbehrungen und Gefahren durch, kommt hier schließlich mit seinen 17 Jahren voll von Hoffnungen und übervoll von Illusionen an.

Großes Engagement

Drei Jahre sind seither vergangen. Was er in Österreich an Absurditäten erleben und erleiden muss – darüber reden wir jetzt nicht. N. hat Glück, findet eine Patenfamilie, die ihn wie einen eigenen Sohn bei sich aufnimmt. Er lernt Deutsch, holt den Hauptschulabschluss nach. Nach zwei Jahren des Wartens gewährt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ihm subsidiären Schutz.

Aber was nun? Welcher Beruf wäre nützlich und sinnvoll, wofür werden junge, engagierte Leute gesucht? Ganz ohne AMS-Kompetenzcheck weiß N. bald, was er will: Er möchte mit Kindern arbeiten. Eine gute Idee, denn männliche Kindergartenassistenten werden verzweifelt gesucht. Und angesichts der Bevölkerungszusammensetzung in Wien kann ein Migrationshintergrund nicht schaden. Mithilfe seiner Gastmutter findet N. eine Praktikumsstelle. Er, der sonst morgens nur schwer aus den Federn kommt, liebt es auf einmal, vor sieben Uhr aufzustehen und in den Kindergarten zur Arbeit zu gehen. Er bewährt sich prächtig, bekommt ein tolles Zeugnis ausgestellt. Die schönsten Zeugnisse jedoch sind die rührenden Zeichnungen, die die Kinder ihm zum tränenreichen Abschied schenken: "Liber N. ich werde dich super dol fermißen", schreibt der kleine Felix aus dem Hort.

Während N. Deutschkurse absolviert und darin immer besser wird, sucht er mithilfe seiner Gastmutter eine Stelle als Kindergartenassistent. Und es findet sich auch bald ein vorbildlicher Privatkindergarten mit einer engagierten Chefin, die ihn gerne nehmen möchte. Sie stellt ihm eine schriftliche Zusage dafür aus. Vorher müsse er noch eine zweimonatige intensive Ausbildung absolvieren, das sei unumgänglich. Es gebe ohnehin eine Reihe von Instituten, die solche Kurse anbieten würden. Das AMS fördere solche Ausbildungen, mit der Jobzusage sei das praktisch garantiert. Also sieht man sich um, wählt passende Institute aus, holt günstige Kostenvoranschläge ein. Die Institute sind ohnehin darauf getrimmt, diese AMS-gerecht aufzubereiten. Und dann wird hoffnungsvoll eingereicht.

Das AMS sollte Sinnvolles fördern

Nun ja, das Arbeitsmarktservice ist berühmt-berüchtigt für seine oft mäßig sinnvollen Schulungen, zu die es Arbeitslose in kurzen Abständen verdonnert. Eine Bekannte, die mal beruflich Jobcoachings im Auftrag des AMS durchführte, erinnert sich beispielsweise an einen über 60 Jahre alten Türken ohne die geringsten Deutschkenntnisse, den sie – die kein Wort Türkisch spricht – zum "Coachen" zugewiesen bekommen habe. Eine andere Bekannte, Akademikerin, 57 Jahre, wurde vom AMS zusammen mit chronischen Alkoholikern und funktionalen Analphabeten in einen Ganztagskurs gesetzt. Zweck: Herausarbeiten der eigenen "Kompetenzen". Einer Nachbarin, ein halbes Jahr vor ihrer Pensionierung stehend, wurde ein Englischkurs in einem teuren Privatinstitut aufs Auge gedrückt. Und so weiter. Wer wüsste nicht aus dem Bekanntenkreis oder eigener leidvoller Erfahrung Ähnliches zu berichten?

Man würde meinen, dass das AMS froh wäre, mal etwas wirklich Sinnvolles fördern zu können. So viel Geld ist es übrigens gar nicht. Und am Ende steht die Wahrscheinlichkeit, den geförderten jungen Mann nie mehr in einer AMS-Stelle als arbeitslos registrieren zu müssen, sondern einen braven Steuer- und Sozialversicherungszahler geschaffen zu haben.

Kein Geld für diese "Klientel"

Freilich, der freundliche AMS-Berater ist gleich skeptisch. Er verspricht, sein Bestes zu geben, aber der Wind habe sich halt gedreht in letzter Zeit. Und tatsächlich, nach ein paar Tagen kommt die niederschmetternde Antwort: Es gibt keine Chance, dass diese dringend notwendige Ausbildung vom AMS gefördert wird. Für diese "Klientel" – gemeint sind hinter vorgehaltener Hand Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte – ist neuerdings kein Geld mehr vorhanden. Überhaupt keines. Derartige Ansuchen auf Förderung, so sinnvoll sie auch sein mögen, werden derzeit grundsätzlich negativ beschieden.

Was soll man dazu sagen? Man hält Menschen zwangsweise in der Arbeitslosigkeit, Menschen, die arbeiten können und arbeiten wollen, die nichts mehr stört, als von fremdem Geld abhängig zu sein. Wem kann bloß damit gedient sein, dass N. arbeitslos bleibt? Soll das sparsames Wirtschaften sein, soll das rationale Politik sein? Nein, das ist bloß kurzsichtig, dumm und gehässig. (Kurt Bauer, 6.8.2018)