Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping bei ihrem Gipfeltreffen Ende 2017 in Peking: Damals wurden noch ambitioniert Hände geschüttelt, danach lief das bilaterale Verhältnis doch einigermaßen aus dem Ruder.

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Was zunächst lediglich ein Geplänkel war – bei dem Donald Trump Zölle auf Stahl und Aluminium verhängte -, scheint sich rasch zu einem ausgewachsenen Handelskrieg mit China auszuweiten. Falls der zwischen Europa und den USA vereinbarte Waffenstillstand hält, werden die USA statt die ganze Welt hauptsächlich China befehden (obwohl der Handelskonflikt mit Kanada und Mexiko weiter köcheln dürfte).

Was kann im Handelskrieg des US-Präsidenten herauskommen? Erstens setzen sich die makroökonomischen Gesetzmäßigkeiten immer durch. Wenn die Inlandsinvestitionen der USA ihre Ersparnisse weiter überschreiten, wird das Land Kapital importieren müssen und ein hohes Handelsdefizit aufweisen. Und was noch schlimmer ist: Aufgrund der 2017 verabschiedeten Steuersenkungen erreicht das US-Haushaltsdefizit neue Rekordstände, die bis 2020 eine Billion Dollar übersteigen werden. Das Handelsdefizit wird also ganz unabhängig vom Ergebnis des Handelskrieges fast mit Sicherheit steigen.

Das "beste" Ergebnis von Trumps engem Fokus auf das Handelsdefizit mit China wäre eine Verbesserung der bilateralen Handelsbilanz, die mit einer entsprechenden Zunahme des Defizits gegenüber einem oder mehreren anderen Ländern einhergeht. Die USA könnten mehr Erdgas an China verkaufen und weniger Waschmaschinen kaufen, aber sie werden dann weniger Erdgas an andere Länder verkaufen und Waschmaschinen aus Thailand oder einem anderen Land kaufen, das sich nicht den Zorn des cholerischen Trumps zugezogen hat. Doch aufgrund des US-Eingriffs in den Markt werden sie so mehr für Importe bezahlen und weniger für ihre Exporte erhalten, als das sonst der Fall gewesen wäre. Kurz gesagt. Bestenfalls geht es den USA dann schlechter als heute.

Kurzfristige "Lösungen"

Die USA haben ein Problem, aber es betrifft nicht China: Amerika spart zu wenig. Trump ist wie viele seiner Mitbürger extrem kurzsichtig. Hätte er nur einen Deut wirtschaftliches Verständnis und langfristige Visionen, so hätte er sein Möglichstes getan, um die nationalen Ersparnisse zu steigern. Das hätte das multilaterale Handelsdefizit reduziert.

Es gibt offensichtliche kurzfristige "Lösungen": China könnte mehr US-Öl kaufen und weiterverkaufen. Dies würde nicht den leisesten Unterschied machen, außer dass es die Transaktionskosten geringfügig verteuert. Aber Trump könnte sich dann brüsten, dass er das bilaterale Handelsdefizit beseitigt habe.

Tatsächlich wird es schwierig, das Handelsdefizit auf sinnvolle Weise zu senken. Mit abnehmender Nachfrage nach chinesischen Waren wird sich der Wechselkurs des Renminbis abschwächen, und zwar ganz ohne staatliche Intervention. Dies wird die Auswirkungen der US-Zölle teilweise ausgleichen und zudem Chinas Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern steigern – selbst wenn China keine der sonstigen zur Verfügung stehenden Instrumente wie etwa Lohn- und Preiskontrollen nutzt oder Produktivitätszuwächse forciert. Chinas Gesamthandelsbilanz wird wie die der USA durch seine gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bestimmt.

Vergeltungsmaßnahmen

Falls China aktiver interveniert und aggressivere Vergeltungsmaßnahmen einleitet, könnte die Veränderung in der US-Handelsbilanz mit China noch geringer ausfallen. Der Schmerz, den jedes Land dem jeweils anderen zufügt, ist dabei schwer zu bestimmen. China hat eine größere Kontrolle über seine Volkswirtschaft und wollte ohnehin auf ein Wachstumsmodell umstellen, das auf der Binnennachfrage statt auf Investitionen und Exporten beruht. Die USA helfen China lediglich bei etwas, was es sowieso zu tun versucht.

So viel ist klar: Falls Trumps Ziel darin besteht, China daran zu hindern, seine "Made in China 2025"-Politik zu verfolgen, wird er damit fast mit Sicherheit scheitern. Trumps Handlungen werden Peking im Gegenteil nur in seiner Entschlossenheit bestärken, die Innovation voranzutreiben und die technologische Vorherrschaft zu erreichen, da ihm bewusst wird, dass es sich nicht auf andere verlassen kann und dass die USA ihm aktiv feindselig gegenüberstehen.

Wenn ein Land in einen Krieg eintritt, sollte es sichergehen, dass gute Generäle das Sagen haben, die klar definierte Ziele und eine praktikable Strategie verfolgen und die Unterstützung der Bevölkerung genießen. Dies ist die Stelle, an der die Unterschiede zwischen China und den USA besonders groß erscheinen. Kein Land könnte über ein weniger qualifiziertes Wirtschaftsteam verfügen als Trumps, und eine Mehrheit der Amerikaner steht dem Handelskrieg ablehnend gegenüber.

Verlust von Arbeitsplätzen

Die Unterstützung der Bevölkerung wird weiter schwinden, wenn die Amerikaner erkennen, dass sie in diesem Krieg doppelt verlieren: Es gehen dabei Arbeitsplätze verloren, und zwar nicht nur aufgrund der Vergeltungsmaßnahmen Chinas, sondern auch weil die US-Zölle den Preis der US-Exporte verteuern und sie weniger konkurrenzfähig machen und weil die Preise der Waren, die sie kaufen, steigen. Dies könnte einen Rückgang des Dollarkurses erzwingen, der die Inflation in den USA weiter in die Höhe treibt – was den Widerstand weiter verstärken würde. Die Fed dürfte dann die Zinssätze anheben, was Investitionen und Wachstum verringern und die Arbeitslosigkeit weiter in die Höhe treiben würde.

China hat Trump wiederholt gesichtswahrende Auswege angeboten. Doch er weigert sich, diese Wege einzuschlagen. Vielleicht kann man seine Hoffnung auf drei andere Charakterzüge Trumps stützen: seinen Fokus auf Schein über Sein, seine Unberechenbarkeit und seine Liebe zur Politik "großer Männer". Vielleicht kann er bei einem großen Treffen mit Präsident Xi Jinping das Problem für gelöst erklären – mit ein paar geringfügigen Zollanpassungen hier und da und einer neuen Geste hin zur Marktöffnung, deren Ankündigung China bereits geplant hatte, und alle können zufrieden nach Hause gehen.

In diesem Szenario hätte Trump ein selbstverursachtes Problem unvollständig "gelöst". Aber die Welt, die auf seinen törichten Handelskrieg folgt, wird trotzdem eine andere sein: unsicherer, mit weniger Vertrauen in die Herrschaft des Völkerrechts und mit härteren Grenzen. Trump hat die Welt dauerhaft zum Schlechteren verändert. Selbst beim bestmöglichen Ergebnis ist Trump der einzige Gewinner. (Joseph E. Stiglitz, Aus dem Englischen: J. Doolan, Copyright: Project Syndicate, 8.8.2018)