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Die Location History im Bild lässt sich zwar deaktivieren, das heißt aber nicht, dass Google keine Daten über den Standort sammelt.

Foto: Seth Wenig / AP

Schwere Vorwürfe erhebt die Nachrichtenagentur AP gegen den Softwarehersteller Google: Dieser speichere Standortdaten seiner Nutzer auch dann, wenn der sogenannte Standortverlauf im Google-Account eigentlich deaktiviert sei. In Kooperation mit dem an der Universität von Princeton lehrenden Computerwissenschafter Jonathan Mayer habe man die von einem Google-Konto im Verlauf einiger Tage gespeicherten Standortinformationen ausgewertet und die Ergebnisse mithilfe einer Karte visualisiert. Dabei zeige sich zwar kein lückenloser Bewegungsverlauf, aber doch genügend Daten, um regelmäßig besuchte Orte zu identifizieren, auch eine in diesem Zeitraum vorgenommene Zugreise kann eindeutig nachvollzogen werden.

Vorwurf

Die diesbezüglichen Informationen scheinen aus einer Reihe unterschiedlicher Quellen zu kommen. So speichere Google den Standort auch dann, wenn man nur kurz die Google-Maps-App unter Android oder auf einem iPhone aufmache, betont die Nachrichtenagentur. Ebenso erhalte Google bei den täglichen Wetter-Updates ungefähre Standortdaten seiner Nutzer. Zudem werden auch bei ganz normalen Suchanfragen Standort-Informationen der User erfasst.

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An drei Tagen von Google gesammelte Standortdaten – obwohl der Standortverlauf deaktiviert ist.
Grafik: AP

Sonderlich überraschend ist diese Erkenntnis allerdings nicht, immerhin erfolgt etwa die Standortlokalisierung bei Google Maps mithilfe von Google-Diensten. Insofern ist auch zu erwarten, dass das Unternehmen dadurch weiß – und für den Betrieb wissen muss –, wo man sich gerade befindet. Ähnliches gilt für die Wetteranzeige, schließlich will man ja das lokale Wetter erhalten und nicht eines von einem zufälligen Ort auf der Welt. Problematischer wird es schon bei dem Beispiel mit der Suche, hier erfolgt die Erfassung der Standortdaten nämlich zur Individualisierung – was neben lokal relevanten Ergebnissen auch passende Werbung beinhaltet.

Irreführend

Insofern macht sich die Kritik denn auch weniger daran fest, dass Google überhaupt Standortdaten erfasst, sondern wie dies den Nutzern kommuniziert wird. Wenn es in den Google-Einstellungen schon einen Punkt namens Standortverlauf gebe, dann dürfe man auch erwarten, dass bei dessen Deaktivierung keinerlei entsprechende Daten mehr erfasst werden, kritisiert Mayer. Dieser bezeichnet denn auch Googles Vorgehen als "irreführend". Das liege zum Teil auch an den gewählten Formulierungen, so heiße es etwa bei der Deaktivierung der Location History unter iOS, dass in der Folge dann keine Standortdaten mehr im Standortverlauf gespeichert würden. Dies sei zwar technisch richtig, viele User würden hier aber wohl lesen, dass überhaupt keine Standortdaten mehr gespeichert würden.

Widerspruch

Bei Google kann man die Kritik hingegen nicht nachvollziehen. Schon jetzt würde man explizit darauf hinweisen, dass auch jenseits des Standortverlaufs entsprechende Daten erfasst werden. Dies gelte einerseits für Suchanfragen, aber eben auch für gewisse Apps und generell für die Standortdienste eines Smartphones. All dies lasse sich aber deaktivieren, versichert man. Das ändert natürlich nichts daran, dass dieses Verhalten tatsächlich vielen, vor allem technisch weniger versierten Nutzern nicht klar sein dürfte. Für diese dürfte die Vielfalt an Einstellungsoptionen, die bei Google zu finden ist – und vor allem die daraus resultierenden Konsequenzen –, kaum durchschaubar sein. Kritiker stoßen sich denn auch vor allem daran, dass all diese Datensammlungen von Haus aus aktiviert sind. Zwar wird von den Nutzern die Einstimmung für Location History und Co eingeholt, wer einfach weiterklickt, stimmt aber zu. Nur mit dem expliziten Abwählen der entsprechenden Optionen unterbindet man die entsprechenden Datensammlungen.

Abhilfe

Wer nicht will, dass die erwähnten Daten im eigenen Account gespeichert werden, muss entsprechend noch einen anderen Punkt in den "My Account"-Einstellungen von Google deaktivieren – und zwar die "Web & App Activity". An dieser Stelle können auch sämtlich bisher gesammelten Daten aus diesen Bereichen einzeln oder auch in einem Rutsch komplett gelöscht werden. Dies hat natürlich Konsequenzen auf die Servicequalität gewisser Google-Dienste, wie AP beklagt. So funktioniere dann etwa der Google Assistant nicht mehr sinnvoll, da ihm die nötigen Daten als Grundlage fehlen.

Transparenz

Ganz generell kratzt der Bericht aber nur an der Oberfläche der von Google erfassten Daten, nämlich den sichtbaren Bestandteilen, die man selbst auch unter "My Activity" nachvollziehen kann. Denn natürlich erhält das Unternehmen, auch wenn man all dieses Datensammeln deaktiviert, immer wieder Hinweise auf den eigenen Standort, wenn man seine Services nutzt. Auf der niedrigsten Ebene ist das die eigene IP-Adresse, mit der man sich im Internet befindet und die eine ungefähre Lokalisierung erlaubt – wie es auch jede andere Website der Welt vornehmen kann, die man ohne weitere Verschleierungsmaßnahmen wie VPN oder Tor ansurft. Google betont zwar, dass man all dies nur anonymisiert auswertet, trotzdem fallen diese Daten laufend an.

Ganz konkret speichert Google zudem bei jedem Zugriff der Nutzer auf das eigene Google-Konto zahlreiche Daten über das jeweilige System und den Aufenthaltsort der User. In diesem Fall handelt es sich um eine Sicherheitsmaßnahme, die verhindern soll, dass sich Dritte auf dem eigenen Account einloggen können. (Andreas Proschofsky, 14.8.2018)