Ab 2019 wird eine ganz besondere Brücke den berühmten Amsterdamer Kanal Oudezijds Achterburgwal überspannen: ein über zwölf Meter langer und sechs Meter breiter Fußgängerübergang aus Stahl, der vollständig aus dem 3D-Drucker kommt. Die Brücke ist die erste ihrer Art und erscheint mit ihrer organisch geschwungenen Form wie ein Requisit aus einem Fantasyfilm.

Für das Objekt, das durch den Einsatz von Industrierobotern und 3D-Druckverfahren in sechsmonatiger Arbeit "ausgedruckt" wurde, erhalten die Entwickler des niederländischen Start-ups MX3D und des Joris Laarman Lab den renommierten Starts-Preis der Europäischen Kommission. Die Auszeichnung, die "Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Wissenschaft" würdigt, wird im Rahmen des diesjährigen Ars-Electronica-Festivals in Linz übergeben.

Mit dem Preis wird auch eine Zukunftstechnologie hervorgehoben, die gerade dabei ist, in die Fertigungsprozesse von Automobil-, Luft- und Raumfahrt hineinzuwachsen. "Ein Thema ist etwa die Anfertigung von Strukturbauteilen für Flugzeugkabinen per 3D-Druck. Dabei können Geometrien geschaffen werden, die eine hohe Gewichtsersparnis bringen und dennoch die erforderlichen mechanischen Eigenschaften aufweisen", gibt Mihaela Albu, Physikerin am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik (FELMI) der TU Graz und am Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE), ein Beispiel.

Zudem findet der Metall-3D-Druck Anwendungen beim Motoren- oder Turbinenbau, er hilft bei der Prototypen-Entwicklung oder bei der schnellen Anfertigung von Ersatzteilen.

Der 3D-Druck mit Metallen ist aufwendiger als jener mit Kunststoffen. Die Verfahren bestehen aus einem Aufbringen hauchdünner Schichten aus metallischem Pulver etwa mittels Düsen, die dann durch einen Laser- oder Elektronenstrahl aufgeschmolzen werden. Die Größenordnungen dieser Schichten liegen lediglich im Nano- oder Mikrometerbereich.

Die Beschaffenheit der Partikel sowie die Parameter, die die Arbeit des 3D-Druckers bestimmen, wirken sich dabei auf die mechanischen Eigenschaften der Werkstücke aus. Auf welche Weise das geschieht, versucht Albu mit ihren Kollegen in einem seit März 2018 laufenden Forschungsprojekt herauszufinden. Das ZFE kooperiert dabei mit dem Österreichischen Gießerei-Institut (ÖGI) – beide Organisationen sind Mitglieder im Forschungsnetzwerk Austrian Cooperative Research ACR.

Aluminium und Titan

Albu konzentriert sich auf Aluminium- und Titanlegierungen und untersucht sowohl die Mikrostrukturen der Pulver als auch jene der resultierenden Metallobjekte. "Die Partikel, die als Ausgangsstoffe dienen, können sich stark unterscheiden. Manche haben raue Oberflächen, andere sind glatt und kugelig", veranschaulicht Albu.

"Zudem schneiden wir die Partikel durch und analysieren ihre innere Struktur. All diese Aspekte spielen eine wichtige Rolle für die Beschaffenheit der gefertigten Bauteile." Beim Schmelzprozess kann sich die Zusammensetzung verändern, indem manche Elemente diffundieren oder evaporieren, erklärt Albu.

Bei einer Legierung aus Aluminium und Silizium stellt sich etwa die Frage, wie homogen die resultierende Aluminiummatrix ist oder wie sich die Siliziumpartikel verteilen. "Die Eigenschaften der Legierung werden wesentlich davon bestimmt", sagt Albu.

Für ihre Untersuchungen verwenden die Forscher unter anderem das Transmissionselektronenmikroskop ASTEM (Austrian Scanning Transmission Electron Microscope), mit dem etwa Elementverteilungen bis auf eine atomare Auflösung hinab erkannt werden können.

Die Erkenntnisse sollen die optimale Konfiguration von 3D-Druckern erleichtern. Welche der über 100 Parameter, die eingestellt werden können, haben den größten Einfluss auf Veränderungen in der Mikrostruktur? – Für Albu ist das eine der zentralen Fragen. Letztendlich können die Daten der Industrie auch helfen, neue und leistungsfähigere Materialien zu entwickeln. (Alois Pumhösel, 17.8.2018)