Auf die Frage nach der Gehaltsvorstellung zu schweigen ist keine gute Idee – lieber erkundigen, was in der Branche und für die Position gezahlt wird und in einem solchen Korridor antworten.

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"Bitte senden Sie Ihre Bewerbung mit Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung an: ..." Dieser Satz steht am Ende vieler Stellenanzeigen. Und regelmäßig bringt er Bewerber ins Schwitzen, weiß Klaus Scholbeck, Vergütungsexperte bei der Personalberatung Conciliat, Stuttgart. Denn kaum haben sie den Satz gelesen, beginnt in ihrem Kopf ein Karussell zu kreisen: "Soll ich ein eher hohes Gehalt nennen, um Selbstbewusstsein zu zeigen? Oder katapultiere ich mich damit aus dem Bewerbungsrennen?" Und weil sie auf diese Frage keine befriedigende Antwort finden, gehen Bewerber auf die in der Stellenanzeige formulierte Bitte oft überhaupt nicht ein.

Das ist laut Scholbeck die "falscheste Reaktion". Denn dann sind die Bewerbungsunterlagen unvollständig. Also beginnt nun bei den Personalverantwortlichen das Kopfkarussell zu kreisen: "Warum nennt der Bewerber keine Zahl? Kann er seinen Marktwert nicht einschätzen?" Und: "Wie reagiert er sonst auf Wünsche? Negiert er diese ebenfalls?"

Scholbeck rät im Anschreiben zumindest zu signalisieren: Ich habe Ihren Wunsch registriert. Zum Beispiel mit einer Formulierung wie: "Mein aktuelles Jahresgehalt beträgt 40.000 Euro." Besser ist es aber, sich im Vorfeld – zum Beispiel bei einer Person mit einer vergleichbaren Position – darüber zu informieren, was eine angemessene Forderung ist.

Firmen erwarten eine Antwort

Das tun die meisten qualifizierten Bewerber, berichtet Maike Unger, Personalreferentin beim Versicherungskonzern Allianz Deutschland. Dort bittet man zum Beispiel die Hochschulabsolventen, die sich für ein Trainee- oder Vorstandsassistenten-Programm bewerben, stets, auch ihre Gehaltsvorstellung zu nennen. "Denn wir wollen, dass die Bewerber sich mit der Frage befassen, welches Gehalt bei vergleichbaren Positionen üblich ist, und sich eine eigene Meinung bilden", erklärt Unger. Fast alle Bewerber gehen auf den Allianz-Wunsch ein. Und wenn ein Bewerber das nicht tut? Dann wird er in dem Telefoninterview, das sich meist an das erste Sichten der Bewerbungsunterlagen anschließt, nach seiner Gehaltsvorstellung gefragt.

Ähnlich agieren die meisten Unternehmen. Nennt ein interessanter Bewerber seinen Gehaltswunsch nicht, dann muss er spätestens im Bewerbungsgespräch eine Zahl nennen. "Warum diese also nicht gleich ins Bewerbungsschreiben schreiben und so verhindern, dass man beim Sichten der Unterlagen einen Minuspunkt erhält?", fragt Scholbeck. Zumal die Angst, bei einem zu hohen Betrag aus dem Rennen zu fliegen, meist unbegründet ist.

Das Gesamtpaket entscheidet

Maike Unger von der Allianz berichtet zum Beispiel: "Die Bewerber für unser Trainee- und Vorstandsassistenten-Programm nennen tendenziell eher ein zu hohes Gehalt." Eine Absage erhalten sie deshalb nicht. Denn Unger weiß: Gerade Top-Bewerber pokern oft bewusst etwas hoch, um Selbstbewusstsein zu signalisieren und Verhandlungsspielraum zu schaffen. Und: Ob sich ein Bewerber für die Allianz entscheidet, hängt nicht davon ab, ob das Unternehmen ihm im Monat 200 Euro mehr oder weniger bezahlt. "Entscheidend ist das Gesamtpaket, das die Allianz dem Bewerber bietet; außerdem die Entwicklungsperspektive, die er in unserem Unternehmen sieht." (red, 24.8.2018)