Die Retter suchten auch die ganze Nacht zum Freitag nach Opfern, da mindestens zehn Menschen noch vermisst werden.

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Genua – Die Senatorin Laura Garavini wirft der italienische Regierung die Verbreitung von Falschmeldungen zu dem Brückeneinsturz in Genua vor. "Es geht nicht um Aufklärung, sondern die Regierung verbreitet von höchster Stelle Falschmeldungen", sagte die Sozialdemokratin dem Bayerischen Rundfunk am Freitag.

"Es ist ein Klima entstanden, wo Wahrheit, Seriosität und auch wissenschaftliche Erkenntnisse keine Rolle mehr spielen. Und auch jetzt beim Einsturz der Brücke in Genua werden Fake-News zur Regierungspolitik", kritisierte Garavini.

Als Beispiel nannte sie eine Aussage des stellvertretenden Ministerpräsidenten Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung. "Er behauptet, die Autobahngesellschaft Autostrade zahle Steuern nur in Luxemburg und habe uns im Wahlkampf unterstützt. Das ist definitiv falsch", so Garavini. "Aber mit Fake-News wird jetzt Regierungsarbeit gemacht und der politische Diskurs bestimmt, was fatal ist für eine Demokratie."

Fahrzeuge vom Brückenrumpf geborgen

Nach dem Brückeneinsturz haben die Einsatzkräfte die noch auf den Resten der Brücke stehenden Fahrzeuge geborgen. Darunter war auch der grüne Lastwagen, dessen Fahrer bei der Katastrophe am Dienstag wenige Meter vor der Abbruchstelle bremsen konnte. Die Fahrzeuge wurden am Donnerstagabend entfernt.

Medien zeigten ein Video des Lastwagens am Abgrund. Die Retter suchten die ganze Nacht auf Freitag nach weiteren Opfern, da mindestens zehn Menschen noch vermisst werden. Die Suche konzentrierte sich auf die Trümmer eines Brückenpfeilers am linken Polcevera-Ufer.

Bei dem Unglück waren mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen. Laut Berichten vom Freitag wollen die Angehörigen von 17 Opfern aus Ärger über die Regierung nicht an der für Samstag angesetzten offiziellen Trauerfeier teilnehmen.

Auobahnbetreiber in Bedrängnis

Die Regierung hatte den privaten Betreiber Autostrade per l'Italia für das Unglück verantwortlich gemacht und eine Überprüfung eingeleitet. Dieser versicherte, seinen Wartungspflichten stets nachgekommen zu sein. Die Zeitung "La Repubblica" berichtete am Freitag aber, dass eine von der Firma in Auftrag gegebene Studie schon 2017 Schwächen in den Tragseilen der Brücke entdeckt habe.

Das Unternehmen hat laut Regierung 15 Tage Zeit, um nachzuweisen, dass es alle vertraglichen Verpflichtungen bezüglich der ordnungsgemäßen Funktion der Brücke und der Vermeidung von Unfällen erfüllt habe, erklärte das Verkehrsministerium am Donnerstag. Sollten die Auskünfte als unzureichend eingestuft werden, wäre das ein Bruch der Konzessionsbedingungen. Die Muttergesellschaft Atlantia wurde aufgefordert, sofort den Wiederaufbau der Brücke auf eigene Kosten anzugehen. Auch für den Wiederaufbau der unter der Brücke zerstörten Gebäude müsse Atlantia aufkommen. Das Unternehmen wird von der Familie Benetton kontrolliert, es besitzt 88 Prozent am größten Betreiber mautpflichtiger Straßen in Italien.

Pariser Staatsanwaltschaft ermittelt

Der Einsturz der Autobahnbrücke beschäftigt auch die französische Justiz. Die Staatsanwaltschaft in Paris hat eine Untersuchung wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung eingeleitet, gab sie am Donnerstag bekannt. Grund ist, dass auch Franzosen unter den Opfern sind – in solchen Fällen ist es üblich, dass sich französische Ermittler einschalten. Laut Außenministerium starben vier Franzosen bei dem Unglück.

Auch ein Kolumbianer sei dabei getötet worden, erklärte das kolumbianische Außenministerium am Mittwoch. Medienberichten zufolge handelt es sich um einen 30-Jährigen, der für eine Jugendmannschaft von Inter Mailand tätig war. (red, APA, 17.8.2018)