Aeolus wird in einem Orbit von nur 320 Kilometern Höhe um die Erde kreisen.
Illustration: ESA/ATG medialab

Wien – Der Start einer Vega-Rakete mit dem Wissenschaftssatelliten Aeolus ist wegen der Wetterbedingungen auf dem südamerikanischen Weltraumbahnhof Kourou um einen Tag verschoben worden. Die Rakete solle nun am Mittwoch um 23.20 Uhr MESZ in Französisch-Guyana abheben. Das sei 24 Stunden später als bisher geplant, teilte das Raumfahrtunternehmen Arianespace in Kourou mit.

Die Mission

Ziel der Mission ist die Messung von Winden rund um den Erdball mit Hilfe neuer Lasertechnologie, um Wettervorhersagen wesentlich genauer zu machen. Auch die österreichische Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wird die Daten nutzen.

Mittels Wetterballonen, Bojen, Schiffen, Flugzeugen und Satelliten werden schon jetzt zahlreiche Daten über Winde erfasst. Doch auf der Südhalbkugel, über den Ozeanen, den Tropen und oberhalb von zehn Kilometern Höhe ist die Datenlage dünn. Aeolus soll erstmals die Windgeschwindigkeiten rund um den Globus messen, vom Boden über die Troposphäre bis zur Stratosphäre in einer Höhe von 30 Kilometern. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der detaillierten vertikalen Analyse von Windrichtung und -stärke, heißt es seitens der ZAMG.

Niedriger Orbit

Der Satellit wird die Erde in einer Höhe von nur 320 Kilometern umkreisen, das entspricht der größten Annäherung an die Erde, die die Weltraumstation ISS auf ihrem Orbit vollzieht. Weil der Luftwiderstand in dieser Höhe bremst, sind permanente Korrekturen der Flugbahn notwendig, was die Lebenszeit von Aeolus begrenzt. Sobald der Treibstoff aufgebraucht ist, wird der Satellit voraussichtlich nach vier Jahren in der Erdatmosphäre verglühen.

Die Wissenschafter der ZAMG bereiten sich auf die Nutzung der Satellitendaten für Forschungszwecke und den Einsatz in Prognosemodellen vor. Die Daten würden unter anderem in die Computermodelle zur Wettervorhersage eingehen und die Qualität der Prognosen weiter steigern.

Schon eine grobe Vereinfachung zeigt, wie komplex die Windmuster der irdischen Atmosphäre sind. Aeolus wird noch viel stärker ins Detail gehen.
Illustration: ESA/AOES Medialab

Anne Grete Straume, Missionswissenschafterin von Aeolus bei der Esa, erwartet, dass die Messungen des Satelliten die Modelle der Winddynamik der Erdatmosphäre deutlich voranbringen. Voraussichtlich innerhalb des ersten Jahres nach dem Start von Aeolus werden europäische Wetterdienste die Daten in ihren Vorhersagemodellen berücksichtigen können, wie Straume sagte. Die Fachwelt erwarte, dass vor allem die Fünf-bis-sieben-Tage-Vorhersage damit "signifikant besser" werde.

Das Instrumentarium

Rund 15 Jahre hat die Vorbereitung der "technisch höchst komplizierten und anspruchsvollen wissenschaftlichen Mission" gedauert, hieß es bei der Esa über Aeolus. Der mehr als 300 Millionen Euro teure Satellit sei "extrem fragil". Die Technik sei hoch kompliziert und sehr empfindlich.

Das Instrument Aladin (Atmospheric Laser Doppler Lidar Instrument) bestehe im Wesentlichen aus einem Laser, einem Spiegelteleskop und einem Set aus Lichtdetektoren. Der Laser sendet kurze Lichtpulse im nahen UV-Bereich aus, die von Luftmolekülen, Staubpartikeln und Wassertröpfchen gestreut werden. Aus dem reflektierten Licht lässt sich auf die Feuchtigkeitsverteilung, Strömungs- und Windverhältnisse in der Atmosphäre in unterschiedlichen Höhen rückschließen. Mit diesen Daten lassen sich präzise Windgeschwindigkeitsprofile erstellen – mit einer Genauigkeit von bis zu einem Meter pro Sekunde.

Schwebeteilchen im Visier

Aeolus wird aber auch sehr genau die vertikale Verteilung von Wolken und Aerosolen messen, also von winzigen Schwebeteilchen in der Luft wie Staub, Pollen oder Rußpartikel. Selbst in sehr kleinen Konzentrationen können diese einen großen Einfluss auf Luftqualität, Wetter- und Klimaprozesse haben.

An der ZAMG werden die Daten des Satelliten auch für chemische Vorhersagemodelle verwendet, um die Ausbreitung von Schadstoffen in der Atmosphäre zu berechnen. "Mit Aelous erhalten wir flächendeckend sehr genaue Daten über die vertikale Verteilung von Aerosolen", erklärt Barbara Scherllin-Pirscher von der ZAMG. Bisher hätten die meisten Satelliten nur die Gesamtzahl der Aerosole in einer bestimmten Luftsäule messen können, aber nicht wie hoch die Konzentration in den unterschiedlichen Höhen ist. Mithilfe der Aeolus-Daten hoffen die Wissenschafter, die weitere Ausbreitung von Schadstoffen besser berechnen zu können.

Die österreichische Weltraumfirma Ruag Space hat die Schnittstellenelektronik für den Zentralcomputer des Satelliten entwickelt und gebaut. Zudem liefert sie die Thermalisolation für den Satelliten. Von Siemens Convergence Creators kam eine Reihe von Testgeräten für den Satelliten. (APA, red, 18.8.2018)