Wollen Steuergeld selber einheben, damit ihnen nicht vorgeworfen wird, nur fremdes Geld zu verteilen: die Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner und Günther Platter.

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Wien – Der Vorschlag von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), den Bundesländern Steuerautonomie zu geben, hat Reaktionen entlang der Parteigrenzen ausgelöst. Auch ihr Tiroler Partei- und Amtskollege Günther Platter (ÖVP) will ja das Projekt ehebaldigst in Angriff nehmen. Die Landeshauptmänner von Vorarlberg (Markus Wallner) und Oberösterreich (Thomas Stelzer) sind dafür, dass die Länder selbst Steuern einheben.

Anders als von Platter gewünscht, wird das Thema von der Bundesebene nicht forciert: Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) lässt auf Anfrage des STANDARD ausrichten, dass er dem Vorschlag zwar offen gegenüberstehe, das aber erst ein Thema für den nächsten Finanzausgleich (der aktuelle läuft bis 2021) sowie für die von Justizminister Josef Moser geleitete Bundesstaatsreform sei.

Bisherige Spielräume nicht genützt

Beim letzten Finanzausgleich, der erst aus dem Vorjahr stammt, wurde als erster Schritt die Verländerung des Wohnbauförderungsbeitrags beschlossen. Allerdings: Bisher haben alle Länder den Beitrag (ein Prozent der Lohnsumme) unverändert gelassen.

Die Bundes-SPÖ ist überhaupt gegen eine Steuerautonomie für die Bundesländer: Das würde "nur zu einem innerösterreichischen Steuerwettbewerb führen", argumentiert der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Viel wichtiger wäre ein aufgabenorientierter Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, durch den Städten und Gemeinden mehr Spielraum bei der Bewältigung ihrer Aufgaben gegeben würde, meint er.

Einheitliche Strukturen, einheitliche Steuern

Wolle man überall gute Schulen und öffentliche Infrastruktur, "braucht man auch österreichweit einheitliche Steuern", ist Schieder überzeugt. Unter einer "Verländerung" des Steuersystems würden besonders strukturschwache Gebiete leiden. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) argumentiert ähnlich: Länder- und ein Bundessteuersystem würden zu einer "Verwaltungs- und Bürokratieexplosion" führen – und gleichzeitig zu Wettbewerb und Steuerdumping unter den Bundesländern, was mehr Druck für die Politik bedeuten könnte. Bestehende Herausforderungen wie die Abwanderung, mit der Kärnten zu kämpfen hat, würden sich "potenzieren und in eine negative Abwärtsspirale führen".

Die Kärntner Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) sagt, falls es zu einer Steuerautonomie für die Länder käme, bräuchte es einen zweiten Finanzausgleich. Für Kärnten als relativ wenig finanzstarkes Bundesland wäre eine Steuerautonomie "ganz sicher kein Vorteil". Aber auch andere Bundesländer, auch solche, von denen man das auf den ersten Blick nicht meinen würde, etwa Vorarlberg, könnten Verlierer sein.

Wien wäre ein möglicher Gewinner

Wien geht davon aus, dass es bei einer Verlagerung von Finanzkompetenzen Gewinner wäre – sinnvoll wäre das aber nicht, heißt es aus dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Jedenfalls müsse man vermeiden, dass es zu einem "Steuerdumping-Wettbewerb" zwischen den Bundesländern kommt.

Aus dem Burgenland kommen ebenfalls skeptische Anmerkungen: Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) ist zwar "grundsätzlich gesprächsbereit", aber nur in einer umfassenden Diskussion, in der es auch um eine internationale Finanztransaktionssteuer und eine höhere Besteuerung internationaler Konzerne gehen müsse. In einem zweiten Schritt müsse es eine Vermögens- und Erbschaftssteuer gegeben, die ab einer Million Euro greift. Und erst dann könne man sinnvoll darüber diskutieren, welche Steuern von den Ländern und welche Steuern vom Bund eingehoben werden und wie das zusätzliche Steueraufkommen für Bildung, Soziales und Gesundheit verwendet wird. Ob die Länder dann die Grundsteuer, die derzeit bei den Gemeinden liegt, eine Vermögenssteuer oder die Körperschaftssteuer einheben, könne man alles diskutieren. Neue Behörden für die Einhebung von Steuern würden aber auch zusätzliche Kosten im Verwaltungsbereich bedeuten.

FPÖ will Steuern im Land belassen

Den von der SPÖ befürchteten Steuerwettbewerb sieht die FPÖ positiv: "Eine Steuerautonomie der Bundesländer würde den Wettbewerb stärken, und in unserem Bundesland käme mehr oberösterreichisches Steuergeld auch zur Realisierung von wichtigen Projekten zum Einsatz", sagt der Landesparteiobmann der FPÖ Oberösterreich, Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner.

Auch der Rechnungshof habe immer wieder die Bündelung von Einnahmen, Ausgaben und Aufgabenverantwortung in einer Hand gefordert hat: "Ein verstärkter Steuerwettbewerb unter den Ländern würde sowohl den Bürgern als auch den Wirtschaftstreibenden zugutekommen. Oberösterreich als stärkstes Industriebundesland und als Exportmeister Österreichs würde von solch einer Reform mit Sicherheit profitieren. Von Oberösterreichern erwirtschaftetes Steuergeld würde vermehrt in Oberösterreich bleiben und könnte für wichtige Projekte aufgewendet werden. Wettbewerb schafft zudem Arbeitsplätze. Und in der Folge schafft dieser Wettbewerb dann Steueraufkommen", argumentiert Haimbuchner. (cs, APA, 20.8.2018)