Andrea Nahles sieht viele Asylwerber auf der falschen Spur.

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Die Sommerpause im politischen Berlin neigt sich dem Ende zu. Nach und nach trudeln die Spitzenpolitiker wieder ein, und so mancher versucht einen Punkt mit einem neuen Thema zu setzen. Andreas Nahles etwa, die SPD-Fraktions- und Parteichefin.

Im ZDF-Sommerinterview forderte sie einen "Spurwechsel" für abgelehnte Asylwerber. "Ich bin ausdrücklich der Meinung, dass zurzeit die falschen Leute abgeschoben werden, nämlich gutintegrierte Menschen, die in Arbeit, die in Ausbildung sind", sagt sie.

Die SPD will die Möglichkeit zum sogenannten "Spurwechsel": Abgelehnte Asylbewerber sollen eine Bleibeperspektive erhalten, wenn sie einen Job haben. "Es kann nicht sein, dass fleißige Pflegekräfte oder Handwerker aus ihren Betrieben gerissen und abgeschoben werden", meint SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.

Skepsis bei Merkel und Seehofer

In der CDU macht sich der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, für die Idee stark. Doch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer (CSU) herrscht Skepsis. Sie wollen die unterschiedlichen Regeln für Zuwanderung aus humanitären Gründen und für Arbeitskräfte nicht vermengen.

Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) warnt, der "Spurwechsel" würde einen "starken Anreiz für eine missbräuchliche Asylantragstellung schaffen". Damit würde sich die Zahl der Asylbewerber deutlich erhöhen, die allein aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kommen. "Der Einwand ist nicht per se falsch, berücksichtigt aber nicht, dass die Asylverfahren bei uns immer noch viel zu lange dauern", erwidert Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD).

In der SPD überlegt man daher, diesen "Spurwechsel" vor allem jenen zu ermöglichen, die ein langes Verfahren hinter sich haben. Im Gespräch ist auch ein Stichtag. Es könnten dann nur jene berücksichtigt werden, die schon in Deutschland leben. Neue Anreize, um nach Deutschland zu kommen, gäbe es dann nicht.

Im Eckpunktepapier für ein Einwanderungsgesetz, das Seehofer kürzlich vorgelegt hat, kommt der "Spurwechsel" jedenfalls nicht vor, ebenso wenig ein Punktesystem für Einwanderer, das die SPD seit Jahren verlangt.

Befristete Einreise ohne Arbeitsplatz

Allerdings wurde eine Forderung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) aufgegriffen. Die Regierung will beruflich Qualifizierten die befristete Einreise zur Jobsuche auch dann erlauben, wenn sie noch keinen Arbeitsplatz in Deutschland haben. Das ist heute schon für Hochschulabsolventen der Fall. Zudem wird die Regierung auch auf die Vorrangprüfung verzichten. Dann muss nicht mehr erst geklärt werden, ob es für einen Job auch deutsche Bewerber gibt. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.8.2018)