Der kreative Einsatz von Kunststoffen in Verbindung mit Produktionsverfahren wie 3D-Druck habe großes Potenzial, sagt Innovationsforscher Matthias Fink. Er ist Professor für Innovationsmanagement an der JKU Linz und ARU Cambridge.

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Beim Wort Plastik tauchen Bilder von darin sich verheddernden Meeresschildkröten, Müllstrudeln oder endlosen Abfalldeponien im Kopf auf. Das Image von Kunststoff ist angesichts der massiven weltweiten Umweltprobleme schlecht. Gleichzeitig werden dessen Einsatzgebiete immer vielseitiger. "Wir brauchen eine Verhaltensveränderung, nicht nur Materialveränderungen", sagt Innovationsforscher Matthias Fink von der Johannes-Kepler-Universität (JKU) in Linz. Plastik in Weltmeeren sei zwar ein großes Problem und gehöre bekämpft, aber das betreffe nur einen Teil des Kunststoffmarkts. Aufgrund ihrer Eigenschaften können Kunststoffe teilweise sogar nachhaltiger sein als andere Stoffe.

Innerhalb weniger Jahrzehnte stieg die Kunststoffproduktion durch zahlreiche Erfolgen auf dem Gebiet der Polymerchemie enorm. Die Debatte werde jedoch durch einige wenige Themen getrieben, die nicht alles abdecken. Denn Kunststoff ist ein sehr vielseitiger Werkstoff, der neu kombiniert, gedacht und eingesetzt werden könne, so Fink: Hart, weich, zäh, biegsam – die Anwendungsmöglichkeiten seien noch lange nicht ausgeschöpft.

Innovationen im Flugzeugbau

Wichtig sei es zu realisieren, wo schon überall Hochleistungskunststoffe enthalten sind. "Ein Blechschaden hat heute kaum noch etwas mit Blech zu tun", nennt Fink ein Beispiel. Aus den Rennautos der Formel 1 sind Stahl und Aluminium großteils ersetzt worden. Auch in herkömmlichen Personenwagen wird statt Metall zunehmend Kunststoff verbaut. "Das Material hat das Potenzial leichter, haltbarer, stabiler und sparsamer zu sein", zählt Fink auf.

Auch im Flugzeugbau der Zukunft dürften Kunststoffe eine wichtige Rolle spielen. So ist die Boeing 787 etwa das erste Großraumflugzeug, bei dem sogar der Rumpf zu einem Großteil aus modernen Plastikmixturen besteht. "Wenn das Gewicht eines Bauteils um zum Beispiel ein halbes Kilogramm reduziert wird, ist das bei Flugzeugen und Fahrzeugen ein großer Fortschritt", sagt Fink. Der Treibstoffverbrauch sinkt.

Leichtigkeit und Logistik

Der Innovationsforscher betont, dass kurzlebige Billigprodukte zwar vermieden werden sollten, Kunststoffe aber nicht per se umweltschädlicher sind als andere Materialien. "Gerade im Bereich der Elektromobilität kann er durch seine Leichtigkeit umweltfreundlich sein, er spart Energie."

Die Ökobilanz sei auch eine Frage der Logistik: So könnte man zum Beispiel in Kunststoffteile Mikrochips einbauen. Dadurch wären sie einfacher sortier- und recycelbar. Denn Plastik ist nicht gleich Plastik, sagt er: "Wenn der Kunststoff sortenrein und erkennbar ist, ist er besser recycelbar."

Plastikmüll ist nicht zuletzt oft schwierig zu entsorgen, weil manche Kunststoffe aus einem Materialmix bestehen. Oft landen sie auf der Deponie. Oder sie werden verbrannt. Sie liefern dann zwar noch Energie für Fernwärme oder Strom, aber für ein Recycling gehen sie auch so verloren. Am besten ist eine lange Nutzungsdauer.

Aber auch die Wiederverwendung als Rohstoff oder zumindest der chemischen Einzelteile erhält teilweise den Wert. In der Europäischen Union wird bereits über eine Neuausrichtung der Ökodesignrichtlinie diskutiert: In Zukunft soll auch berücksichtigt werden, wie gut sich ein Produkt recyceln lässt. Hier ist auch die regulatorische Seite, sprich die Politik, gefragt, betont Fink: "Eine Aktion gegen das Plastiksackerl kann nicht alles sein und geht am Thema vorbei."

Niederschwellige Angebote für Mittelständler und Gewerbebetriebe

Eine verzerrte Debatte werde im Bereich der additiven Fertigung geführt. Dabei werden Bauteile Schicht für Schicht aufgebaut. Erste Ansätze dazu gab es bereits Mitte der 1980er-Jahre. Populär wurden diese Produktionsverfahren unter dem Sammelbegriff 3D-Druck. Berichtet werde meist über die Anfertigung von Waffen aus Kunststoff. Dabei würde sich das weder zeitlich noch wirtschaftlich auszahlen.

"Der kreative Einsatz von Kunststoffen in Verbindung mit Produktionsverfahren wie 3D-Druck hat großes Potenzial", sagt Fink. Er verweist auf eine kürzlich präsentierte Studie des Instituts für Innovationsmanagement an der JKU Linz.

Der Schlüssel liege vor allem darin, dass sich Unternehmen durch niederschwellige Angebote vermehrt mit den neuen Technologien auseinandersetzen, etwa im LIT Open Innovation Center am Campus der JKU. Besonders das rasche Anfertigen von Modellen und Prototypen beschleunigt und verbilligt Innovationen. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Mittelständler und Gewerbebetriebe, so Fink. Start-ups bieten hierzu vermehrt innovative Dienstleistungen an. (Julia Schilly, 22.8.2018)