Start-Preisträger Oliver Hofmann berechnet die Struktur von Materialien.

Foto: TU Graz

Dass Kohle und Diamanten nicht dasselbe sind, ist den meisten vermutlich klar. Blickt man jedoch unter die Oberfläche, stellt man fest, dass beide aus dem gleichen Inhaltsstoff – Kohlenstoff – aufgebaut sind. "Für ein Material ist nicht nur die Zusammensetzung, sondern auch die Struktur ausschlaggebend", sagt Oliver Hofmann.

Er ist Gruppenleiter am Institut für Festkörperphysik an der TU Graz. Kohle ist schwarz, Diamant durchsichtig, das eine ein guter, das andere ein schlechter elektrischer Leiter. Ihre verschiedenen Eigenschaften hängen mit der Anordnung ihrer Atome und der Bindung zwischen ihnen zusammen. Zusammen mit seinem Team forscht Hofmann an der Optimierung solcher Materialeigenschaften, um sie für diverse Anwendungen zu verbessern.

Optimierung von Strukturen

Wie können solche und andere Materialien nun aber hergestellt werden? Und an welchem Punkt verändern sich ihre Eigenschaften? "Wir entwickeln Methoden, um das vorherzusagen", sagt Hofmann.

Die Optimierung von Strukturen sei auch einfacher, als ein Material von Grund auf neu zu designen. Für Berechnungen auf dem Notizblock eignen sich die Strukturanalysen jedoch nicht: "Es gibt quasi unendlich viele Möglichkeiten, wie sich die Moleküle anordnen können." Diese zu berechnen kostet Zeit und vor allem Geld. Die quantenmechanischen Anwendungen werden deshalb an Supercomputern in Wien und den USA berechnet.

Zusätzlich setzt das Team auf einen schnelleren und somit billigeren Machine-Learning-Zugang. Anders wie das oft bei Google oder Facebook der Fall ist, basiert dieser aber nicht auf einem Big-Data-Ansatz, bei dem möglichst viele Daten durchforstet werden. Stattdessen dient hier eine kleinere Anzahl an gezielt ausgewählten Rechnungen dazu, Wahrscheinlichkeiten für das Verhalten von Materie vorherzusagen. Das Ergebnis ist eine gewisse Modellvorstellung: "Die passen wir dann an, bis sie unsere Daten erklärt", so Hofmann.

Der Fokus liegt dabei auf der Analyse von Materialien, die für Solarzellen oder auch OLED-Fernseher verwendet werden können. Hier sind vor allem die Grenzflächen zwischen organischen und anorganischen Bestandteilen wichtig, weil hier so wenig Material wie möglich eingesetzt wird. Schon während seiner Dissertation begann Hofmann, der ursprünglich technische Chemie studiert hat, sich mit quantenmechanischen Methoden zu beschäftigen.

In dieser interdisziplinären Herangehensweise sieht Hofmann auch seine Stärken: "Oft geht es darum, seine Ideen Leuten zu erklären, die einen anderen Zugang haben. Das zwingt einen, klarer über seinen Blickwinkel nachzudenken und Ideen zu generieren."

Nach seiner Dissertation folgte ein Abstecher ans Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin. Dass er auf dem richtigen Weg ist, zeigt auch der Start-Preis, den der gebürtige Wiener kürzlich vom Wissenschaftsfonds FWF für sein Materialforschungsprojekt "MAP-Design" erhalten hat. So schnell scheint es ihn deshalb auch nicht wieder aus Graz wegzuziehen: "Wenn möglich möchte ich jetzt einmal bleiben – aber wer weiß, was die Zukunft bringt." (Katharina Kropshofer, 26.8.2018)