Der Galaxy Note-Reihe kommt in der Smartphone-Geschichte eine besondere Rolle zu: Hat Samsung damit doch die Tür für deutlich größere Displays aufgestoßen. Anfänglich von vielen Kommentatoren für diese "Phablets" noch verlacht, folgten andere Hersteller dem Trend schon bald. Das Ergebnis: Jene 5,3 Zoll, die den Bildschirm des ersten Notes noch riesenhaft anmuten ließen, werden mittlerweile von vielen Herstellern bei den kleineren Ausgaben ihrer Smartphones geboten. Unterdessen haben sich natürlich auch Samsung-Smartphones weiterentwickelt, und dies führt nun zu einem Gerät mit einmal mehr ziemlich beeindruckenden Eckdaten: Dem Galaxy Note 9.

In der Hand (mehr oder weniger)

Der erste Eindruck ruft dabei Erinnerungen an frühere Note-Erfahrungen in Erinnerung. Mit seinem 6,4 Zoll-Bildschirm ist das Note 9 nämlich noch einmal eine Spur größer als sein Vorgänger, das noch mit 6,3 Zoll auskam. Immerhin führt Samsungs aktuelle Design-Linie mit den recht schmalen Rändern ober- und unter unterhalb des Displays dazu, dass die resultierende Größe des Geräts mit 161,9 x 76,4 x 8,8 mm nicht komplett aus dem Ruder läuft, und auch subjektiv kaum vom Note 8 zu unterscheiden ist. Trotzdem bleibt es damit nicht gerade ein handliches Gerät, womit es für viele schon an dieser Stelle ausscheiden könnte. Zumal dazu noch ein rekordverdächtiges Gewicht kommt: Stolze 201 Gramm bringt das Note 9 auf die Waage.

Das Galaxy Note 9: Auf den ersten Blick kaum von anderen halbwegs aktuellen Samsung-Smartphones zu unterscheiden.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Ganz generell fällt positiv auf, dass Samsung nicht einfach den aktuellen Trend zu Display-Ausschnitten ("Notch") kopiert, wie es derzeit so viele Hersteller tun, sondern eigenen Design-Ansätzen verhaftet bleibt. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese Richtung selbst nicht ganz problemlos ist. Die Wahl, sowohl vorne als auch hinten Glas als äußerste Schicht für das Gehäuse zu benutzen, führt dazu, dass das Note 9 – in Kombination mit Größe und Gewicht – vergleichsweise leicht aus der Hand rutscht. Dies wird noch durch die gewohnte, starke seitliche Biegung des Displays weiter akzentuiert. Bleibt zumindest der Trost, dass das neue Samsung-Smartphone unterhalb der zerbrechlichen Hülle dank eines Metallrahmens offenbar sehr stabil gebaut ist, wie Belastungstests zeigen. Ein weiterer Pluspunkt: Das Note 9 ist wirklich hervorragend verarbeitet, was sich nicht zuletzt an den Knöpfen mit exzellentem Druckpunkt und Stabilität zeigt.

Altbekanntes

Das restliche Design wirkt relativ konservativ, wobei es ohnehin im Vergleich zum Vorgänger – und auch zum S9 – nur sehr wenige Unterschiede zu entdecken gibt. Der Augenscheinlichste ist dabei die Umpositionierung des Fingerprint-Scanners. Dieser war bisher neben den Kameras angebracht, was Samsung viel Kritik eingebracht hat. Immerhin ist diese Position nicht nur schwer zu erreichen, sie birgt auch die Gefahr, dass die Kameraabdeckung durch Fingerabdrücke verunreinigt wird. Mit dem Note 9 behebt Samsung diese Problematik allerdings nur halbherzig: Der Scanner ist nun zwar unter der Kameraanordnung zu finden – aber nur sehr knapp. Die rechteckige und vergleichsweise kleine Scanner-Fläche hilft auch nicht gerade, Fehlgriffe zu vermeiden. Und ganz generell muss man schon eher große Hände haben, um diese Position ohne Umgreifen erreichen zu können.

Eckdaten

Die Spezifikationsliste des Note 9 liest sich beeindruckend: Samsung liefert hier so ziemlich alles, was man in einem Top-Smartphone des Jahre 2018 erwarten darf – und dann noch etwas mehr. Von einem absoluten High-End-Display über einen flinken Prozessor bis zu jeder Menge lokalem Speicherplatz und drahtlosem Aufladen reicht hier die Palette. Und bei all dem setzt sich der Hersteller natürlich das Ziel, nur das Beste vom Besten zu verbauen, immerhin handelt es sich beim Note 9 um das aktuelle am stärksten ausgestattete Gerät aus eigener Fertigung. In der Realität wird das Samsung-Smartphone diesem Anspruch weitgehend gerecht, auch wenn es durchaus spezifische Schwächen gibt.

Ein Traum von einem Bildschirm

Ein absolutes Highlight ist einmal mehr der Bildschirm des Note 9: Der 6,4 Zoll Super AMOLED liefert mit seinen 2.960 x 1.440 Pixel eine gestochen scharfe, farbintensive und leuchtstarke Darstellung. Dass Samsung derzeit einfach die besten Displays in der gesamten Branche baut, ist kein Geheimnis, und das unterstreicht das Note 9 wieder einmal auf beeindruckende Weise. Gleichzeitig muss aber angemerkt werden, dass sich die Änderungen im Vergleich zum Vorjahresmodell weitgehend in einem Rahmen bewegen, den die meisten Nutzer mit freiem Auge wohl kaum bemerken werden.

Kamera kommt bekannt vor

Es gibt aber auch eine ganz andere Perspektive auf das neue Samsung-Smartphone: Im Vergleich zum S9 gibt es genau genommen nur sehr wenige Unterschiede. Das zeigt sich etwa bei der Kamera, deren Aufbau exakt jenem des S9+ entspricht. Es gibt also auch hier wieder eine Dual-Kamera mit zwei 12-Megapixel-Sensoren, die vor allem für einen – durchaus gut funktionierenden – pseudo-optischen Zoom genutzt werden. Da die Kamera des S9+ schon an anderer Stelle ausführlich behandelt wurde, hier nur eine kurze Zusammenfassung: Das Note 9 liefert wie zu erwarten wieder wirklich gute Fotos, und agiert dabei vor allem sehr flott und auch relativ zuverlässig. Gleichzeitig gilt, dass es bei der reinen Fotoqualität mittlerweile Hersteller gibt, die Samsung übertrumpfen, allen voran Google (Pixel 2). Trotzdem sei betont, dass wir hier von graduellen Unterschieden auf einem mittlerweile – für Smartphones – sehr hohem Niveau reden. Gerade bei guten Lichtverhältnissen liefern die aktuellen Top-Smartphones allesamt gute Bilder.

Tageslichtaufnahme mit vielen Details. Beim Ranzoomen zeigen sich weiter die gewohnten Samsung-Effekt, nämlich dass die Details zu stark verschwimmen, was einen leicht plastisch anmutenden Effekt ergibt.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD
Die selbe Aufnahme mit dem Pixel 2 XL zeigt etwas mehr Dynamik, und kommt somit näher an die Realität heran.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD
Der ultimative Test für jede Kamera: Das Katzenfoto.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD
Auch in der Nacht kann das Note 9 sehr gute Fotos liefern.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Wenn man etwas an Samsungs Kamera kritisieren kann, dann vor allem, dass der Hersteller dazu neigt, die Software immer stärker mit irgendwelchen Gimmicks vollzustopfen, was der Usability nur sehr begrenzt zuträglich ist. Beim Note 9 gibt es hier mit einer KI-Erkennung von Szenen einen weiteren Neuzugang. Das liest sich in Werbematerialien gut, in der Praxis konnten im Test dadurch aber keinerlei relevante Verbesserungen festgestellt werden. Eine Frontkamera mit 8 Megapixel gibt es ebenfalls, die durchaus ansprechende Selfies produzieren kann.

Verstärkung für den Akku

Ein wirklich erfreuliches Hardware-Upgrade gibt es hingegen an anderer Stelle: Das Note 9 beherbergt nämlich einen Akku mit einer Kapazität von 4.000 mAh. Das sind stolze 700 mAh mehr als beim direkten Vorgänger – wo man sich freilich aufgrund des Desasters mit dem wegen Brandvorfällen zurückgezogenen Note 7 in dieser Hinsicht bewusst konservativ gab. Im Test ergab sich daraus eine Screen-On-Time rund um die 6 Stunden, die allermeisten Nutzer sollten also problemlos durch den Tag kommen. Wie immer gilt natürlich, dass solche Wert massiv vom eigenen Nutzungsverhalten und den gewählten (Helligkeits)-Einstellungen abhängt. Insofern lassen sie sich nur schwer verallgemeinern.

Rechenstärke

Altbekanntes gibt es hingegen wieder in Prozessorfragen: Samsung greift wie schon beim S9 zum Exynos 9810 aus eigener Fertigung. Dieser zeichnet sich durch acht Kerne aus. Für alle, die es ganz genau wissen wollen: Es handelt sich dabei um 4 x 2,7 GHz Mongoose M3 und 4 x 1,8 GHz Cortex A55, wobei der erste Teil für High-Performance-Aufgaben zuständig ist und der zweite bei weniger anspruchsvollen Aufgaben stromsparend zum Einsatz kommt. Der Arbeitsspeicher fällt mit 6 bzw. 8 GB (je nach Modell) ebenfalls sehr großzügig aus.

Gute Performance mit einem kleinen "aber"

Im Alltag lässt sich an der Performance des Note 9 denn auch wenig aussetzen: Das Gerät reagiert flink, auch altbekannte Probleme mit der Touchwiz-Oberfläche, die früher zu Performance-Defiziten geführt haben, wurden mittlerweile bereinigt. Gleichzeitig wird Samsung in diesem Bereich aber auch nicht dem eigenen Anspruch gerecht, dass man nur das Beste vom Besten liefert, denn beim Exynos 9810 sind dem Hersteller offenbar ein paar Pannen passiert. Wie Anandtech mittlerweile in einer ausführlichen Artikelserie beleuchtet hat, ist der Chip von spezifischen Hard- und Softwaredefiziten geplagt, die dazu führen, dass die Performance nicht an Qualcomms Snapdragon 845 heranreicht. Samsung reagiert auf dieses Problem, indem man dem Note 9 eine zusätzliche Heatpipe zur Kühlung des Prozessors verpasst. Und tatsächlich zeigen sich dadurch gewisse Verbesserungen gegenüber dem S9, vor allem wenn es um längere Belastungen geht. An das Performance-Niveau der Konkurrenz kommt man trotzdem nicht ganz heran, wie sich in Benchmarks bestätigt, die auf realistische Arbeitslasten – statt auf rein synthetische Berechnungen – ausgerichtet sind. So erzielt das Note 9 bei PCMark Work 2.0 einen Wert von 5.263 wobei ein Pixel 2 XL – also ein Gerät mit Qualcomms letztjährigem High-End-Chip, dem Snapdragon 835 – auf einen Wert von 7.233 kommt. Noch verblüffender: Das Note 9 ist selbst beim Grafik-Benchmark Slingshot Extrem (von 3DMark) mit einem Wert von 3.406 etwas schwächer als das Pixel 2 XL (3.636).

Aber um das noch einmal explizit zu betonen: Im Alltag werden die meisten Nutzer von diesen Unterschieden kaum je etwas merken. Umgekehrt heißt all das aber natürlich, dass selbst Geräte, die es zum halben Preis gibt, wie das OnePlus 6, eine ähnliches wenn nicht sogar leicht höheres Performanceniveau bieten.

An der Unterseite gibt es Zugriff auf den S-Pen. Auch ein Lautsprecher, USB-C-Anschluss und Kopfhörerstecker haben hier Platz gefunden.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Storage

Im Test ist eigentlich nur ein Bereich aufgefallen, wo das Note 9 wirklich erheblich langsamer ist als so manch anderes aktuelles Android-Smartphone: Die Boot-Zeit. Hier machen sich wohl die zahlreichen Softwareerweiterungen durch Samsung bemerkbar. Die hinterlassen auch an anderer Stelle ihre Spuren: Die fix vorinstallierte Software – also Betriebssystem und Apps – belegen von Haus aus bereits beeindruckende 20 GB des internen Speichers, und damit mehr als doppelt so viel im Vergleich zu Geräten mit purem Android. Dies übrigens obwohl Samsung nicht einmal das Seamless-Update-System von Google verwendet, bei dem zentrale Partitionen doppelt vorhanden sind, um Updates bequem im Hintergrund installieren zu können, und auch die Gefahr einer Beschädigung massiv zu reduzieren.

Note-9-Käufer müssen sich trotzdem in dieser Hinsicht keine großen Sorgen machen, Samsung löst das Problem nämlich, indem man einfach den internen Speicher äußerst großzügig gestaltet. Schon das kleinere Modell bietet 128 GB lokalen Datenspeicher, das größere beherbergt gar 512 GB. Und dann lässt sich das Ganze auch noch via MicroSD-Karte erweitern, womit aktuell weitere 512 GB hinzugefügt werden können.

Alles mit dabei

Die weiteren Eckdaten lesen sich ähnlich beeindruckend: Das Note 9 ist nach IP68 wasserdicht, im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern beharrt Samsung auf den klassischen Kopfhörerstecker und Dual-SIM-Support ist auch mit dabei. Natürlich gibt es nur die aktuellsten WLAN, Bluetooth- und LTE-Technologien, und auch der USB-C-Anschluss unterstützt das flotte USB 3.1. In Hinblick auf die Standortermittlung gibt es Unterstützung für A-GPS, GLONASS, BDS und GALILEO.

S-Pen

Und dann wäre da noch der eine Bestandteil, der das Note 9 entscheidend vom S9 abhebt: Der Stift. Mit der neuen Version wird dieser nun erstmals zu einem Bluetooth-Gerät, was bedeutet, dass er auch als eine Art Fernsteuerung benutzt werden kann. Damit lässt sich dann etwa die Kamera steuern, um Selfies auszulösen, wie Samsung betont. Das funktioniert auch tatsächlich problemlos. Ob sich diese Art der Steuerung durchsetzt, ist natürlich eine ganz andere Frage. Trotzdem ist das Ganze ein durchaus nettes Extra. Dass der S-Pen nun Bluetooth unterstützt, bedeutet allerdings auch, dass er jetzt regelmäßig geladen werden muss, was aber beim Einstecken in das Gerät innerhalb weniger Sekunden erledigt ist – eine sehr gut durchdachte Lösung. Auch sonst fällt der S-Pen in der Nutzung durch seine hohe Präzision und durchdachte Steuerung positiv auf, was Fans der Stiftsteuerung freuen wird.

Das entscheidende Alleinstellungsmerkmal des Note 9: Der S-Pen.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Software, die.

Ein Smartphone zeichnet sich aber nicht durch Hardware alleine aus, gerade in Zeiten der immer geringer werdenden Innovationssprünge bei Prozessoren und Co. wird die Software zunehmend wichtiger. Samsung liefert das Note 8 mit Android 8.1 aus, ein Update auf das aktuelle Android 9 ist zwar angekündigt, einen Termin nennt der Hersteller aber nicht. Angesichts der Erfahrung der vergangenen Jahre ist davon auszugehen, dass es kaum vor Februar oder März 2019 so weit sein wird.

Wie gewohnt nimmt Samsung massive Umbauten an der Android-Oberfläche vor. Ob das alles wirklich notwendig und sinnvoll ist, sei dahingestellt, zumindest aber hat man das Kern-User-Interface mittlerweile recht gut im Griff. Über die Jahre hat man dabei viele Inkonsistenzen beseitigt, und tatsächlich wird Android dabei auch um das eine oder andere sinnvolle Feature erweitert. Trotzdem regt sich bei der Nutzung schnell der Wunsch, dass Samsung seine Softwareausstattung wieder einmal grob aufräumt. Über die Jahre sind hier viele Dinge hinzugekommen, deren Nutzen zweifelhafter Natur ist, und die in der Kategorie Gimmick zu verbuchen sind. Das beginnt schon bei der Einrichtung mit einer schier endlosen Reihe an Dialogen, die einen zur Nutzung aller möglichen Dienste drängen wollen – und das noch dazu äußerst wortreich, so dass man schnell einfach nur mehr alles wegklicken will. Und das setzt sich dann fort mit zahlreichen Extra-Buttons und Gesten, die eher im Weg stehen, als wirklich nützlich zu sein.

Der Homescreen von Samsung ist an sich recht aufgeräumt. Viel mehr erfreut aber, dass viele der Apps mittlerweile beim Setup abgewählt werden können. Im Bild rechts ist das absolute Minimum an fix vorinstallierten Apps zu sehen. (wobei hier am Anfang zwei Folder mit zwei bzw. vier weiteren Apps abgebildet sind)
Screenshots. Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Große Ambitionen

All die Aktivitäten Samsungs rund um Android zeichnen ein klares Bild: Man will mehr als einfach nur ein Hardwarehersteller sein. Jemand, der selbst ein eigenes App- und Service-Ökosystem betreibt, über das man die Kunden an sich binden kann, damit diese nicht einfach zur Konkurrenz wechseln können. Das ist strategisch gesehen zwar durchaus nachvollziehbar, hat aber ein klitzekleines Problem: Bisher ist Samsung noch mit jedem dieser Versuche gescheitert, wie eine lange Liste an eingestellten Apps und Services belegt. Doch so einfach gibt sich Samsung natürlich nicht geschlagen.

Wieso denn bloß???

Der aktuelle Hoffnungsträger nennt sich Bixby und ist Samsungs Version eines digitalen Assistenten. Der Hardwarehersteller hält diese Entwicklung dabei für so zentral, dass er ihr sogar einen eigenen Knopf an der Seite des Geräts spendiert. Das war zwar auch schon beim S8 und Note 8 der Fall, nun soll aber – nach massiver Kritik an der ersten Version von Bixby – alles besser werden. Der Assistent habe in der Zwischenzeit massiv dazugelernt, sagt Samsung. Sagt der Tester: Hat er nicht. Wie man es auch drehen und wenden mag, Bixby ist einfach nicht gut. Die Antworten sind oftmals erratisch, die gebotenen Möglichkeiten weit von dem entfernt, was der Google Assistant bietet, und auch mit Alexa kann man in vielerlei Hinsicht nicht mithalten. Und dann kommt noch die schlichte Realität dazu, dass so ein Assistent eben umso besser funktioniert, je mehr Daten der Hersteller über seine Nutzer hat – und hier fehlen Samsung dann einfach wieder zu Google vergleichbare – und auch wirklich genutzte – Dienste. Doch selbst wenn Bixby besser wäre als er ist, wäre die Entscheidung dafür einen eigenen Knopf dafür zu verbauen, zweifelhaft. Immerhin ist die Nutzung solcher Assistenten am Smartphone ganz generell noch ein Randthema. Doch anstatt sich dieser Realität zu stellen, legt Samsung sogar noch nach: Beim Note 9 lässt sich der Bixby-Knopf nämlich gar nicht mehr deaktivieren – am S9 ging das noch. Zynische Naturen könnten hier einen Plan vermuten, die Nutzungszahlen nach oben zu treiben. Macht doch – mutmaßlich – der unabsichtliche Aufruf über den Hardware-Button einen bedeutenden Teil der Bixby-Nutzung aus.

Softwareauswahl

Dass die Softwareausstattung beim Note 9 umfangreicher als bei vielen anderen Smartphones ausfällt, wurde bereits erwähnt. Allerdings gibt es in dieser Hinsicht auch Erfreuliches zu erwähnen: Mittlerweile sind nämlich viele der weniger wichtigen Samsung-Apps nicht mehr von Haus aus vorinstalliert. Bereits beim Setup des Geräts kann die Installation einer Vielzahl von Apps unterbunden werden, die Palette reicht dabei vom Samsung Internet Browser bis zum eigenen Mail-Client und dem Taschenrechner. Interessant ist auch der Umgang mit Google-Apps: Ein Teil davon wird ebenfalls erst während des Setups installiert, darunter etwa Duo, Google Play Music oder auch Google Photos. Das bedeutet, dass sie im Nachhinein von den Nutzern problemlos komplett deinstalliert werden können. Eine Entwicklung, die durchaus erfreulich ist, von Samsung aber auch verblüffend inkonsequent umgesetzt wird. So sind etwa eine ganze Reihe von Microsoft-Apps fix vorinstalliert. Darunter neben den diversen Office-Apps und OneDrive mittlerweile auch LinkedIn. Aber immerhin: Die Entwicklung geht in die richtige Richtung.

Die Qualität und Sinnhaftigkeit von Samsungs eigenen Android-Anpassungen variiert stark. Im Bild Bixby Home, die Galerie und die Gerätewartung.
Screenshots: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Zum Entsperren des Geräts empfiehlt Samsung mittlerweile eine Mischung aus Gesichts- und Iris-Erkennung. Zumindest bei guten Lichtverhältnissen funktioniert das auch halbwegs brauchbar. Das ändert aber nichts daran, dass ein Fingerabdruck weiterhin schneller und zuverlässiger arbeitet – und mit vergleichbaren Level an Sicherheit zu Apples Face ID kann die Samsung-Lösung ebenfalls nicht aufwarten.

DeX

Ein Gerät für alle Aufgaben: Diese Vision verfolgt Samsung mit DeX, einem Desktop-Modus für seine Top-Smartphones. Beim Note 9 klappt das Ganze zum ersten Mal ohne eigenes Dock, es reicht also, via passendem Kabel einen Monitor anzuschließen und schon kann es losgehen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis braucht man für produktives Arbeiten natürlich noch eine externe Tastatur und eine Maus sowie das passende USB-C auf HDMI-Kabel, um die Verbindung zum Bildschirm herzustellen. Und genau da zeigt sich schon das grundlegende Problem dieser Idee: Im Endeffekt ist es meist einfacher, auf Reisen gleich einen Laptop mitzunehmen, und die Daten automatisch zu syncen, anstatt Peripherie einzupacken und sich dann mit der Verkabelung in einem Hotel herumzuschlagen. DeX ist, wie ähnliche Lösungen anderer Hersteller zuvor, einfach eine in der Theorie nett klingende Angelegenheit, die in der Praxis bisher aber kaum Anhänger gefunden hat.

Kontostand: -viel

Bleibt noch eine entscheidende Frage: Was kostet der Spaß? Und hier wird so mancher Interessent schlucken müssen: Das kleinere Modell mit 6 GB RAM und 128 GB lokalem Speicher ist für 999 Euro zu haben, während für die größere Ausführung mit 8 GB RAM und 512 GB Speicherplatz gleich 1.249 Euro veranschlagt werden. Dabei sind Varianten in den Farben Schwarz, Blau und Violett erhältlich, wobei die Verfügbarkeit bei verschiedenen Anbietern variiert. Eine Variante in "Kupfer" ist ebenfalls angekündigt.

Der Dual-Kamera-Aufbau des Note 10, (zu) knapp darunter dann der Fingerprint Reader.
Foto: Andreas Proschofsky / DER STANDARD

Zwei Blickpunkte

Das Galaxy Note 9 ist der Traum jedes echten Samsung-Fans: An der Hardware gibt es wenig bis gar nichts auszusetzen, der Hersteller verpackt praktisch alles in ein Gehäuse, was man sich so aktuell von einem Smartphone erwarten darf. Wer das nötige Budget und ausreichend große Hände zur Verfügung hat, kann hier also getrost zugreifen. Und Stift-Fans kommen um die Note-Reihe ohnehin kaum herum.

Und doch: Die ganz große Begeisterung mag sich im Test trotzdem nicht einstellen. Das liegt weniger an den besprochenen Softwaredefiziten, lassen sich diese doch recht einfach umschiffen und unnötige Services deaktivieren. Nein, es ist ein anderer Fakt, der hier den Ausschlag gibt: Im Vergleich zum S9 – beziehungsweise vor allem dem S9+ – gibt es einfach kaum relevante Unterschiede. Im Endeffekt wirkt die Note-Reihe dadurch mehr und mehr wie eine Zweitverwertung der S-Serie – eben um einem Stift erweitert. Und zwar eine, die eigentlich nur mehr die richtigen Hardcore-Fans adressiert, die bereit sind, für all das ein ordentliches Premium zu zahlen. (Andreas Proschofsky, 26.8.2018)