Die Rechtspopulisten, Rechtsextremen und EU-Feinde werden zulegen, die Konservativen und Christdemokraten etwas verlieren, und die Sozialdemokraten werden ein Debakel erleben.

Das ist die Prognose für die Wahlen zum EU-Parlament im Mai nächsten Jahres. Diese Wahlen, bisher oft als Ereignis zweiten Ranges abgetan, werden für die weitere politische Richtung Europas von einiger Bedeutung sein. Wenn die Rechten hier auch einen großen Erfolg einfahren, wird die EU unterminiert.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat das begriffen und wird sich selbst in den Europa-Wahlkampf werfen. Er will ausdrücklich den Kampf gegen die antieuropäische Rechte zum Thema machen (gemeinsam mit der liberalen Fraktion Alde – in der auch die Neos sind). Macron sucht sich bewusst den ungarischen autoritären Herrscher Viktor Orbán als Gegner aus: der übe "unerhörte Gewalt gegen Europa und seine Werte" aus und folge dem Nationalismus.

Wenig später sagte Angela Merkel, es werde ein Kampf der proeuropäischen gegen die antieuropäischen Kräfte werden. Aber Abschottung führe ins Elend. "Dagegen muss man ganz fest vorgehen. Das ist ein großer Kampf", sagte sie.

Langsames Aufwache

In Österreich wacht man langsam auf. Die ÖVP wird wohl wieder den von Sebastian Kurz nur bedingt geschätzten, aber prononciert proeuropäischen Othmar Karas als Spitzenkandidaten in den Wahlkampf schicken (mit der Maßgabe, dass er Kommissar werden könnte), in der SPÖ beginnt man gerade die Bedeutung des Wahlgangs zu erkennen.

Die Rechten wittern Morgenluft. Mehr rechtspopulistische bis rechtsextreme Parteien stehen nun in Regierungsverantwortung – die FPÖ in Österreich, die Lega in Italien. Die rechten Europa-Feinde (der Begriff "Europa-Skeptiker" reicht da nicht mehr aus) basteln an einer gemeinsamen großen Rechtsaußen-Fraktion, die die bisher aufgespaltene Rechte vereinen soll. In der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) sind derzeit die Lega, der belgische Vlaams Belang, die niederländische Wilders-Partei PVV, die FPÖ und der Front National (jetzt Rassemblement National, RN). Werden sich Parteien wie die nationalkonservative polnische PIS oder die sehr rechten Schwedendemokraten dem anschließen? Von Rechts wegen gehört auch Viktor Orbáns Fidesz dorthin, aber noch hält es ihn in der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP). Deutsche und österreichische Konservative wollen ihn auch dort halten, obwohl sein Bild von der EU nicht mehr mit dem der Gründerväter vereinbar ist: liberal, weltoffen, integrativ.

Ein Rückfall in zerstrittene Nationalstaaten, wie das etwa der Front National oder auch die FPÖ letztlich wollen, würde den Wohlstand und die Stabilität Europas entscheidend schwächen. Europa ist ein Thema, das bisher für viele meist nur zum Abarbeiten populistischer Ressentiments oder zu gelangweiltem Desinteresse taugt. Aber man kann es spannend machen, wenn man kämpfen will – und wenn es um etwas geht, wie diesmal. (Hans Rauscher, 24.8.2018)