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Luigi Patronaggio, Staatsanwalt aus Sizilien, ermittelt gegen Matteo Salvini.

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Matteo Salvini tobt und faucht. Wie kann es sich dieser Staatsanwalt aus Sizilien erlauben, ihm, dem italienischen Innenminister, auf die Zehen zu steigen? Ihm, der im Kampf gegen das Schlepperunwesen Italiens Grenzen verteidigt?

Nun, Luigi Patronaggio sieht das anders. Für den 60-jährigen Juristen ist das, was der Innenminister verfügt hat – nämlich die fast 200 Migranten an Bord des Küstenwacheschiffes Diciotti tagelang nicht an Land zu lassen -, nichts anderes als Freiheitsberaubung, illegale Festnahme und Amtsmissbrauch.

Im Gegensatz zu Salvini betrachtet Patronaggio die Migranten "als Menschen, nicht als Feinde". Das südsizilianische Agrigent, wo der verheiratete Vater dreier Kinder lebt, sei in ganz besonderem Maße eine "Grenzstadt" – auch wenn die tunesische Küste 250 und die libysche 500 Kilometer weit entfernt sind. "Hier müssen wir mit dem Phänomen der Migration ganz einfach fix rechnen", erklärt er im Gespräch mit dem Corriere della Sera. "Wir haben es hier mit Menschen zu tun, die gezwungen werden, unter Schmerzen ihre Heimat zu verlassen; Menschen, die gezwungen werden, vor Krieg und bitterer Armut zu fliehen." Eine Sicht, die Salvini keineswegs teilt.

Den Mächtigen die Stirn zu bieten, damit hat Patronaggio jahrzehntelange Erfahrung. Als junger Staatsanwalt musste er im Sommer 1992 miterleben, wie seine Vorgesetzten Giovanni Falcone und Paolo Borsellino von der Mafia ermordet wurden. Doch Patronaggio machte weiter – auch dann, als er wegen seiner Ermittlungen im Fall des Mordes am Priester Pino Puglisi selbst durch die Mafia bedroht wurde.

Patronaggios Arbeit hatte später großen Anteil daran, dass Marcello Dell'Utri, engster Vertrauter von Silvio Berlusconi, wegen Mafiakontakten verurteilt wurde. Und auch der Vater des vormaligen Innen- und Außenministers Angelino Alfano musste Bekanntschaft mit dem stets jugendlich-sportlich wirkenden Patronaggio machen. Dessen Markenzeichen sind Slimfit-Anzüge und eine kaum zu bändigende dunkle Haarmähne, wie sie 60-Jährige kaum tragen.

Die Einleitung von Ermittlungen gegen Salvini will Patronaggio keinesfalls als Einmischung der Justiz in die Politik verstanden wissen. Salvinis Anhänger haben in allen sozialen Medien schon längst eine Kampagne gestartet, um den Staatsanwalt zu diskreditieren. Doch wer die Mafia überlebt hat, hat vor solchen Feinden keine Angst. (Gianluca Wallisch, 27.8.2018)