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Bis zu 20 Zentimeter kann die Körperlänge des Tigerschnegelsbetragen. Er zählt damit zu den größten Schnecken Europas.

Foto: picturedesk / dpa / Arno Burgi

Bei Nacktschnecken denken nicht nur Gärtner zu allererst an die vielgehasste Spanische Wegschnecke, die seit mehr als vierzig Jahren ihr Unwesen auch in Österreichs Gärten treibt. Weit weniger bekannt, obwohl größer, auffälliger und viel sympathischer ist hingegen eine andere Nacktschneckenart: der Tigerschnegel, das Weichtier des Jahres 2018 und auch gleich 2019.

Mit bis zu 20 Zentimeter Körperlänge gehört der Tigerschnegel (Limax maximus) zu den größten Schnecken Europas. Auf hellbraunem bis -grauem Grund weist er unregelmäßige dunkle Flecken auf, die auch streifig angeordnet sein können, was ihm seinen deutschen und auch seinen – zutreffenderen – englischen Name "leopard slug" (Leopardenschnecke) eingebracht hat. Tagsüber trifft man den Tigerschnegel selten an, denn er ist fast ausschließlich nachtaktiv. Dann macht er sich auf Futtersuche, wobei er zwar auch pflanzliche Kost und Pilze nicht verachtet, in erster Linie aber räuberisch lebt – nämlich von anderen Nacktschnecken. Erwachsene Spanische Wegschnecken kann er nicht überwältigen, wohl aber ihre Eier und Jungtiere, weswegen er im Unterschied zu ihnen als Nützling im Garten gilt.

Menschliche Verschleppung

Bis vor einigen Jahren hielt man Limax maximus für eine einzige Art mit variablem Aussehen, genetische Untersuchungen haben aber ergeben, dass es sich in Wirklichkeit um einen ganzen Artenkomplex handelt. Ursprünglich stammt dieser vermutlich aus Süd- und Westeuropa, kommt aber mittlerweile durch menschliche Verschleppung in ganz Mitteleuropa vor. Dabei hat sich der Tigerschnegel als echter Kulturfolger erwiesen: Aus Wald und Auen wechselte er in Gärten, Parks, Friedhöfe und feuchte Keller.

Wie alle Nacktschnecken sind auch Tigerschnegel Zwitter, die sich gegenseitig befruchten – im Falle des Schnegels allerdings im Zuge eines wahrlich bizarren Rituals. Haben sich zwei Schnegel gefunden, kriechen sie oft stundenlang hintereinander her, bis sie einen geeigneten Platz für die Paarung finden. Das kann ein Baum, eine Mauer oder eine andere erhöhte, senkrechte oder überhängende Stelle sein. Dort bilden sie einen Kreis, in dem sie sich oft ebenfalls für Stunden drehen, wobei sie jede Menge Schleim absondern. So weit, so unappetitlich für uns Menschen. Für die Schnegel jedoch ist dies das Vorspiel.

Zwei Tigerschnegel bei der Paarung
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Kopfüber in den Sex

Danach geht es ernsthaft zur Sache: Die Tiere umschlingen einander, und jedes produziert einen dicken Schleimfaden, an dem sie sich gemeinsam "abseilen". Während sie so kopfüber hängen, vollführen sie heftige Bewegungen, im Zuge derer sich die Schleimfäden zu einem Strang zusammendrehen, der gleichzeitig länger wird. Bei rund 30 Zentimetern ist gewöhnlich Schluss: Schnegel haben einen Penis, der rund ein Drittel ihrer Körperlänge misst. Beide Partner stülpen diesen nun aus, die Penes umschlingen einander, und es kommt zum Austausch jeweils eines Samenpakets. Die Geschlechtsteile werden anschließend wieder eingezogen. Meist lässt sich ein Schnegel danach zu Boden fallen, während der andere am Schleimfaden hochkriecht und diesen dabei auffrisst. Die Eiablage erfolgt meistens erst einige Monate später.

Im Unterschied zu den Wegschnecken sind Schnegel mehrjährig. Auch kalte Winter überstehen sie in frostgeschützten Unterschlupfen, wobei ihre Lebenserwartung bei etwa drei Jahren liegt. Die Tiere gelten bei uns als nicht gefährdet, fallen aber oft Schneckenkorn und diversen Vernichtungsaktionen zum Opfer, die eigentlich anderen Schnecken gelten, aber eben auch Nützlinge treffen können. (Susanne Strnadl, 2.9.2018)