Wien – Diese Woche gibt es wieder eine verstärkte Luftraumsicherung und Flugverbotszonen über Wien. Der Anlass dazu sind die Treffen der Außen- sowie Verteidigungsminister in der Hauptstadt des EU-Ratsvorsitzlandes. Für dessen Sicherheit ist unter anderen Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) verantwortlich.

STANDARD: Kann man einen EU-Gipfel auch ohne Eurofighter schützen?

Kunasek: Das wäre schwierig. Ohne aktive Luftraumüberwachung sind Großveranstaltungen – ich erinnere an die EURO 2008 – nicht denkbar. Daher gibt es auch das klare Bekenntnis der Regierung zur Luftraumüberwachung. Mit welchem Gerät dies in Zukunft auszugestalten ist, wird sich erst in den nächsten Monaten klären. Bis Ende des Jahres entscheiden wir, um einen reibungslosen Übergang, auch von der auslaufenden Saab 105, zu ermöglichen.

STANDARD: Konkret steht die Entscheidung an, ob die Eurofighter ein Update bekommen oder ob es neue Abfangjäger geben soll. Will sich die türkis-blaue Koalition tatsächlich mit einer Neuanschaffung belasten?

Zum Start des dritten U-Ausschusses rund um die Eurofighter erklärt Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ): "Konkrete Verdachtsmomente gehören aufgeklärt, aber eine Politshow schadet dem Parlamentarismus."
Foto: Matthias Cremer

Kunasek: Dass das eine emotionale Diskussion gäbe, ist natürlich klar – das wird auch in Zukunft so sein. Daher versuche ich das ohne das Bauchgefühl des Ministers, ohne allzu viel Emotion zu gestalten. Im Parlament gibt es Peter Pilz, der mir dazu schon alles Mögliche ausgerichtet hat, auf das ich gar nicht reflektiere – weil das die Entscheidungsfindung nicht erleichtern würde. Es gilt, auf sachlicher Ebene mit der ÖVP und auch der eigenen Parteispitze eine Lösung zu finden – und dass jede dieser Lösungen Geld kostet, ist allen Beteiligten klar.

STANDARD: Man könnte die Eurofighter wie auch die Draken und die Saab 105 auch weiterfliegen lassen – bis sie nicht mehr können.

Kunasek: Nach Ansicht der Luftraumevaluierungskommission, die ich einberufen haben, wäre dieser Zeitpunkt bald erreicht – das erinnert mich an die Alouette-Hubschrauber, wo auch bis zum letzten Abdruck von meinen Vorgängern nicht über eine Nachfolge entschieden wurde. So schaut verantwortungsvolle Vorausplanung aber nicht aus.

STANDARD: Kommende Woche startet der dritte Eurofighter-Untersuchungsausschuss – was erwartet sich die FPÖ von dem Aufklärungsgremium?

Kunasek: Es ist das gute Recht des Parlaments, zu untersuchen, zu kontrollieren und Missstände aufzuzeigen. Ich weiß aber nicht, was da großartig Neues herauskommen soll. Doch es ist nicht meine Aufgabe als Minister, die Arbeit des Parlaments zu kritisieren. Aber ich war auch als Abgeordneter immer der Meinung: Konkrete Verdachtsmomente gehören aufgeklärt, aber eine Politshow schadet dem Parlamentarismus.

STANDARD: Als Minister treten Sie für ein höheres Militärbudget, eine Verlängerung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate plus zwei Monate Übungen sowie einen höheren Sold für Rekruten ein. Wie geht es Ihnen damit, dass die ÖVP zu alledem Nein sagt?

Kunasek: Sie sagt nicht überall Nein. Sie ist ja auch eine Sicherheitspartei – und gerade jetzt haben wir ja ein Katastrophenschutzpaket inklusive neuer Hubschrauber und Lkws beschlossen. In anderen Bereichen sind wir uns nicht ganz einig. Als Ressortverantwortlicher ist es aber meine Verantwortung, darauf zu verweisen, wenn etwas nicht funktioniert. Und da ist im Bereich der Miliz einiges zu verbessern – wir haben mit dem "Sechs plus zwei"-Modell bessere Erfahrungen gemacht.

STANDARD: Agiert die ÖVP da populistischer, wenn es um Geld oder längere Dienstzeit geht?

Wie sich der Heeresminister mit dem Oberbefehlshaber tut? Kunasek: "Gut! Ich bin froh, dass er auch daran interessiert ist, dass das Bundesheer bald wieder ein entsprechendes Budget bekommt – und wir haben auch schon gemeinsam diverse Übungen besucht."
Foto: Matthias Cremer

Kunasek: Auch die ÖVP hat Interesse, das Bundesheer zu stärken und nicht zu schwächen. Selbstverständlich würde ich mir ein höheres Budget wünschen, damit auch entsprechende Planbarkeit gegeben ist. Der Etat für 2018/19 ist zu akzeptieren gewesen, aber wir müssen danach trachten, dass das Budget eine ordentliche Steigerung erfährt. Denn nicht nur die Hubschrauber, auch die Land- und Straßenmobilität sind ein Riesenthema – und die jetzt beschlossenen 30 Millionen Euro sind noch lange nicht der Gesamtbedarf. Das ist ein Punkt, der uns seit den 1990er-Jahren beschäftigt – als ich 1995 in St. Michael eingerückt bin, haben wir schon die Transportprobleme gehabt.

STANDARD: Wie tun Sie sich mit dem Oberbefehlshaber? Dem Vernehmen nach hat sich ja auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen für neue Hubschrauber ausgesprochen.

Kunasek: Gut! Gewisse Einschätzungen von ihm teile ich zwar nicht, aber ich bin froh, dass es einen Oberbefehlshaber gibt, der sich für die Truppe interessiert und der auch daran interessiert ist, dass das Bundesheer bald wieder ein entsprechendes Budget bekommt – und wir haben auch schon gemeinsam diverse Übungen besucht.

STANDARD: Beim Treffen der EU-Verteidigungsminister werden Sie den in Österreich seit Jahrzehnten praktizierten Assistenzeinsatz des Heeres für die Polizei an der Grenze als Vorschlag für einen verstärkten EU-Außengrenzschutz präsentieren. Wie viele Soldaten könnte Österreich entsenden?

Kunasek: Da geht es zunächst noch nicht darum, wie viele Soldaten man an welche Grenze stellt, sondern darum, unser Modell zu erklären. Wir wissen, dass es da großes Interesse gibt. Aber erst dann kann man die Größenordnung festlegen – und welcher Teil davon allenfalls von Österreich gestellt werden kann.

STANDARD: Das sind ja kommunizierende Gefäße: Wenn die EU-Außengrenzen geschützt sind, brauchen wir das Heer an der steirischen EU-Binnengrenze nicht mehr?

Kunasek: Uns allen geht es ja darum, die nationalen Grenzen nicht mehr schützen zu müssen – und natürlich würden da Kapazitäten frei. Der eine Schwerpunkt ist die Außengrenze und ihre Sicherung, der zweite der Westbalkan – wo wir ja Truppensteller sind, um Sicherheit dorthin statt Unsicherheit nach Europa zu bringen.

STANDARD: Sie sind einer der wenigen in der FPÖ-Regierungsmannschaft, die bei keiner Verbindung sind. Angesichts der nun eingestellten Causa Germania zu Wiener Neustadt: Sind Sie froh, nie bei deutschnationalen Burschenschaften angestreift zu haben?

Kunasek: An sich hat das mein Lebenslauf nicht zugelassen: Vielleicht wäre es ja anders gekommen, wenn ich Matura gemacht hätte, Student gewesen wäre. Aber so hat sich für mich die Frage des Beitritts zu einer Burschenschaft nie gestellt. Aber natürlich habe ich mit unzähligen Korporierten Kontakt und auch stets gut mit ihnen zusammengearbeitet. Also lass ich über die auch nichts kommen, weil die lupenreine Demokraten sind. Und wie man bei der Geschichte rund um Udo Landbauer als FPÖ-Spitzenkandidat in Niederösterreich sieht, der ja mittlerweile rehabilitiert ist ...

STANDARD: ... konkret wurde die Causa Germania rund um das NS-Liederbuch wegen Verjährung und aus Mangel an vorliegenden Beweisen eingestellt ...

Kunasek: Jedenfalls bin ich froh für den Udo – und ich wünsch' ihm alles Gute, wenn er sein Mandat wieder annimmt. Natürlich haben Bücher mit solchem Liedern nichts bei den Burschenschaften verloren.

STANDARD: Weil Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer (ÖVP), ohnehin schon mit einigen Ämtern ausgestattet, ab September auch noch Nationalbankpräsident wird: Gegen solche Multifunktionäre hat sich die FPÖ in Oppositionsjahren doch stets starkgemacht?

Kunasek: Grundsätzlich gibt es für den Koalitionspartner ÖVP die Möglichkeit, für den Posten jemanden aus ihren Reihen zu nominieren – und das muss jeder mit sich selbst vereinbaren können. Ich werde auch oft gefragt: Wie kannst du steirischer Landesparteiobmann sein und gleichzeitig Minister? Auch die Partei muss wissen, ob sie das mittragen kann, ich habe das auch mit meinem Bundesobmann, also mit Heinz-Christian Strache, besprochen.

"Ich bin da nicht eitel": Nach erfolgreich geschlagener Landtagswahl in der Steiermark würde Kunasek dort auch den Landeshauptmannstellvertreter machen.
Foto: Matthias Cremer

STANDARD: Spätestens 2020 wird in der Steiermark ein neuer Landtag gewählt. Werden Sie den Job als Verteidigungsminister abgeben, um Landeshauptmann zu werden?

Kunasek: Bis 2019 bin ich noch gewählter FPÖ-Obmann in der Steiermark – und ich trete für das Amt des Landeshauptmanns an, wenn ich von der Partei dafür vorgeschlagen werde. Das ist noch nicht passiert, aber ich habe die persönliche Bereitschaft kundgetan. Im Jahr 2015 haben wir sechszehn Prozent dazugewonnen, ohne dass jemand mit uns über eine Regierung verhandelt hätte. Ich gehe davon aus, dass wir diesmal in der Steiermark so stark werden, dass man mit uns zumindest in Koalitionsgespräche eintreten muss. Wer auch immer dann mein Partner wäre, der sagt: Wir machen das mit dem Mario Kunasek und der FPÖ, dann würde ich die Verantwortung annehmen – wenn es ein Regierungsprogramm gibt, das mit unserem Wahlprogramm vereinbar ist.

STANDARD: Sie würden auch den Landeshauptmannstellvertreter machen?

Kunasek: Ich bin da nicht eitel.

STANDARD: Obwohl man da vielleicht weniger gestalten kann als ein Verteidigungsminister?

Kunasek: Für das Bundesland kann man als Landeshauptmannstellvertreter mehr gestalten – auch wenn man als Minister versuchen kann, sein Heimatbundesland zu stärken, etwa indem man sicherstellt, dass auch die neuen Heereshubschrauber in Aigen im Ennstal stationiert werden.

STANDARD: Klingt alles wie bei STS: "I wüll wieder ham!"

Kunasek: So drastisch würde ich es nicht ausdrücken, denn es gibt kaum ein schöneres Amt als das des Verteidigungsministers – vor allem wenn man als Soldat den Stallgeruch mitbringt. (INTERVIEW: Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, 29.8.2018)