Teheran – Ist er es wirklich? Wer den Twitter-Account von @Ahmadinejad1956 findet, muss sich diese Frage zunächst einmal stellen. Denn dort kommentiert der ehemalige iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad, der sein Land von 2005 bis 2013 als Hardliner geführt hat, als "Ehemann, Vater, Großvater, Uni-Professor, Präsident, Bürgermeister und stolzer Iraner" das Weltgeschehen.

Vor allem aber scheint es ihm in letzter Zeit der Sport angetan zu haben: So schaltete sich der 61-Jährige, dessen Account mit blauem Häkchen verifiziert ist, zuletzt etwa in die Debatte zwischen US-Präsident Donald Trump und Basketball-Superstar LeBron James ein und gratulierte dem iranischen Kabbadi-Nationalteam zu Erfolgen bei den Asienspielen in Indonesien.

Gegen Kleiderordnung (beim Tennis)

Für Verblüffung sorgte aber vor allem der Drang Ahmadinejads, sich zur Debatte über die Kleiderordnung bei den French Open zu äußern. Er begreife nicht, wieso "die French Open Serena Williams respektlos behandeln", schrieb er auf Twitter zur Diskussion über die Weltranglisten-Erste, die beim Tennisturnier in Paris mit einem schwarzen Ganzkörperanzug angetreten war und sich deshalb Forderungen nach ihrer Disqualifikation ausgesetzt sah.

"Leider haben manche Leute, auch in meinem eigenen Land, die wahre Bedeutung der Freiheit noch nicht erkannt", schrieb der Politiker, der in seiner Regierungszeit die berüchtigte Sittenpolizei bei ihren Versuchen unterstützte, Iranerinnen gewalttätig zu züchtiger Verschleierung zu zwingen.

Neue Themen, alte Themen

Dafür, dass es sich um den "echten" Ahmadinejad handelt, sprechen neben dem blauen Häckchen und zahlreichen Bildern auch die politischen Zwischenrufe im Account. So bleibt der ehemalige Regierungschef, der auch eine international verurteilte Holocaust-Cartoon-Ausstellung organisieren ließ, seinem latenten Antisemitismus und offenen Antiamerikanismus auch auf Twitter treu. Er wettert unter anderem gegen die "Konzentration des Reichtums" bei einer "kleinen Elite von Managern", die "Diktatur des Dollars" und "Zionisten", die "den amerikanischen Bürgern immer Probleme machen".

Dem 2013 verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez wünschte er Ende Juli via Twitter "Happy Birthday" – er vermisse ihn noch immer jeden Tag.

Ahmadinejad, unter dessen Regierungszeit ein noch immer gültiges Twitter-Verbot im Iran erlassen wurde, ist seit März 2017 in dem sozialen Netzwerk aktiv. Nachdem sich Pläne für eine Präsidentschaftskandidatur wenig später aber zerschlugen, war es einige Zeit still um ihn geworden. Seit Anfang August ist er aber wieder verstärkt aktiv, wie auch der STANDARD schon berichtete.

Throwback Thursday mit Mahmud

Auffällig ist auch dabei, dass er sich um höfliches Auftreten bemüht – auch bei Themen, die gegen die iranische Regierung von Hassan Rohani gerichtet sind. Anfang des Monats etwa richtete er an "Mr @realdonaldtrump" die Bitte, eine Liste jener Verwandten von iranischen Regierungsmitgliedern zu veröffentlichen, die in den USA Konten oder Green Cards besitzen, "wenn es eine solche Liste denn gibt". Versehen sind die Meldungen stets mit den passenden Hashtags, eine Erinnerung an seine Pilgerfahrt nach Mekka betextete er etwa mit "#TBT to my pilgrimage to the Holy city of Mecca".

Dass er sich von Twitter so schnell wieder trennen könnte, scheint nicht wahrscheinlich. In einem seiner jüngsten Tweets ließ er sich vor einem Apple Macbook Air ablichten, in das er gerade einen Tweet tippt. "Hatte heute einen stressigen Tag. Aber für Twitter nehme ich mir immer Zeit", schreibt er dazu. Sorgen, zum Ziel der US-Geheimdienste zu werden, scheinen ihn dabei nicht zu plagen. Die Kamera das Macbooks ist offen und nicht verklebt. (mesc, 29.8.2018)