Wien spart wegen Deutschklassen bei anderen Sprachen.

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Wien – Mit Beginn des neuen Schuljahrs starten auch die von der türkis-blauen Bundesregierung beschlossenen Deutschklassen. Österreichweit geht man von 700 solchen Klassen aus, in Wien sind es 300. In 41 Schulen der Bundeshauptstadt kommt es zu "integrierten Lösungen", da aufgrund der Raumproblematik keine eigenen Klassen möglich sind.

Bei einem Pressegespräch kündigte Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Mittwoch an, aufgrund der Deutschklassen bei anderen Fördermaßnahmen einsparen zu müssen. Der Bund habe nämlich die Mittel für 300 Posten beim Unterstützungspersonal gestrichen – Integrationslehrer und Schulpsychologen fallen da etwa darunter. Um die Deutschklassen mit ausreichend Personal beschicken zu können, muss nun in diesem Bereich eingespart beziehungsweise umgeschichtet werden. Als Konsequenz nannte der Stadtrat nun Streichungen etwa beim Muttersprachenunterricht oder beim Einsatz von Native Speakern im Englischunterricht.

"Wirklicher Rückschritt"

Czernohorszky wiederholte seine Kritik an der Bundesregierung, die er schon beim Beschluss der Deutschklassen artikuliert hatte. Er bezeichnete deren Einführung als "wirklichen Rückschritt". Alle Studien würden belegen, dass Kinder gemeinsam besser lernen. "Die Skepsis bleibt bestehen", sagte der Stadtrat. Wien vertrete die Meinung, dass die Schulstandorte selbst entscheiden sollten, welche Maßnahmen zur Deutschförderung gesetzt werden.

Zielgruppe der neuen Deutschklassen sind Kinder, die dem Unterricht aufgrund sprachlicher Probleme nicht ausreichend folgen können und deshalb als außerordentliche Schüler eingestuft wurden. Betroffen sind Taferlklassler sowie ältere Quereinsteiger. In den Deutschklassen wird im Ausmaß von 15 bis 20 Wochenstunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet – für Gegenstände wie Zeichnen, Musik oder Turnen werden die Kinder altersgemäß den Regelklassen zugeteilt.

Gemeinsamer Unterricht in den ersten drei Wochen

Eine Sonderregelung gibt es an 41 Wiener Standorten. Weil dort aus räumlichen Gründen keine eigenen Deutschklassen eingerichtet werden können, wird sogenannter Abteilungsunterricht beziehungsweise "integrierter Unterricht" abgehalten. Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer führte aus, dass die geförderten Kinder im Klassenraum bleiben – mit einer zusätzlichen Lehrkraft wird es allerdings getrennten Unterricht geben. Wobei er nicht glaubt, dass das Aufstellen von Paravents zielführend sei.

Eine weitere Sonderregelung betrifft die ersten drei Schulwochen. Da werden die Kinder – egal ob förderbedürftig in Deutsch oder nicht – gemeinsam unterrichtet. Erst danach erfolgt die Aufteilung in die separaten Deutschklassen. Kinder, die in dem halben Jahr seit der Schuleinschreibung ihre Sprachkenntnisse stark verbessert haben, haben die Chance, in den normalen Regelunterricht zu wechseln.

Auch nach jedem Semester werden die Sprachfortschritte überprüft, die Kinder können dann gegebenenfalls in den Regelunterricht wechseln.

"Politische Bildung ernst nehmen"

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), ebenfalls bei der Pressekonferenz anwesend, die an einem neuen Schulstandort in Wien-Stammersdorf stattfand, betonte die allgemeine Wichtigkeit von Bildung. Diese sei "von ganz zentraler Bedeutung". In Hinblick auf die Ereignisse von Chemnitz sagte er: "Wir müssen politische Bildung ernst nehmen und gegen jede Form von Radikalisierung auftreten." (Rosa Winkler-Hermaden, 29.8.2018)