Polternde Parlamentarier sind Irmgard Griss ein Graus: Die Neos-Abgeordnete arbeitet an einem Verhaltenskodex für Mandatare.

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Welche moralischen Maßstäbe gelten für Abgeordnete, wenn das Gesetz keine Antwort hat? Diese Frage wurde im Zuge der Causa Dominik Schrott intensiv diskutiert. Der Tiroler ÖVP-Abgeordnete legte am Sonntag sein Mandat zurück, der Druck auf ihn und seine Familie sei zu groß geworden.

Einen Verhaltenskodex für Abgeordnete kennt das österreichische Parlament nicht. Ihre Verpflichtungen sind nicht gebündelt, sondern teilweise in der Geschäfts- oder in der Hausordnung geregelt.

Schattenzonen und laxe Korruptionsbekämfung

Im Februar 2017 riefen die fehlenden Bestimmungen die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (Greco) auf den Plan: Vor allem die Schattenzonen und die laxe Korruptionsbekämpfung missfielen dem Europarat. Sie empfahlen vor allem Regeln für den Kontakt mit Dritten, also mit Lobbyisten, oder eine exakte Auflistung der Nebeneinkünfte. Auch Sanktionen standen in dem Bericht. Doch vorgezogene Neuwahlen verhinderten parteiübergreifende Gespräche.

Erst im Sommer 2018 trat eine Arbeitsgruppe zusammen, auch ein zweites Treffen hat es gegeben. Dort sind alle Parteien vertreten. Karl Mahrer (ÖVP), Klaus Feichtinger (SPÖ), Robert Lugar (FPÖ), Irmgard Griss (Neos) und Wolfgang Zinggl (Liste Pilz) diskutieren die Vorgaben, die Parlamentsdirektion moderiert den Prozess. "Es ist eine rechtspolitische Diskussion", erklärt Parlamentsdirektor Harald Dossi dem STANDARD. Gerade beim Thema Unvereinbarkeiten, die ja Regeln über gesetzliche Verpflichtungen betreffen, sei es heikel. Bis Februar 2019 soll das Regelwerk fertig sein, als Vorbild gelten die Vorgaben für den Deutschen Bundestag.

Neue Dringlichkeit

Griss sieht eine neue Dringlichkeit: "Die Causa Schrott hat gezeigt, wie notwendig ein Verhaltenskodex ist." Allerdings gebe es auch bei manchen Abgeordneten gewisse Abwehrreflexe gegen das Vorhaben. Bereits vor dem Sommer wurde intensiv über mögliche Sanktionen bei Zwischenrufen diskutiert. Bisher gilt, dass "Anstand und Würde des Hauses" nicht verletzt werden dürfen. Doch wie diese definiert werden, sei vielen nicht klar. Das will Griss genau abgrenzen. "Eine Korrektur ist natürlich in Ordnung, ein Zwischenruf darf aber nicht erfolgen, um den Redner zu irritieren", erinnert die Neos-Abgeordnete an teils sexistische und rassistische Äußerungen.

Mögliche Blockade

Geht es nach Zinggl, sollen nicht nur die moralischen Richtlinien überarbeitet werden. Er betont: "Österreich darf nicht Schlusslicht bei der Korruptionsbekämpfung sein. Das Parlament ist gut beraten, die Empfehlungen möglichst schnell umzusetzen."

Wie die Vorgaben letztlich verwirklicht werden und ob sie in ein Gesetz gegossen werden, ist offen: Für Gesetzesänderungen braucht es eine einfache Mehrheit, die ÖVP und FPÖ haben. Sie könnten das Vorhaben aber auch blockieren, wenn sie Gründe finden, den Empfehlungen nicht zu folgen. (Marie-Theres Egyed, 30.8.2018)