Wenn wir etwas schenken, hoffen wir darauf, unser Gegenüber zu entzücken. Das ist eher kurzfristig und -sichtig, bilanzieren Psychologen in einer neuen Studie.
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Singapur – Ein Buch schenken, Gutscheine oder gar Bargeld? Langweilig! Das denken sich viele und schrecken daher vor der unoriginellen Idee zurück – durchaus auf Kosten der Beschenkten, die damit langanhaltende Freude hätten, bilanzieren Forscher der Universität Singapur. Sie haben untersucht, was für die vermeintlich selbstlose Gabe in der Regel den Ausschlag gibt: Wir hoffen bei der Geschenkauswahl auf eine möglichst starke Gefühlsreaktion des Beschenkten.

Das Experiment

Das Team um Adelle Yang führte im Rahmen eines Online-Experiments Versuche mit insgesamt 357 Probanden durch, die entweder die Rolle von Schenkern oder Beschenkten einnehmen sollten. Diesen wurden jeweils Paare von Gegenständen mit unterschiedlichem Wow-Faktor vorgeführt: zum Beispiel eine personalisierte Tasse versus eine ergonomisch designte, ein voll erblühter Rosenstrauch versus zwei, deren Blüten noch geschlossen waren, und so weiter.

Alle Befragten stimmten in der Bewertung überein, welches der beiden Geschenke jeweils den höheren Wow-Faktor hat. Wurden sie nach ihren Präferenzen gefragt, endeten die Gemeinsamkeiten jedoch. Die Schenker präferierten beispielsweise die personalisierte Tasse – die Beschenkten gaben keiner der beiden Varianten den Vorzug. Auf Dauer greift man doch ganz gern zur "langweiligen" Tasse, die die Ergonomie berücksichtigt.

Die Freude an der Freude

Laut Yang antizipieren wir, auf welches Geschenk die Reaktion am enthusiastischsten ausfällt und treffen danach unsere Wahl – zu Lasten von Dingen, die längerfristige Freude bereiten würden. Als Bestätigung der "Smile-Seeking Hypothesis" werten die Forscher Erkenntnisse aus weiteren Studien, dass die Präferenz für Geschenke mit Wow-Faktor auch bei den Schenkern verschwindet, wenn sie beim Öffnen des Pakets nicht dabei sein dürfen.

Yang geht es dabei weniger um den – nicht überraschenden – Hinweis darauf, dass das Schenken eine durchaus egoistische Komponente enthält, weil es dem Schenkenden auch selbst Freude bereiten soll. Die Forscherin betont, dass der dahinterstehende psychologische Mechanismus in ernsteren Kontexten als dem des Schenkens ebenfalls Konsequenzen haben kann: Überall dort, wo Menschen beruflich die Aufgabe haben, medizinische, finanzielle oder karrierebezogene Entscheidungen für andere zu treffen. Wenn wir uns bei solchen Entscheidungen eher von kurzfristigen Reaktionen als von potenziell langanhaltendem Nutzen leiten lassen, treffen wir nicht immer die besten. (red, 1. 9. 2018)