Los Angeles – Superreiche statt Superhelden: Eine moderne, in Singapur überaus pittoresk in Szene gesetzte Cinderella-Geschichte hat in den USA einen kulturellen Nerv getroffen. Crazy Rich Asians sorgt nicht nur für Kassenrekorde, sondern wird als geradezu bahnbrechend gefeiert.

Ausgeweiteter Kinoeinsatz

Erstmals seit 25 Jahren ist eine Hollywood-Großproduktion, die im Heute spielt, mit Schauspielern asiatischer Abstammung besetzt. Rund 90 Millionen Dollar hat die Romantic Comedy in den USA in den ersten drei Wochen eingespielt und Platz eins der Kino-Charts besetzt. Nach einem zögerlichen Start wird der Kinoeinsatz ab diesem Wochenende auch hierzulande ausgeweitet.

Bild nicht mehr verfügbar.

Taucht als Rachel in "Crazy Rich Asians" in die Welt der Superreichen Singapurs ein: Constance Wu.
Foto: AP

Mit viel Witz und Esprit erzählt die Verfilmung eines Bestsellers von Kevin Kwan eine stockkonservative Geschichte. Die aus armen Verhältnissen stammende Rachel (Constance Wu) ist Ökonomieprofessorin in New York. Um die Familie ihres Freundes und Professorenkollegen Nick (Henry Golding) kennenzulernen, folgt sie ihm zur Hochzeitsfeier seines besten Freunds nach Singapur. Nick entpuppt sich als maßlos reicher Märchenprinz mit dem Herz am rechten Fleck. Michelle Yeoh, einem westlichen Publikum durch Tiger & Dragon und den Bond-Film Der Morgen stirbt nie bekannt, gibt mit viel Noblesse und fern jeglicher Karikatur die klassenbewusste Schwiegermutter in spe, die sich dem Liebesglück vorerst entgegenstellt.

Nicht ohne Familie

Das obligatorische Happy End mag sich der Liebe beugen, gegen den Willen der Familie ginge hier aber nicht viel. Dynastischer Luxus und Reichtum werden lustvoll und ohne falsche Scham zelebriert. Entscheidend für ein erfolgreiches Identifikationsangebot: Menschen asiatischer Abstammung, egal ob soziale Aufsteiger oder etablierter Geldadel, werden nicht als Opfer, sondern als selbstbewusste Akteure gezeigt – im US-Mainstream-Kino keine Selbstverständlichkeit.

Ähnlich wie Anfang des Jahres Black Panther in der schwarzen Bevölkerung, hat Crazy Rich Asians nun in der asiatischstämmigen Community Nordamerikas eine Euphorie ausgelöst. Jon M. Chus Film wird als Beispiel für gelungene Diversität gefeiert. Kritische Stimmen, die im Fokus auf eine hauchdünne Schicht Superreicher eine Verzerrung sehen, kommen von außerhalb der USA.

Trailer zu "Crazy Rich Asians".
Warner Bros. Pictures

Das Marktpotenzial, das mit Crazy Rich Asians angezapft wurde, ist jedenfalls enorm. Laut der Verleihfirma Warner waren rund 38 Prozent des Publikums am entscheidenden Startwochenende in den USA asiatischer Abstammung, während dieser Anteil normalerweise bei nur zehn Prozent liegt. Ein lukratives Netflix-Angebot wurde bewusst zugunsten der großen Leinwand ausgeschlagen. Dem an den Kinokassen seit Jahren schwächelnden Rom-Com-Genre hat Crazy Rich Asians eine Frischzellenkur verpasst.

Auch im Wiener Haydn-Kino, das die Originalfassung zeigt, war die Abendvorstellung am Donnerstag ausverkauft. Als sich im Abspann eine neue Geschichte andeutet, wird gejohlt. Eine Fortsetzung ist bereits in Planung. (Karl Gedlicka, 31.8.2018)