Nicht auf persönliche Angriffe eingehen, sich nicht verteidigen, sondern zu den Inhalten zurückkehren und um mehr Sachlichkeit bitten.

Foto: istock
  • Attackieren Sie auf persönlicher Ebene

Wer braucht schon Sachargumente, wenn man seinen Gegner auf der persönlichen Ebene angreifen kann. "Ad hominem"-Attacken zerstören jedes Gespräch, aber sie bringen den anderen in die Defensive. Besonders effektiv ist es, dem anderen unlautere Motive vorzuwerfen.

"Kein Wunder, dass Sie das vertreten, Sie würden ja selbst davon finanziell profitieren."

"Sie haben ja in Ihrem Leben noch nie richtig gearbeitet, woher wollen Sie das wissen?"

"Als Anwalt sind Sie es ja gewohnt, Fakten zu verdrehen."

Was kann man dagegen tun? Nicht auf die Angriffe eingehen, sich nicht verteidigen, sondern zu den Inhalten zurückkehren und um mehr Sachlichkeit bitten.

  • Versetzen Sie die Torpfosten

"Moving the goalposts" – die Torpfosten versetzen: So nennt man eine Technik, die gerne dann eingesetzt wird, wenn man dabei ist, ein Argument zu verlieren. Sie wird etwa gerne von Kreationisten eingesetzt, die in Debatten von Befürwortern der Evolutionstheorie Belege verlangen, diese dann als unzureichend abtun und erklären, Charles Darwins Theorie sei weiterhin unbewiesen. Wird eine Quelle zur Bekräftigung eines Arguments zitiert, heißt es, diese ist nicht glaubwürdig oder sei nur eine Einzelmeinung.

Gewinnen kann man damit nicht, aber dem anderen einen Sieg verwehren. Am besten reagiert man darauf, indem man darauf hinweist: "Ich werde Sie nie überzeugen können, wenn Sie ständig die Spielregeln ändern".

  • Verzerren Sie die Argumente

"Strohmann-Argument" heißt die Technik, wenn die Positionen des Gegners verzerrt und dann gegen diesen "Strohmann" argumentiert wird. Wer für eine tolerante Haltung zum Islam eintritt, dem wird Terrorunterstützung vorgeworfen. Wer Grenzen für die Zuwanderung unterstützt, bekommt zu hören, er wolle Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lassen. "Wir können ja nicht alle reinlassen", lautet das Strohmann-Argument der anderen Seite. Gerne werden auch andere Quellen zitiert und wird dann so getan, als wäre das die Meinung des Diskussionsgegners und dieser dafür verantwortlich.

Darauf gut zu reagieren ist nicht leicht. Sätze wie "Das habe ich nicht gesagt" und "Bitte verdrehen Sie mir nicht meine Worte im Mund" können helfen.

  • Erzählen Sie Anekdoten

Statistiken mögen ein recht präzises Bild der Realität zeichnen, aber Geschichten klingen viel besser. Wann immer jemand mit Fakten oder Zahlen kommt, erzählen Sie eine Anekdote, die das Gegenteil belegt. Je berührender die Episode, desto stärker ihre Wirkung, auch wenn sie eigentlich nichts beweist. Vor allem beim Thema Migration werden ständig Einzelfälle in die Debatte eingebracht, um die eigene Position zu belegen. Da ist die Rede von kriminellen Flüchtlingen oder von Zuwanderern, die gut Deutsch gelernt und einen Job haben.

Die logische Antwort darauf ist: "Das beweist gar nichts." Aber die verpufft oft. Besser wirkt manchmal, man erzählt eine andere Anekdote und erläutert, warum diese relevanter ist.

  • Ziehen Sie falsche Vergleiche

Jeder Vergleich hinkt bekanntlich, aber das heißt nicht, dass er in Diskussionen nicht effektiv eingesetzt werden kann. Denn der Mensch denkt stets in Analogien, und Vergleiche schaffen ein gedankliches Muster, dem man nicht mehr so leicht entkommt. So ist jeder staatliche Eingriff in die Wirtschaft wie die Planwirtschaft der Sowjetunion, und jede wirtschaftliche Liberalisierung eine Neuauflage des Thatcherismus. Wer in der Früh einen Kaffee zum Aufwachen braucht, tickt genauso wie ein Alkoholiker. Der König aller Vergleiche ist übrigens Adolf Hitler, vor allem im Internet. Laut dem Godwin-Gesetz aus dem Jahr 1990 landet jede Debatte, so sie lange genug geführt wird, bei einem NS-Vergleich.

Wie reagiert man darauf am besten?_Schwierig. "Das lässt sich nicht vergleichen" ist zwar richtig, klingt aber immer ein wenig lahm ...

  • Zerstören Sie das Gespräch

Die böseste, aber oft auch wirkungsvollste Strategie ist es, das Gespräch bewusst zu zerstören. Dafür gibt es verschiedene Wege.

  • Unterbrechen Sie den Diskussionspartner bei jeder Gelegenheit und werfen ihn so aus seinem Rede- und Argumentationsfluss. Das geht auch durch Zwischenfragen wie "Wie meinen Sie das?" oder "Finden Sie das gut?" Das wirkt weniger aggressiv, ist es aber doch.
  • Stellen Sie sinnlose Fragen, die den Gegner dumm aussehen lassen, wenn er nicht darauf antworten kann. "Wissen Sie denn nicht, was Descartes dazu gesagt hat?"
  • Widersprechen Sie ständig, bei jeder noch so unbedeutenden Aussage, und zeigen Sie auch durch Ihe Körperhaltung, dass Sie alles, was Sie hören, für falsch und empörend halten.
  • Verwenden Sie allgemeine Floskeln, die keinen Widerspruch zulassen: "Jeder mit gesundem Menschenverstand wird bestätigen ..."
  • Verbeißen Sie sich in kleine faktische Fehler oder Versprecher Ihres Gegners und lassen Sie nicht mehr los.

Was tun? Weisen Sie den Gegner darauf hin, dass Sie seine Taktik durchschauen. Wenn das nichts nützt: Brechen Sie das Gespräch ab.

  • Spielen Sie den Moralisten

Moralisch aufgeladene Empörung kommt in Diskussionen immer gut an. Wer sich als der Verteidiger der Menschenwürde, der Beschützer der Schwachen oder der Retter der westlichen Zivilisation aufspielt, der nimmt seinem Gegner jede ethische Legitimität. Besonders wirkungsvoll ist es, wenn der Vorwurf mit viel Emotionalität und Sätzen wie "Ich kann es gar nicht glauben, dass Sie so etwas vertreten!" begleitet wird. Gerät eine Diskussion einmal in eine solche Schieflage, dann haben Sachargumente kaum noch eine Chance.

Um dies zu parieren, sollte man selbst ein wenig emotional werden; das wirkt authentisch. "Sie wollen mir doch nicht vorwerfen, dass ich so etwas denke?" kann dem Angriff die Schärfe nehmen. Dann aber sollte man rasch wieder zu Sachlichkeit zurückkehren. (Eric Frey, 31.8.2018)