2016 gewannen die Schwestern Yusra (links) und Sarah Mardini noch einen Preis für ihr Engagement.

Foto: AFP/AXEL SCHMIDT

Drei Jahre ist es her, da wartete im Meer auf Sarah Mardini der Tod. Auf sie, ihre Schwester Yusra und auf alle 19 Menschen im Schlauchboot, das die beiden Schwimmerinnen hinter sich herzogen, nachdem der kleine Motor ausgefallen war.

Das Leben – oder zumindest das Überleben – es wartete an der Küste der griechischen Insel Lesbos. Nach vielen Stunden im Wasser hatten die jungen Frauen aus Damaskus es schließlich geschafft. Sie retteten sich selbst und die anderen Flüchtlinge und gerieten so ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, das sich nur ab und zu einzelne Gesichter aus der anonymen Menge der Migranten pickt.

Nun ist es ausgerechnet Griechenland, das Land ihrer Rettung, das Sarah Mardini nicht gehen lassen will. Diese hat mittlerweile ein neues Leben begonnen, hat sich in Berlin niedergelassen, wo sie an einer kleinen Privatuniversität Politik und Wirtschaft studiert. Eigentlich wollte sie heute, Montag, ihr Studium wieder aufnehmen, nachdem sie für einige Monate nach Griechenland zurückgekehrt war, um dort anderen Geflüchteten zu helfen. Doch daraus wird vorerst nichts: Die mittlerweile 23-Jährige, die vergangene Woche auf Lesbos festgenommen worden war, sitzt nach wie vor im Gefängnis.

Menschenschmuggel als Vorwurf

Wie ihr Anwalt inzwischen mitteilte, wiegen die Vorwürfe schwer: Was für Sarah Mardini Flüchtlingshilfe war, ist für die Justiz Menschenschmuggel. Die griechischen Behörden sprechen im Zusammenhang mit Mardinis Verhaftung gar von der Zerschlagung eines "kriminellen Netzwerks", das Migranten bei der illegalen Einreise nach Griechenland helfe, und legen diesem unter anderem Geldwäsche und Spionage zur Last.

Sarah Mardini und ihre Schwester Yusra wuchsen in Damaskus auf. Ihr Talent fürs Schwimmen hatte sich früh gezeigt – wohl auch deshalb, weil ihr Vater als Trainer arbeitete. Beide schafften es ins syrische Nationalteam. Die Normalität des Alltags aber, meist Voraussetzung für nicht ganz alltägliche Sportkarrieren, ging im Bombenhagel des syrischen Bürgerkriegs unter. 2015 entschlossen sich die Mädchen zur Flucht.

Im Jahr darauf startete Yusra bei den Olympischen Spielen in Rio sogar für das neu ins Leben gerufene Flüchtlingsteam – und wurde Botschafterin des Uno-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR. Sarah wartet indes im Gefängnis auf ihren Prozess. Laut griechischem Recht kann das bis zu 18 Monate dauern. (Gerald Schubert, 2.9.2018)