Das Kind aus dem Tiefschlaf geholt, im komatösen Zustand (beiderseits) Frühstück verfüttert, schnell Zähne geputzt, gewaschen, angezogen, die Schultasche kontrolliert – und rasch, rasch raus auf die Straße, in den Frühverkehr, in Richtung Schule. Der Osten Österreichs hat ihn bereits hinter sich, den anderen Bundesländern steht er noch bevor – der Schock des ersten Schultags. Oder die Erleichterung. Wie man's eben sieht.

Glaubt man Umfragen und dem Bildungsministerium, das diese in Auftrag gegeben hat, sieht man das in Österreich eben sehr gespalten. Demnach ist die eine Hälfte der Eltern zufrieden und glücklich mit neun Wochen Schulferien – und die andere Hälfte ganz und gar nicht. Mit diesem Argument der "Pattsituation" hat das Bildungsministerium den jüngsten Vorstoß der Neos abgewehrt, die Sommerferien zu verkürzen und stattdessen etwas ausgedehntere Herbstferien einzuführen.

Für neun Wochen Sommerferien spricht, dass Schülerinnen und Schüler eine ausgedehnte Erholungsphase brauchen, denn Schule ist anstrengend, nicht nur für die Lehrerinnen und Lehrer. Dafür spricht auch, dass es bei anhaltenden Hitzeperioden wie in diesem Sommer tatsächlich schwer vorstellbar erscheint, wie Kinder und Pädagogen in den vielen renovierungsbedürftigen Schulgebäuden dieses Landes ausharren und dabei auch noch etwas Sinnvolles tun sollen.

Gegen lange Sommerferien spricht, so banal das klingen mag, einfach ihre – von vielen Eltern als unendlich empfundene – Länge. Wohin mit den Kindern? Wer hat schon neun Wochen Urlaub am Stück? Kaum jemand – mit Ausnahme von Lehrpersonal. Feriencamps? Die gibt es, nicht alle sind gut, aber die meisten sind teuer. Großeltern? Hat nicht jeder, und nicht alle Großeltern sind fit genug für die wochenlange Betreuung quirliger Volksschüler. Und so schön es ist, dass Kindern in den Schulferien ausgiebig Zeit bleibt zu "verwildern" und so lange nichts tun zu müssen, dass ihnen endlich richtig fad ist (eine wertvolle Quelle der Kreativität und Inspiration): Je länger diese Phase dauert, desto härter ist der Wiedereinstieg in die Schulzeitroutine im Herbst. Studien zeigen einen krassen Verlust an Erlerntem über den Sommer.

Dazu kommt, dass an vielen Schulen offenbar auch das Lehrpersonal Zeit braucht, um in die Gänge zu kommen. Eltern klagen etwa darüber, dass Stundenpläne zu Schulbeginn nicht feststehen, dass man an einigen Schulen (immer noch) erst peu à peu im Laufe des Septembers erfährt, welches besondere, zusätzliche Schulmaterial einzukaufen ist, wie Hefteinbände auszusehen haben et cetera. Das verursacht zusätzlichen Stress – und wenn sich endlich alle sortiert haben, dräuen schon wieder die ersten schulautonomen Tage. Die Sache hat aber ein Gutes: Dann können sich Kinder, Eltern und Lehrer zumindest kurz vom Schulbeginnstress erholen.

Das Bildungsministerium will den Neos-Vorschlag nicht ganz abwürgen. Stattdessen will man mit allen Beteiligten – Gegnern und Befürwortern verkürzter Sommerferien – noch einmal reden. Reden ist immer gut. Doch irgendwann sollte man auch einmal zu einem Ergebnis kommen. Und dieses sollte auch berücksichtigen, dass die meisten Eltern schulpflichtiger Kinder berufstätig sind – und zwar in der Privatwirtschaft. Mit fünf Wochen Jahresurlaub ist es schwierig, neun Wochen Sommerferien am Stück zu managen. (Petra Stuiber, 3.9.2018)