Kimi Räikkönen: "Es wird immer Optionen geben, generell im Leben".

Foto: APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC

Maranello – Kimi Räikkönen verzog keine Miene, als Lewis Hamilton schon die erste Abschiedsrede für ihn hielt. "Dieser Sport würde ihn vermissen. Er hatte eine unglaubliche Karriere und es war eine Ehre, gegen einen großen Finnen wie ihn zu fahren", versicherte der Formel-1-Weltmeister zuletzt in Monza und erzählte davon, wie er selbst einst an der Spielkonsole virtuell immer als Räikkönen antrat.

Räikkönen lauschte Hamiltons Hymne unbewegt, obwohl die Spekulationen um sein Aus bei Ferrari immer mehr Fahrt bekommen. "Es wird immer Optionen geben, generell im Leben", sagte der 38-Jährige nur.

Klarheit

Sein Team hat sich in der so wichtigen Zukunftsfrage nach dem künftigen Teamkollegen des deutschen Vierfach-Weltmeisters Sebastian Vettel in den vergangenen Wochen in die Zwickmühle manövriert. Eigentlich schien im Frühsommer schon beschlossen, dass der 20-jährige Ferrari-Nachwuchsmann Charles Leclerc von Sauber aufsteigt und im nächsten Jahr Räikkönen ersetzt. Doch der Rennstall verpasste es, öffentlich Klarheit zu schaffen – wohl auch, weil Räikkönen, 2007 der bisher letzte Ferrari-Weltmeister, weiter Fürsprecher im Team hat.

Nun ist die Saison in ihrer wichtigsten Phase, und das Hin und Her um Räikkönen belastet die Jagd von Vettel und der Scuderia nach dem WM-Titel. Auch der neue Ferrari-Boss drückte sich zuletzt in Monza um eine Antwort. "Nichts ist entschieden, und es gibt kein Zeitfenster", sagte Louis Camilleri. Dabei hatten sich da bereits die Hinweise verdichtet, dass sein Vorgänger Sergio Marchionne längst eine Entscheidung gefällt hatte. Der zupackende Italo-Kanadier soll vor seinem plötzlichen Tod im Juli einen Vorvertrag mit Leclerc geschlossen haben. Darin sei auch schon das Millionen-Gehalt für den Monegassen für die kommenden zwei Jahre vereinbart, berichtete die "Gazzetta dello Sport" am Dienstag.

Zweifel

Weil Räikkönen in seiner 16. Formel-1-Saison jedoch meist überzeugte, beschlichen Ferrari anscheinend Zweifel. So soll Teamchef Maurizio Arrivabene versucht haben, Leclerc für die kommende Saison beim Partner-Rennstall Haas zu parken, holte sich dort aber angeblich eine Abfuhr. Eine Abmachung mit Leclerc einfach zu brechen, dürfte auch keine Option für Ferrari sein. Das Toptalent wird schließlich von Nicolas Todt beraten, dem Sohn des Weltverbandspräsidenten und früheren Ferrari-Teamchefs Jean Todt.

Sollte Räikkönen bereits das Signal erhalten haben, dass sich sein zweites Engagement bei Ferrari dem Ende zuneigt, geht der Rennstall ebenfalls ein Risiko. Ob sich der WM-Dritte dann noch in der Rolle des Vettel-Domestiken fügen würde, ist offen. Vettel benötigt bei 30 WM-Punkten Rückstand auf Mercedes-Star Hamilton jede Unterstützung, die er bekommen kann.

In Monza war davon zuletzt nichts zu sehen. Räikkönen schnappte Vettel zuerst die Pole Position weg und konnte dem Deutschen nach dessen Unfall dann auch keine Schützenhilfe leisten. Hamilton bezwang den Finnen und gewann. "Jetzt ist es wichtig, als Team zu reagieren, geordnet und entschlossen", mahnte Teamchef Arrivabene. Genau diese Eigenschaften hat Ferrari in der Causa Räikkönen allerdings zuletzt vermissen lassen. (APA; 4.9.2018)