Stämmige Säulen, Rotlicht und ein Bäumchen im Keller des Landhauskellers: der neue Panasiate Miss Cho in Graz.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Gerichte werden in der Tischmitte eingestellt, auf dass alle "sharen" können, wie der muntere Kellner instruiert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der neue Panasiate im Keller des Grazer Landhauskellers wird als "Asian Dinner Club" angepriesen. Das klingt doch recht international. Auch dass mit Daniel Marg ein aus Hamburg gebürtiger Küchenchef engagiert werden konnte, der zuletzt das Asia-Restaurant Sra Bua von Tim Raue im Berliner Hotel Adlon bekochte, macht hellhörig. Immerhin ist Raue mit zahllosen Betrieben in Deutschland, auf Kreuzschiffen, in St. Moritz und in Dubai präsent. In seiner Heimat betreut er auch die Küchen mehrerer Luxusaltersheime. So geht es auch im Miss Cho entsprechend teutonisch zu: Aus Ostasien gebürtige Mitarbeiter wird man in Küche wie Service vergeblich suchen.

Dafür ist eine Wand mit kleinen Nachbildungen der Terrakotta-Soldaten aus der Qin-Dynastie ausstaffiert, auch sonst mangelt es nicht an Asia-Nippes. Ein künstlich blühender Baum dominiert die Szenerie, die Gäste sitzen auf rotem Leder an schwarzen Holztischen: So ähnlich sah das auch in London oder Los Angeles aus, als der Trend zu noblen, panasiatisch inspirierten Lokalen einst, in den 1990er-Jahren, losbrach.

Ohne Servierbesteck

Die Stimmung ist leger, Gerichte werden in der Tischmitte eingestellt, auf dass alle "sharen" können, wie der muntere Kellner instruiert. Dass man die Teller auch für die nachfolgenden Gänge behält, wirkt aber ungeschickt.

Die abgenagten Knöchelchen der zu Beginn eingestellten Chicken Wings in animierender, wenn auch heftig süßer Marinade liegen so immer noch auf dem Teller, wenn erst Sushi und dann die Hauptspeisen aufgetragen werden.

Auch dass Köstlichkeiten wie der im Pandanblatt gedämpfte Kabeljau oder die – ausgesprochen gute – knusprige, koreanisch inspirierte Spanferkelstelze ohne Servierbesteck zu Tisch kommen, wirkt fragwürdig. Dass sich der ganze Tisch mit (längst benutzten) Stäbchen über sie hermacht, mag bestenfalls in einer Imbissbude angehen.

Die Küche kann den Anspruch international konkurrenzfähigen Designerfoods nur phasenweise einlösen. Die "japanische Tunfischpizza" ist weder japanisch noch Pizza, das Tataki vom Tunfisch wird mit Sesam, Ingwer, Shoyu aber klassisch abgeschmeckt, und der Teigboden, eine Art indischer Paratha-Fladen in luftigen Schichten, ist zwar ausgekühlt, aber noch zart knusprig.

Eine kleine Frittierfettlacke schwappt in der Servierschale der Gemüsetempura, auch sonst gerät der Gang zur mittleren Katastrophe: Backteig klumpt sich in den Broccoliröschen klebrig zusammen, sodass statt knackiger Leichtigkeit schwerer Mehlpapp den Eindruck bestimmt. Außerdem wurden manche Gemüse (rote Rüben, Broccoli ...) vor dem Panieren weichgekocht – wenn das bloß kein Japaner kostet.

Spam?

Noch ärger daneben gehen nur die Dim Sum mit faschiertem Schwein: Lascher, aufgeweichter Teig über einer Fülle, deren muffige Aromatik an Dosenfleisch erinnert. Viel besser: Ceviche von der Gelbschwanzmakrele, fünf dicke, kühle Scheiben makellos frischen Fischs in einer zart rauchigen, zitrusfrischen und insgesamt exotisch schillernden Salsa.

Lachs-Sushi macht sich wie meist sehr breit am Gaumen, dafür ist der lackierte Aal wirklich gut – schade nur, dass der (an sich gut gegarte) Reis so nachlässig geformt wurde, dass er bereits auf dem Servierteller zerfällt. Die benutzten Teller und Schüsseln werden beim Abservieren wie in einer Kantine auf dem Tisch gestapelt, was den wenig harmonischen Eindruck noch verstärkt. (Severin Corti, RONDO, 7.9.2018)

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