Einen Gesetzesbeschluss zum Doppelpass sei noch heuer "realistisch".

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Innsbruck/Bozen – Der von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitete Gesetzesentwurf für eine Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler soll am Freitag der Bundesregierung vorgelegt werden. Das berichtet die "Tiroler Tageszeitung" ("TT") vom Freitag. Die Arbeitsgruppe wurde von der türkis-blauen Regierung eingesetzt.

Auf Nachfrage der APA wusste die FPÖ nichts über den fertig ausgearbeiteten Gesetzesentwurf. Deren Südtirol-Sprecher Werner Neubauer schloss aus, dass er am Freitag der Regierung vorgelegt würde. Einen Gesetzesbeschluss hält er jedoch noch heuer für "realistisch". Ein Regierungssprecher hatte Ende Juli noch gesagt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen "frühestens 2019/2020" gegeben seien.

Es könne sein, dass die am Freitag tagende Arbeitsgruppe "verschiedene Verfahrensmöglichkeiten und Entwürfe eruiert" und für weitere rechtliche Fragen eine Lösung gefunden wird, erklärte Neubauer. Aber es werde nicht der Fall sein, dass am Ende der Sitzung bereits ein fertiger Entwurf steht.

Südtiroler mit Wohnsitz Österreich zum Heer

Der vorliegende Gesetzesentwurf soll Grundlage für die Verhandlungen mit Rom sein. Voraussetzung sei das Einvernehmen mit der italienischen Regierung, hatte es immer wieder geheißen. Das Gesetz soll nicht gegen den Willen Roms beschlossen werden. Zudem soll die völkerrechtlich verankerte Schutzfunktion Österreichs für Südtirol nicht gefährdet werden.

Der Entwurf sieht die Änderung von insgesamt vier Gesetzen vor. Betroffen wären das Staatsbürgerschafts-, das Wählerevidenz-, das Europa-Wählerevidenz- und das Gebührengesetz.

Die wichtigsten Änderungsvorschläge sind:

  • Das Erlangen der Staatsbürgerschaft für Südtiroler soll günstiger werden und rund 600 Euro kosten.
  • Südtiroler Doppelstaatsbürger, die ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, müssten zum Bundesheer.
  • Sozialleistungen sollen jene Doppelstaatsbürger erhalten, die ihre Wohnadresse in Österreich haben.
  • Einen Anspruch auf den Doppelpass sollen alle Südtiroler haben, die der deutschen oder ladinischen Sprachgruppe angehören oder sich bei der Sprachgruppenerklärung dazu zugehörig erklärt haben.
  • Bei Nationalrats- und Europawahlen wären Südtiroler mit einem Doppelpass in Österreich wahlberechtigt.

Die italienische Regierung hatte sich zuletzt ablehnend gegenüber der Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler gezeigt.

In Südtirol leben rund 500.000 Menschen (Stand 2017). Von ihnen erklärten sich rund 70 Prozent als deutschsprachig, rund 26 Prozent als italienischsprachig und rund vier Prozent als ladinischsprachig (Stand 2011).

Dementsprechend hätten 74 Prozent, also etwa 340.000 Personen, Anspruch auf den Doppelpass und somit auch auf Sozialleistungen.

Kritik von SPÖ und Italiens Rechtspartei

Die SPÖ hat indes Kritik an der Regierung geübt. "Offenbar weiß hier die eine Hand nicht, was die andere tut. Anders ist nicht zu erklären, dass nicht einmal die Südtirol-Sprecher der Regierungsfraktionen wissen, was ihre schwarz-blaue Bundesregierung in Sachen Änderung der Doppelstaatsbürgerschaft plant", so SPÖ-Südtirol-Sprecher Hermann Krist in einer Aussendung.

Laut Krist wäre "die Bundesregierung – allen voran der Bundeskanzler, die Außenministerin und der Innenminister – an der Reihe, hier für volle Aufklärung zu sorgen". Die Mitglieder des parlamentarischen Südtirol-Ausschusses hätten ein Recht, eingebunden zu werden, sagte der SPÖ-Südtirol-Sprecher und kritisierte die "undemokratische und intransparente Vorgangsweise" und sprach von "Tohuwabohu-Politik".

Die italienische Rechtspartei Brüder Italiens (Fratelli d'Italia – FLI) hat das Vorhaben Österreichs am Freitag ebenfalls scharf kritisiert. Parteichefin Giorgia Meloni bezeichnete die Pläne als "feindlichen Akt".

"Die italienische Regierung muss mit Klarheit und Strenge reagieren. Auf dem Spiel steht die Souveränität, die Einheit und die territoriale Integrität des italienischen Staates", so Meloni nach Angaben italienischer Medien. Die Südtiroler Parlamentarierin der Forza Italia, Michaela Biancofiore, bezeichnete unterdessen die Ausgrenzung der italienischsprachigen Südtiroler von der Doppelstaatsbürgerschaft laut der Agentur Ansa als "inakzeptabel". (red, APA, 7.9.2018)