Wien – In den vergangenen Tagen haben etliche österreichische Youtuber Post von der Medienbehörde Komm Austria bekommen. Per E-Mail informierte die Behörde die Betreiber von Youtube-Kanälen, dass ihr Dienst wahrscheinlich anmeldepflichtig ist. In dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, fordert die Komm Austria die Betreiber auf, ihr Angebot bis spätestens 30. September anzuzeigen, ansonsten drohen bis zu 4.000 Euro Strafe.
Grundlage dafür ist das Audiovisuelle-Mediendienste-Gesetz aus dem Jahr 2010. Dieses besagt, dass Abrufdienste der Komm Austria innerhalb von zwei Wochen gemeldet werden müssen. Um als Abrufdienst zu gelten, muss eine Dienstleistung – in der Regel gegen Entgelt – erbracht werden, redaktionelle Verantwortung und ein eigenständiges Videoangebot vorliegen. Auch ein Social-Media-Kanal kann eigenständig sein, heißt es in dem Schreiben.
Höchststrafe noch nie verhängt
Die Medienbehörde bestätigte auf STANDARD-Anfrage zwar, dass sie kürzlich ungefähr 40 Youtube-Nutzer kontaktiert hat, beruhigt aber. Die Schreiben seien Teil einer schon im Frühjahr vergangenen Jahres gestarteten Informationskampagne. Es gehe der Behörde ausdrücklich um Aufklärung und darum, Strafen zu vermeiden. Die Höchststrafe von 4.000 Euro sei noch nie verhängt worden.
Auch Hobby-Blogger müssen sich keine Sorgen machen, versichert die Komm Austria. Wichtig sei die gewerbliche Komponente eines Kanals. Diese kann gegeben sein, wenn man sich für das Youtube-Partnerprogramm angemeldet hat, also an den Werbeerlösen der Plattform mitschneidet.
"Fernsehähnlichkeit" ausschlaggebend
Ausschlaggebend ist auch, ob es sich um "fernsehähnliche Inhalte" handelt. Was fernsehähnlich ist, hat die Komm Austria nun in einem Merkblatt zusammengefasst. Dokus, Interviews, Prank- und DIY-Videos könnten möglicherweise fernsehähnlich sein. "Let's plays", also Bildschirmaufnahmen von Videospielen und Schminkvideos in Form von "Get ready with me" eher nicht.
Zwar müssen registrierte Abrufdienste erst ab einem mittleren fünfstelligen Jahresumsatz Abgaben an die Behörde leisten, trotzdem kommt ein zusätzlicher Aufwand auf die Channel-Betreiber zu. Ähnlich wie Fernsehsender müssen sie Werberichtlinien (wie etwa das Verbot von Tabak-, Arzneimittel- und Schleichwerbung) und Jugendschutzgebote beachten.
"Es geht darum, auf dem Medienmarkt ein level playing field herzustellen", sagt Komm-Austria-Sprecher Kunigk. Schließlich sind auch traditionelle Fernsehsender an die Werbeverbote gebunden.
"Man könnte damit öffentliche Meinung beschneiden"
Blogger Claudio Schiesl beschäftigt sich schon seit längerem mit der Thematik. Auch wenn sein Channel "Inside Politics" mit 309 Abonnenten weit davon entfernt ist, zu den Top 100 zu gehören, wollte er schon im Mai 2017 wissen, ob ihn das Gesetz betrifft. Die Behörde bescheinigte die "Fernsehähnlichkeit" seiner Interviews und wirtschaftliches Interesse. Er hat Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.
Schiesl befürchtet, dass die Behörde gegen NGOs, die auch Videos veröffentlichen, vorgehen könnte. "Man könnte damit öffentliche Meinung beschneiden", sagte Schiesl zum STANDARD. "Das Gesetz gehört in Revision. Es gehört komplett geprüft, was darunter fällt." Er fürchtet außerdem, dass die Meldung eine Nachzahlung von Kammerbeiträgen auslösen könnte, schließlich gilt man mit der Eintragung als Rundfunkunternehmer. 400 bis 440 Euro beträgt die jährliche Grundumlage in dieser WKO-Fachgruppe, je nach Bundesland.
"Wenn ein Youtuber seinen Dienst vorsorglich bei uns anzeigt, heißt das aber noch lange nicht, dass das damit in Beton gegossen ist", sagt Komm-Austria-Sprecher Kunigk. Die Behörde überprüfe die Anträge und entscheide im Einzelfall. Wer sich unsicher ist, kann auch einen Feststellungantrag stellen. Am Montag wird die Komm Austria jedenfalls die nächste Aussendungswelle starten. (pp, 7.9.2018)