Regensburg – Ameisen mögen keine Überraschungen – damit sind uns diese Sechsbeiner in gewisser Hinsicht ähnlich. Tatsächlich untermauern aktuelle Ameisen-Untersuchungen Erkenntnisse aus der Konsumentenpsychologie beim Menschen. Sie legen damit nahe, dass wir durch das Studium der Ameisen mehr über menschliches Verhalten erfahren.

Wir alle haben Erwartungen in unserem täglichen Leben. Sie sind das Resultat unserer Erfahrung: so erwarten wir beispielsweise, dass unser Kaffee genauso schmeckt wie gestern und eine Komödie uns zum Lachen bringt. Diskrepanzen missfallen uns: wenn unser Kaffee plötzlich zu süß oder eine Komödie traurig ist, sind wir enttäuscht, auch wenn beide objektiv betrachtet gut wären. Daher können Erwartungen beeinflussen, was uns gefällt. Konsumentenpsychologen wissen das schon seit Jahrzehnten und deshalb weckt bereits eine Verpackung bestimmte Erwartungen in uns.

Zuckerwasser mit Rosmaringeschmack

Die Biologen von der Universität Regensburg haben nun untersucht, ob Ameisen, wie wir, Überraschungen als unangenehm empfinden. Dazu präsentierten sie Ameisen Zuckerwasser, das entweder mit einem erwarteten oder unerwarteten (aber gleich gemochten) Geschmack versehen war. "Offensichtlich können wir mit Ameisen nicht sprechen und ihnen sagen, welchen Geschmack ihr Futter haben wird", so Felix Oberhauser, der die Studie durchführte.

"Stattdessen brachten wir ihnen bei, dass sie ein mit Zitronen- oder Rosmaringeschmack versetztes Zuckerwasser an einer gewissen Stelle finden, um so eine Erwartungshaltung aufzubauen. Nach drei Besuchen bei diesem Futter tauschten wir den Geschmack. Danach konnten wir feststellen, dass Ameisen, die nicht den erwarteten Geschmack bekamen, das Futter weniger mochten. Und das, obwohl wir die Zuckerkonzentration nicht veränderten."

Interessante Ameisenwahrnehmung

Doch woher weiß man, dass Ameisen ein bestimmtes Futter weniger mögen? "Ameisen informieren sich gegenseitig über gute Futterquellen durch das Legen chemischer Signale – Pheromone, die die anderen riechen können", erläutert Tomer Czaczkes, der die Studie leitete. "Wenn wir zählen, wie oft die Ameisen Pheromone legen und registrieren, wie sehr sie das Futter annehmen, können wir wertvolle Einsichten in die Wahrnehmung der Ameisen bekommen."

Die Wissenschafter zeigen im Fachjournal "Biology Letters" somit, dass Ameisen nicht nur mit einem bestimmten Geschmack des Futters rechnen, sondern das Futter auch weniger mögen, wenn es von ihren Erwartungen abweicht. Diese Erkenntnisse können helfen, eine blütenbestäuberfreundliche Landwirtschaft zu entwerfen und zeigen, dass das Beobachten von Ameisen auch zum Verständnis von menschlichem Verhalten beitragen kann. (red, 9.9.2018)