"Sexy" Selfie, allerdings von einer, die es finanziell geschafft hat: Model Stella Maxwell.

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Sydney – Schmollmund, verführerischer Augenaufschlag, und das Dekolleté muss auch noch drauf: Viele Frauen inszenieren sich sehr sexualisiert mit Selfies und stellen diese ins Netz. Frauen werden noch immer stark über ihr Aussehen bewertet. Dass Mädchen und Frauen versuchen, der gesellschaftlichen Aufforderung, "schön" und "sexy" zu sein, auch mithilfe neuer Technologien Folge leisten wollen, ist im Grunde wenig überraschend oder rätselhaft.

Die University of New South Wales in Sydney wollte aber mehr über die Gründe der digitalen Selbstinszenierung von Frauen wissen und fokussierte ihre Forschung darauf, welche sozialen Umstände derartige Inszenierungen begünstigen.

Statusängste und Konkurrenzdenken

Dafür wurden mehrere zehntausend Social-Media-Posts in 113 Ländern analysiert. Untersucht wurden gepostete Bilder, die als "hot" oder "sexy" bezeichnet wurden. PsychologInnen seien bisher davon ausgegangen, dass Frauen dann besonderes Augenmerk auf ihr Äußeres legen, wenn sie sich durch patriarchalen Druck dazu gezwungen fühlen, sagt die leitende Studienautorin Khandis Blake. Sie fand mit KollegInnen nun aber heraus, dass Frauen vor allem dort Zeit und Aufwand in "sexy" Selfies investieren, wo die wirtschaftliche Ungleichheit steigt. Die Ungleichheit der Gehälter fördere Statusängste und Konkurrenzdenken und vermittle den Menschen ein Bild davon, wo sie sich auf der "sozialen Leiter" befinden.

Das soziale Spiel

In unserer Gesellschaft könnte ein als "sexy" bewertetes Aussehen zu wirtschaftlichem und sozialem Erfolg führen, sagt Blake, "ob wir das nun gut oder schlecht finden". Und nicht nur in aufwendig inszenierte Selfies investieren Frauen. In über 100 Wirtschaftszonen sahen sich die ForscherInnen die Ausgaben von Frauen in Schönheitssalons und Bekleidungsgeschäften an und kamen ebenso zu dieser Korrelation: Eine ungerechte Gehälterverteilung lässt die Investitionen in das Äußere von Frauen steigen.

Demnach dürfe man nicht den Fehler machen, Frauen, die sich provokant in Szene setzen, als "stumpfsinnig oder Opfer der Umstände" anzusehen, sagt Blake. Es sei schlicht ein strategisches Mitspielen in einem komplexen sozialen Spiel, ein Versuch, etwas aus ihrem Leben zu machen. (red, 10.9.2018)