Panzer auf dem Truppenübungsplatz Tsugol.

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Raketenabschüsse auf dem Truppenübungsplatz Telemba, 130 Kilometer nördlich der sibirischen Stadt Tschita.

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Wladimir Putin sprich mit Arbeitern eines Kraftwerks in der Nähe von Wladiwostok.

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Zahlreiche Hubschrauber ...

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... und Panzer in der sibirischen Region Tschita.

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Am Dienstag fiel in Sibirien der Startschuss für das Truppenmanöver "Wostok 2018". Rund 300.000 russische Soldaten, fast ein Drittel der gesamten Streitkräfte, üben sechs Tage lang in Sibirien und Russlands Fernem Osten den Kampf in Großverbänden. Das Manöver wird in zwei Etappen geteilt: Zunächst werden die Mobilisierung und der Aufmarsch geübt – wobei die Truppenteile lange vor dem offiziellen Beginn in ihre Einsatzgebiete eingerückt sind. In der zweiten Etappe wird dann überprüft, wie sich die verschiedenen Truppengattungen im Einsatz koordinieren lassen.

DER STANDARD

Das russische Verteidigungs ministerium verspricht ein wahrhaft grandioses Spektakel: 36.000 Militärfahrzeuge, mehr als 1000 Flugzeuge und Hubschrauber sowie rund 80 Schiffe der Pazifik- und Nordmeerflotte gehen gleichzeitig ins Gefecht. Es ist das größte Manöver in der Geschichte des neuen Russlands.

Wostok 2018 wartet mit noch einem Novum auf: Erstmals beteiligen sich an einem Manöver dieser Größenordnung auch ausländische Streitkräfte, die nicht der GUS angehören. Mit dabei sind nämlich Soldaten aus der Mongolei und China. Das Reich der Mitte stellt für das Manöver rund 3000 Soldaten ab. Zudem wurden immerhin 900 Panzer, 24 Hubschrauber und sechs Flugzeuge nach Russland geschickt. Für die 2,3 Millionen Soldaten zählende chinesische "Volksbefreiungsarmee" ist das keine große Anstrengung. Umso größer ist der symbolische Wert.

Treffen in Wladiwostok

Es ist kein Zufall, dass sich am Tag des Manöverbeginns Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas starker Mann Xi Jinping in Wladiwostok trafen. "Wir haben ein Vertrauensverhältnis in den Bereichen Politik, Sicherheit und Verteidigung. Wir wissen, dass Sie der Entwicklung der russisch-chinesischen Beziehungen persönlich große Aufmerksamkeit schenken", pries Putin seinen Gast beim Treffen in Wladiwostok, wo der Kreml seit 2015 im Herbst das Eastern Economic Forum (EEF) als Ausdruck seiner politischen und wirtschaftlichen Wende gen Osten abhält.

Das EEF hat sich inzwischen tatsächlich zu einer internationalen Plattform gemausert. Neben Xi Jinping nehmen auch Japans Premier Shinzo Abe, der mongolische Präsident Chaltmaagiin Battulga und der südkoreanische Premier Lee Nak-yeon teil. Bis zuletzt wurde sogar trotz mehrfacher offizieller Dementis gemunkelt, dass Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un als Sensationsgast in Wladiwostok auftaucht.

Da Kim der Veranstaltung fernblieb, ist Xi Jinping der Stargast der Russen. Auch er ist das erste Mal beim EEF, betonte aber, dass die chinesische Delegation die größte sei und Russland und China eine enge Freundschaft verbinde, die sich daran zeige, in schweren Zeiten einander beizustehen.

Tatsächlich hat sich das russisch-chinesische Verhältnis zumindest auf politischer Ebene rasant gewandelt. Zwischen den beiden Staatschefs ist es bereits das 27. Treffen, was durchaus auch auf Xis persönliche Aktivität zurückzuführen ist. Nachdem er 2013 vom Nationalen Volkskongress zum Staatspräsidenten gewählt worden war, machte er seine erste Auslandsreise nach Russland.

Kurz darauf wurde Russland infolge der Krim- und Ukraine-Krise mit westlichen Sanktionen abgestraft und vollführte fast zwangsläufig die schon lange zuvor postulierte Wende gen Osten. Peking ist Moskaus einziger Handelspartner, dessen Umsatz deutlich über dem Vorkrisenniveau liegt. "Heuer werden wir höchstwahrscheinlich auf 100 Milliarden Dollar kommen", sagte Putin. Dem Ziel, die Wirtschaft zu diversifizieren, ist der Kreml mit der Partnerschaft aber nicht näher gekommen. Auch gegenüber China hat Russland vornehmlich die Rolle des Rohstofflieferanten und Absatzmarktes inne. Neben Öl, Gas und Kohle interessieren sich die Chinesen für Holz, das in den sibirischen Wäldern massiv gefällt und über die Grenze geschafft wird. Im Gegenzug liefert China vor allem fertige Waren. Durch die westlichen Sanktionen ist China aber auch als Lieferant von Maschinen für Russland von immer stärkerer Bedeutung.

Doch es gehe nicht nur um Handel und Wirtschaft, betont der einflussreiche Moskauer Politologe Sergej Karaganow. Auch die politische und philosophische Orientierung auf Europa habe sich "erschöpft", meint er. "Russland ist von seiner Genetik her eine autoritäre Großmacht. Das müssen wir ruhig bekennen und als Vorteil nutzen", sagte er in einem Interview mit der russischen Zeitschrift Ogonjok. Statt sich auf ein stagnierendes Europa zu fokussieren, müsse Russland die Chancen in Asien ergreifen, fordert er. Neues Machtzen trum werde China sein, auf dessen Zusammenarbeit Russland setzen solle. Zumal der Osten "nicht an politischem und kulturellem Missionierungswahn leidet", fügte Karaganow hinzu, womit er das aus russischer Sicht größte Manko der westlichen Politik artikulierte. (André Ballin, 11.9.2018)