Mit einem gewaltigen Truppenmanöver demonstriert Russland wiedergewonnenes militärisches Potenzial und Selbstbewusstsein. "Schaut her, wie stark wir wieder sind", lautet das Signal an den Westen, mit dem sich die politische Elite Moskaus in den Jahren der Ukraine-Krise und der Sanktionen mehr und mehr entfremdet hat. Gestärkt wird das Hochgefühl durch die Teilnahme Chinas an der Gefechtsübung. Denn dies ist gewissermaßen die Manifestation eines vom Kreml lange angekündigten Manövers: die Wende gen Osten.

Lange Zeit war diese Wende mehr eine Drohung, mehr rhetorische Formel als praktische Umsetzung. Doch die stetige Kritik und die zunehmende politische und wirtschaftliche Isolierung Moskaus durch den Westen haben der russischen Führung in ihrem Selbstverständnis kaum eine andere Wahl gelassen, als die Freundschaft zum erstarkenden Nachbarn zu suchen. China sei ohnehin der Markt der Zukunft, begründen Moskauer Politologen die Wendung flugs.

Tatsächlich entsteht so im Osten Eurasiens ein neues Kraftzentrum, politisch freilich ein konservatives und kein progressives. Und auch wirtschaftlich wird kaum eine Modernisierungspartnerschaft daraus, wie sie Europa Russland noch vor einigen Jahren angeboten hat. Der Motor brummt nämlich nur in China, während Russland in dieser Allianz allein als Treibstofflieferant dient. (André Ballin, 11.9.2018)