Susanne Wiesinger versucht Kinder in Favoriten weltlich zu bilden.

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Gegen den Islam als Religion habe sie nichts, stellt Susanne Wiesinger klar. Aber gegen den Einfluss, die eine erzkonservatie Kultur, die sich auf den Islam beruft, auf die Schulkiner ausübt: "Wohin sollen wir sie integrieren? Wir sind die Einzigen aus der österreichischen Mehrheitsgesellschaft, die sie kennen", sagt Wiesinger über die Schülerinnen und Schüler, die sie in der Wiener Knöllgasse 61, an einer Neuen Mittelschule im Schatten des berühmten Wasserturms auf dem Wienerberg, unterrichtet.

Die Schule liegt in einem Wahlsprengel, in dem die SPÖ bei der vergangenen Nationalratswahl noch fast zehn Prozentpunkte vor der FPÖ gelegen ist – und Frau Wiesinger ist aufrechte Sozialdemokratin, Gewerkschafterin, war lange Personalvertreterin.

Als solche ist sie gewohnt, dass man Probleme offen anspricht und vom Dienstgeber Lösungen einfordert. Aber der Dienstgeber sieht lieber das "große Bild" als die alltäglichen Probleme, die mit der Integration, vor allem jener der islamisch geprägten Schülerinnen und Schüler, entstehen – das sind nach Lesart des Wiener Stadtschulrats Einzelfälle.

Aus Sicht der Pädagogin mit gut fünf Jahrzehnten Lebens- und 30 Jahren Unterrichtserfahrung sind es aber Fälle, die durchaus auf die Gesamtheit der Schulen in Ballungsräumen mit hohem Migrantenanteil umgelegt werden können. Und die insbesondere typisch für jene Migrantengruppen sind, die ihr Selbstverständnis, wenn schon nicht ausschließlich, so doch in hohem Maß aus dem Islam beziehen.

Dem gegenüber steht Wiesingers eigene Lebenswelt, sie beschreibt diese in ihrem Buch "Kulturkampf im Klassenzimmer" so: "Einige Schüler bitten mich oft, Geschichten von meinen Kindern und meiner Familie zu erzählen. Sie lieben diese Erzählungen. Es sind Bilder aus einer offensichtlich privilegierten, heilen Welt. Einer Welt mit Platz zur Entfaltung, in der Widerspruch und Kritik erlaubt sind."

Aber die Lebenswelt ihrer Schülerinnen und Schüler ist anders – geprägt auch dadurch, dass deren Eltern den Zusammenhang von weltlicher Bildung und Lebenserfolg nicht verstehen – und die die Unterdrückung von Mädchen bis hin zur Genitalverstümmelung und Zwangsverheiratung für gottgewollt halten. Und diesem Gott könne man nichts entgegensetzen. Das ist ziemlich genau das Bild, das auch rechte Verschwörungstheoretiker von islamisch geprägter Zuwanderung haben. Dass Wiesinger von den Medien aus diesem Eck künftig als Kronzeugin herangezogen wird, ist wohl nicht zu vermeiden. Lieber wäre es ihr allerdings, wenn die Schulbehörden mehr für die Kinder täten. (Conrad Seidl, 12.9.2018)