Apple hat am Mittwochabend einmal mehr zu einem Event gerufen. Im Steve-Jobs-Theater am eigenen Campus verkündete man nicht nur, dass man bald das zweimilliardste iOS-Gerät ausliefern werde, sondern kündigte wie erwartet auch eine Reihe neuer Geräte an.

Dabei sparte man sich die sonst ausführliche Einleitung und Litanei über die Erfolge des letzten Jahres. Schon wenige Minuten nach dem Einführungsvideo mit Musikuntermalung aus "Mission Impossible" ging es ans Eingemachte.

Video: Die besten Features und Mankos der neuen iPhones in unter vier Minuten.
DER STANDARD

Apple Watch 4

Wenngleich Smartwatches bislang immer noch mehr Nische denn Massenware sind, betonte man einleitend den Erfolg der eigenen Apple Watch. Diese sei nicht nur die meistverkaufte Smartwatch, sondern überhaupt die beliebteste Uhr. Und nun schickt man die nächste Generation auf den Weg.

Diese sei nicht mehr nur ein Kommunikationshelfer und Messgerät für Sport, sondern nun auch ein wichtiger Gesundheitshelfer. Die vierte Generation bringt Displays mit, die rund ein Drittel mehr Fläche als bisher bieten, ohne dass das Gehäuse größer geworden wäre. Dazu gibt es ein neues Watchface mit acht bearbeitbaren Elementen. So kann man nun etwa seine Lieblingskontake am Startbildschirm unterbringen, um sie unkompliziert anrufen zu können. Dazu werden nun wichtige Informationen von Apps am Startbildschirm angezeigt, beispielsweise Reiseinfos oder Ergebnisse aktueller Sportevents.

Die "digitale Krone" wurde überarbeitet und gibt nun besseres haptisches Feedback für genauere Navigation. Für den Lautsprecher verspricht man eine Erhöhung der Lautstärke um 50 Prozent. Auch soll die neue Watch besseren Empfang und verbesserte Sensoren für die Erfassung von Bewegungsdaten bieten. Das wird unter anderem genutzt, um Stürze zu erkennen.

Der Trailer zur Apple Watch 4.
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Gesundheitszentrale mit Sturzalarm

Ein Feature, für das man nach Angaben von Apple einigen wissenschaftlichen Aufwand betreiben musste. Merkt die Uhr, dass man hingefallen ist, bietet sie sofort die Möglichkeit eines Notrufs an. Kann sie direkt nach dem Sturz für drei Minuten keine Bewegung feststellen, so sendet sie selbstständig ein Notsignal. Auch die Erfassung des Pulsschlags wurde verbessert und kann nun Warnungen ausspucken, wenn dieser zu lange zu niedrig liegt.

Auch den Herzrhythmus erkennt sie und kann über Unregelmäßigkeiten informieren. Neu ist die Möglichkeit, ein Elektrokardiogramm (EKG) anzulegen, womit die Uhr nach Angaben von Apple das erste im normalen Handel vertriebene Endkundenprodukt mit diesem Feature ist. Man verspricht zudem hohe Sicherheit für die erfassten Daten am Gerät und in der Cloud. Ausdrückliches Lob bekam man dafür von Event-Gast Ivor Benjamin, seines Zeichens Arzt und Präsident der American Heart Association.

Ein weiterer Trailer zur neuen Uhr.
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Trotz der neuen Funktionen soll die Uhr noch die gleiche Gesamtlaufzeit von 18 Stunden haben. Zudem können Workouts mit GPS-Tracking nun bis zu sechs Stunden lang verfolgt werden.

Die Uhr kommt in drei Varianten, wobei die bisherigen Bänder auch auf die neuen Modelle passen. Nike liefert eine für die neue Generation optimierte Version der Nike+-App. Kosten wird sie 399 Dollar in der Basisausgabe und 499 Dollar mit Telefonmodul. Bestellbar ist sie ab Freitag, Lieferbeginn ist am 21. September. Die dritte Generation bleibt im Sortiment, ihr Startpreis liegt nun bei 279 Dollar.

iPhone XS (Max)

Weiter ging es gleich mit den neuen Handys. Die Premiere macht das iPhone XS ("Ten S"). Es hat ein "Super Retina Display" mit OLED-Panel und unterstützt HDR10 und Truetone für hohe Farbechtheit. Es kommt in zwei Varianten mit 5,8 und 6,5 Zoll Bilddiagonale. Letzteres nennt sich iPhone XS Max. Zudem ist es IP68-zertifiziert, also staubdicht und wasserfest bis zu 30 Minuten bei 1,5 Meter Wassertiefe.

Auch die Lautsprecher wurden verbessert. Sie sind lauter und sollen Höhen und Bässe akkurater wiedergeben. Face-ID kombiniert nun alle Sensoren auf der Frontseite. Dazu wird die Gesichtserkennung nun von einem neuronalen Netzwerk unterstützt und arbeitet schneller. Apple spart nicht mit großen Ansagen – es soll sich um den sichersten Mechanismus seiner Art handeln.

Video zu den neuen iPhones.
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A12 Bionic mit mehr KI-Leistung

Unter der Haube werkt ein neuer Chip, der im 7-nm-Verfahren hergestellte A12 Bionic. Die integrierte Grafikeinheit soll bis zu 50 Prozent mehr Leistung bringen. Dazu gibt es die zweite Version der "Neural Engine", die nun statt zwei ganze acht Rechenkerne zur Verfügung hat. Das Handy kann automatisch bestimmen, ob etwas von der CPU, der Grafikeinheit oder der Neural Engine abgearbeitet wird. Die mögliche Speicherausstattung wird nach oben gedreht. Es gibt nun iPhones mit bis zu 512 GB an Platz.

Die integrierte künstliche Intelligenz soll an vielen Stellen aushelfen. Unter anderem soll sie – wie man es schon bei einigen anderen Herstellern gesehen hat – für bessere Fotos sorgen. Die Maschinenlernschnittstelle Core ML wird erweitert und ermöglicht App-Entwicklern künftig, in ihre Apps ohne großen Leistungsaufwand neurale Netzwerke zu integrieren.

Foto: Apple

Augmented Reality

Verbesserungen gibt es auch in puncto Augmented Reality, einem Bereich, dem Apple-CEO Tim Cook große Bedeutung für die Zukunft beimisst. Großes Potenzial sieht man etwa im Spielebereich. Eine Demonstration der verbesserten Grafikleistung gab Todd Howard, Chef von Bethesda Softworks. Er zeigte einen Einblick in "Blades", ein Mobile Game in der "Elder Scrolls"-Welt. Die Sport-App Homecourt kann bald in Echtzeit oder über ein Video Statistiken von Basketballspielen – etwa erfolgreiche und verfehlte Freiwürfe – erfassen. Dafür dient die AR-Core-Schnittstelle.

Kamerasystem

Die Hauptkamera bringt zwei 12-MP-Sensoren mit, die jeweils optische Bildstabilisierung mitbringen. Auf der Frontseite arbeitet eine einzelne Kamera mit einem Infrarotmodul und dem Dot Projector von Face ID zusammen. Für jedes Foto werden eine Billiarde Rechenoperationen durchgeführt. "Smart HDR" legt gleich eine Reihe von Bildern bei jedem Druck auf den Auslöser an, die jeweils unterschiedliche Einstellungen nutzen. Der Postprocessing-Algorithmus soll die besten Teile der Bilder zum finalen Ergebnis verbinden. Auch bei starkem Gegenlicht sollen so gute Shots gelingen.

Das iPhone XS soll außerdem einen großen Fortschritt bei der Erzeugung künstlicher Tiefenunschärfe (Bokeh) liefern. Die Stärke des Effekts lässt sich auch nachträglich dank KI-Unterstützung ändern. Apple spart auch hier nicht mit großen Worten und spricht von einer "neuen Ära der Fotografie". Die Kamera nimmt zudem nun auch Stereosound auf.

Foto: Apple

Akkulaufzeit

Die Akkulaufzeit des iPhone XS und XS Max soll jene des Vorgängermodells um bis zu 1,5 Stunden überbieten. Dazu gibt es Support für Gigabit-LTE. Dazu bestätigt sich eine weitere Info aus der Gerüchteküche: Die neuen Apple-Smartphones bieten Dual-SIM-Support. Realisiert wird das über die erstmalige Implementation einer virtuellen E-SIM neben einer normalen SIM-Karte in die eigenen Handys. Bislang gab es die Technologie nur in der Apple Watch und in iPads. In China erscheint eine eigene Variante, die zwei physische SIM-Karten unterstützt. Unterstützt wird die Dual-SIM-Funktion in Österreich vorerst nur durch T-Mobile. Das Feature soll Ende des Jahres mittels Software-Update nachgereicht werden.

Fokus auf Recyling

Nach der Präsentation des iPhone XS und XS Max nutzte man die Gelegenheit, wieder etwas mehr über unternehmensinterne Fortschritte zu sprechen. Nach eigenen Angaben nutzt Apple jetzt vollständig erneuerbare Energien. Als nächste Zukunftsaufgabe will man den Rohstoffverbrauch für die eigenen Geräte senken – etwa durch Recycling. Im Mainboard des neuen iPhone kommt beispielsweise recyceltes Zinn zum Einsatz, was den Abbau von 10.000 Tonnen Erz ersparen soll. Auch bei Kunststoff will man auf Wiederverwertung und biologisch abbaubare Plastikalternativen setzen.

Mit der Giveback-Initiative will man bisherige Geräte entgegennehmen und, sofern noch kommerziell verwertbar, den Besitzer entschädigen. Andernfalls wird es kostenlos recycelt.

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP/Sanchez

iPhone XR

Und schließlich gab es noch "one more iPhone" zu sehen. Das dritte Modell heißt, wie schon durchgesickert war, iPhone XR. Hier kommt statt eines OLED-Displays ein LCD-Panel (1.792 x 828 Pixel) mit 6,1 Zoll Diagonale zum Einsatz. Apple spricht beim "Liquid Retina Display" vom "fortgeschrittensten" Bildschirm seiner Art. Auch hier gibt es Truetone-Support. Designtechnisch ist es ein Hybrid aus iPhone X (Vorderseite) und iPhone 8 (Rückseite). Trotz größeren Displays fällt es dank der schmalen Ränder kleiner aus als sein Vorgänger und verspricht längere Akkulaufzeit.

Touch ID wurde abgeschafft, auch dieses Gerät entsperrt man mit Face ID. 3D-Touch unterstützt es nicht, stattdessen gibt es eine Softwarelösung namens "Haptic Touch". Auch hier ist der A12 Bionic verbaut, es sollte leistungstechnisch also den anderen Modellen ebenbürtig sein.

Apples eigene Zusammenfassung des Events.
Apple

Abstriche bei Kamera

Abstriche gibt es bei der Kamera. Hier ist nur ein einzelnes Modul an Bord, nämlich der Weitwinkelsensor mit 12 MP, der auch beim iPhone XS zum Einsatz kommt. "Smart HDR" und andere von der KI unterstützte Funktionen sind an Bord.

Preise und Lieferstart

Die Apple Watch 4 ist ab 14. September in Österreich und Deutschland bestellbar und geht ab 21. September in den Versand. Sie ist ab 429 Euro zu haben, hierzulande gibt es nur die Varianten ohne E-SIM (GPS only).

Das iPhone XR kommt mit 64, 128 und 256 GB Speicher ab 849 Euro. Bestellt werden kann es ab 19. Oktober, eine Woche später beginnt die Auslieferung.

Das iPhone XS und XS Max gibt es mit 64, 356 und 512 GB. Die Vorbestellung öffnet – auch in Deutschland und Österreich – am 14. September, ab 21. September werden die Smartphones verschickt. Sie werden ab 1.149 bzw. 1.249 Euro angeboten. (Georg Pichler, 12.9.2018)