Österreich wird seine Grenzkontrollen beibehalten, verkündet Innenminister Herbert Kickl. Er ist darum bemüht, das als einen Erfolg zu verkaufen, auf den wir stolz sein könnten. Aber nein, das ist kein Erfolg, das ist eine Niederlage, ein Rückschritt. Nationale Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union hatten wir bereits überwunden geglaubt. Wir feierten die Reisefreiheit in einem Kreis von Staaten, die mehr verbindet als nur wirtschaftliche Interessen.

Kickl – und er wird wohl für die Regierung sprechen – will die Grenzkontrollen so lange beibehalten, bis es einen Außengrenzschutz "auch faktisch" gibt. Das wird dauern, wahrscheinlich Jahre. Dass die EU derzeit in dieser und anderen Fragen so schlecht funktioniert und deshalb in den Mitgliedstaaten so übel angeschrieben ist, kommt der FPÖ sehr gelegen. Das ist ihr Geschäftsmodell. Die Rechtsparteien in Europa legen es auf die Zerstörung der EU-Institutionen an, sie höhlen deren Grundfesten aus, sie wollen zurück zu befestigten Grenzen und kleingeistigem Lagerdenken: wir gegen die anderen. Da gilt das Miteinander nur für einen ganz engen, erhabenen Kreis.

Deshalb kann man sich von der FPÖ und der Regierung, der sie angehört, keine Lösungen erwarten. Die FPÖ hat kein Interesse an einer funktionierenden Union. Sie torpediert diese, wo sie kann. Der österreichische Innenminister positioniert sich klar gegen die Stärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Die Kontrolle müsse bei den Nationalstaaten bleiben, ein "Zurückstellen der Souveränität" der einzelnen Länder dürfe es nicht geben, sagt er. Das ist eine gute Grundlage dafür, dass ein gemeinsamer Schutz der EU-Außengrenzen scheitern wird.

Pflege des Feindbildes

Die FPÖ lebt von Problemen, nicht von deren Lösung. Ohne Probleme gäbe es keine Schuldigen, die man dafür verantwortlich machen könnte – und das ist ein Grundpfeiler der freiheitlichen Politik. Daher wird das Feindbild des Ausländers, speziell des Flüchtlings, auch so sorgsam gepflegt.

Die Anregung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an die österreichische Ratspräsidentschaft, man möge doch zukunftsfähige Lösungen in der Migrationspolitik ausarbeiten, wies Kickl unumwunden zurück. Er wolle nicht über legale Wege der Migration reden – solange die illegale Migration nicht ausreichend bekämpft sei. Damit werden konstruktive Lösungsansätze aber automatisch ausgehebelt. Mit dem Streit über jedes ankommende Schiff werden die Idee und die Grundwerte der Europäischen Union untergraben.

Ein anderes, recht anschauliches Beispiel, wie Probleme auf nationaler Ebene geschaffen und Lösungen verhindert werden, ist der Feldzug der türkis-blauen Regierung gegen junge Asylwerber, die in Österreich eine Lehre absolvieren wollen. Das wird in Zukunft verunmöglicht. Damit schadet man nicht nur der Wirtschaft, die diese Arbeitskräfte bräuchte, sondern verwehrt den Asylwerbern auch die Integration. Egal ob diese Menschen in Österreich bleiben oder zurück in ihr Herkunftsland gehen (müssen): Ihnen die Chance auf eine Ausbildung zu nehmen, ist von einer menschenverachtenden Destruktivität getragen, deren ideologische Bösartigkeit wirklich verwundert. Ohne Rücksicht auf Verluste wird einer bestimmten Personengruppe geschadet, weil das Gegeneinander für die kurzfristige Stimmenmaximierung lohnender erscheint als das Miteinander. (Michael Völker, 13.9.2018)