Lebensmittelhersteller fallen nicht auf die Butterseite: Ihr Einkauf von Molkereiprodukten könnte sich heuer in Österreich und Deutschland erheblich verteuern.

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Diese Butterkuh aus Illionois wiegt stolze 272 Kilogramm.

Foto: AP / Ted Schurter

Hat es auf der Wiese oder im Stall mehr als 30 Grad Celsius, wird es einer Kuh entschieden zu heiß. Ihr Appetit lässt nach, ihre Leistung schwindet. Im Grunde, meint Johann Költringer, Chef der Vereinigung österreichischer Milchverarbeiter, geht es ihr nicht viel anders als einem arbeitenden Menschen im Büro.

Wassersprühnebel und Ventilatoren hatten folglich heuer nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in der Viehwirtschaft Hochsaison. Wobei sich die Wirte den kühlenden Nebel von den Bauern abschauten. Für ihre Ställe wurde er nämlich einst entwickelt.

Genutzt hat er dieses Jahr angesichts der langanhaltenden, hartnäckigen Hitze nur bedingt. Gestresste Kühe gaben, um nicht abzumagern, in weiten Teilen Europas weniger Milch. Das lässt nun international wie in Österreich die Preise für viele Molkereiprodukte im Lebensmittelhandel steigen.

Futternot

Denn zu den hitzegeplagten Rindern kam Futternot: Rarer Regen ließ Grünland und Ackerflächen nördlich der Alpen austrocknen und machte sie anfällig für Schädlinge. Landwirte mussten auch in Österreich auf ihren Wiesen von ein, zwei Schnitten absehen und Futtermittel teuer zukaufen. Das veranlasste viele Betriebe dazu, ihre Herden zu verkleinern. In der Folge verbilligte sich das Schlachtvieh. An den Verhandlungstisch setzen sich auch Lebensmittelhändler und Lieferanten. Einzelne Supermärkte haben in Österreich bereits reagiert.

Ein 250-Gramm-Packerl Butter etwa verteuerte sich hierzulande jüngst in etlichen Handelsketten um 15 Cent auf bis zu 2,49 Euro. Um den Bedarf der Industrie und Gastronomie zu decken, wird Butter in Österreich großflächig importiert. Zum historischen Hoch im Vorjahr, wo sich die Preise dafür in Deutschland fast verdoppelten, ist es noch ein Stück weit hin. Von Konsumenten wie Verarbeitern wird jedoch jeder Cent mehr mit Argusaugen registriert.

Költringer geht davon aus, dass der Lebensmittelhandel auch die Preise weiterer Molkereiprodukte wie Trinkmilch und Käse erhöht. Österreich stelle nur zwei Prozent der Milchmenge der EU und könne sich von den internationalen Marktentwicklungen nicht abkoppeln.

Berg- und Talfahrten

Die Milchbranche erlebt schon seit Jahren rasante Berg- und Talfahrten. Innerhalb weniger Monate stürzten die Preise, die Bauern für den Kilo erhalten, 2009 von 40 auf 25 Cent ab. 2014 pendelten sie sich bei 40 Cent ein, brachen wieder ein, ehe sie sich im Vorjahr erholten. Derzeit zahlen Molkereien für konventionelle Milch 35 Cent netto. Etliche Verarbeiter kündigten an, nun etwas draufzulegen.

Anlass zum Aufatmen sieht der Biobauer und einstige Mitbegründer der Freien Milch, Ernst Halbmayr, dennoch nicht: "Österreich leidet nach wie vor unter erheblichen Milchüberschüssen."

Stark betroffen ist die Biobranche. Österreich steigerte die Biomilchproduktion heuer um mehr als 17 Prozent. Deutschland baute sie zugleich um 25 Prozent aus. Zuwächse erlebt auch Frankreich. In allen drei Ländern stellen konventionelle Betriebe aufgrund höherer Preise zunehmend auf Bio um. Auch bestehende Bioproduzenten traten die Flucht nach vorn an. 16 Prozent der Milch in Österreich sind damit bereits bio. In Deutschland nahm der Anteil seit 2017 von 2,5 auf 3,2 Prozent zu.

Deutsche Verarbeiter zahlen ihren Lieferanten fünf bis acht Cent mehr für das Kilo – und fuhren die Importe zurück. Dabei wurden im Frühling auch Verträge mit österreichischen Biolieferanten gekündigt. "Der weltweit zweitwichtigste Biomarkt produziert jetzt selbst mehr, und das fällt Österreich auf den Kopf", resümiert Halbmayr.

Knappe Feldfrüchte

Konsumenten werden die Dürreschäden in der Landwirtschaft aber nicht nur bei den Milchpreisen widergespiegelt sehen.

Zwiebeln etwa sind in der Hitze großflächig verbrannt. Die wenigen konventionellen, die Europa blieben, kosten mittlerweile dreieinhalb Mal mehr als vor einem Jahr, erzählt der Waidhofner Biolieferant Johann Ackerl.

In die Bredouille kamen auch Erdäpfel. Experten erwarten, dass sich diese um 30 Prozent verteuern. Deutschland erlebt historisch kleine Ernten. Der Engpass zwingt zu Importen, was wiederum die Preise hierzulande hochtreibt. (Verena Kainrath, 14.9.2018)

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