Finanz- und Verkehrslandesrat Schleritzko (ÖVP Niederösterreich): mehr Transparenz bei Gemeindefinanzen.

Foto: Stadtgemeinde St. Valentin / ARNOLD MOTTAS

St. Pölten – Niederösterreichs Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) weiß, dass er Neuland betritt: "Wir machen da etwas, was man nur alle 300 Jahre einmal macht", sagte er am Montag bei der Präsentation des Entwurfs zur neuen niederösterreichischen Gemeindeordnung. Deren aktuelle Fassung ist zwar erst 45 Jahre alt – aber jener Teil, der jetzt angepasst wird, bezieht sich tatsächlich auf die noch unter Maria Theresia eingeführte Kameralistik.

Was nun in Niederösterreich umgesetzt wird, entspricht der Forderung, dass alle Bundesländer und ihre Kommunen sich an das neue Haushaltsrecht des Bundes anzugleichen haben und damit auch vergleichbar werden.

Gemeinden haben bisher einen ordentlichen Haushalt (quasi eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die ausgeglichen sein sollte, es aber nicht immer ist) und einen außerordentlichen Haushalt für Investitionen – eine Bilanzierung von Vermögen und Schulden findet nicht statt. Gemeindebundpräsident Alfred Riedl verweist darauf, dass dem Schuldenstand der österreichischen Kommunen von zehn Milliarden Euro 60 Milliarden Euro Vermögenswerte gegenüberstehen.

Finanzierungsbedarf für Sanierungen

Aber ob dieses Vermögen richtig bewertet ist, kann bisher nur geschätzt werden. Mit der vom Finanzministerium erlassenen Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) 2015, die statt der Kameralistik eine doppelte kommunale Buchführung ab 2020 vorschreibt, wird das anders. In jeder einzelnen Gemeinde ist zu fragen, was zum Vermögen gehört (etwa Gemeindestraßen, Schulgebäude, Kindergärten et cetera) und wann da ein etwaiger Sanierungs- oder Ersatzinvestitionsbedarf besteht. Und in welcher Höhe.

Die Verordnung schreibt drei Haushalte vor – einen Finanzierungshaushalt, einen Vermögenshaushalt und einen Ergebnishaushalt. Und an die Stelle der Ausgeglichenheit des ordentlichen Haushalts tritt als Vorgabe die Ausgewogenheit der Haushalte. Das bedeutet,

  • dass im Ergebnishaushalt Ausgeglichenheit anzustreben ist,
  • dass im Vermögenshaushalt ein positives Nettovermögen sichergestellt werden soll und
  • dass im Finanzierungshaushalt die Liquidität gesichert sein muss.

Transparentere Gemeindefinanzen

Für die Kommunen gilt es nun, die Vermögen korrekt zu bewerten – eine Aufgabe, die einige Überraschungen bringen könnte, wie Riedl auf Nachfrage des STANDARD einräumt. In seiner eigenen Gemeinde Grafenwörth werden die Vorgaben der VRV bereits als Pilotprojekt umgesetzt – was mehr Transparenz bringe.

Zum Beispiel wurden die 1.800 öffentlichen Beleuchtungskörper der Gemeinde auf stromsparende LEDs umgestellt – die neuen Buchhaltungsvorschriften machten klar, wie bald sich die dafür aufgewendeten 800.000 Euro rechnen.

Per Landesgesetz werden nun die 573 niederösterreichischen Gemeinden angewiesen, wie die Verordnung des Finanzministeriums umzusetzen ist, gleichzeitig gibt es Erleichterungen, weil gewisse Gemeindeinvestitionen nicht mehr der Zustimmung des Landes unterliegen – das betrifft etwa Kläranlagen, wenn der Gemeinderat gleichzeitig kostendeckende Gebühren beschließt.

Andererseits soll durch die neuen Finanzregeln dazu beigetragen werden, "Konsolidierungsbedarf frühzeitig zu erkennen", wenn eine Gemeinde in finanzielle Schieflage gerät.

Niederösterreichisches Schulungsprogramm

Schleritzko ist davon überzeugt, dass Niederösterreich eine Vorreiterrolle zukommt – vor allem, was die Beratung der Gemeinden betrifft. Mehrere 1.000 Gemeindefunktionäre (angestellte Mitarbeiter ebenso wie Bürgermeister und mit Finanzfragen befasste Gemeinderäte) würden in den nächsten Jahren geschult. Riedl rechnet mit ähnlichen Lösungen in den anderen Bundesländern.

Mit 1. Jänner 2020 treten dann Gemeindeordnung und VRV in Kraft – die Eröffnungsbilanzen zum kommunalen Vermögen müssten spätestens zum Rechnungsabschluss 2020 im März 2021 vorliegen. (Conrad Seidl, 17.9.2018)