Die Pille ist nicht für jede Frau geeignet, deshalb wird der Einsatz von vaginalen Ringen erforscht.

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Graz – Verhütungsmittel wie die Pille sind nicht für jede Frau geeignet. Deswegen wird schon seit Jahren an Alternativen gearbeitet, insbesondere bei der Darreichungsform. "Wir verwenden Arzneistoffe, die schon im Einsatz sind – aber bisher nur in Tablettenform", sagt Isabella Aigner, Chemikerin und Verfahrenstechnikerin, die am Research Center Pharmaceutical Engineering (RCPE) Projekte rund um das Thema weibliche Gesundheit leitet. Die Arzneimittel lokal in Form eines vaginalen Ringes zu verabreichen habe viele Vorteile: Der Stoff wird so exakt an der Stelle abgegeben, wo er auch wirken soll.

Amrit Paudel, Wissenschafter am RCPE, spricht von einer verringerten systemischen Toxizität. Im Gegenteil zur oralen Einnahme können die Stoffwechselwege durch die Leber und andere Organe umgangen werden. So kann man die Tagesdosis reduzieren – und damit auch eventuelle Nebenwirkungen.

Die Forscher wollen bereits existierende Ringe optimieren. "Wir arbeiten parallel an vielen Ringen, bei denen wir vor verschiedenen Herausforderungen stehen", sagt die Chemikerin. Eine Sache haben sie aber alle gemeinsam: Es müsse immer ein Gleichgewicht zwischen dem Kunststoff, in dem man die Substanz einbettet, und den Eigenschaften der Arznei selbst bestehen.

Tägliche Menge

Das Medikament muss im Herstellungsprozess eine gewisse Temperatur aushalten, ohne sich zu zersetzen. Das Material, aus dem der Ring besteht, sollte natürlich für den Freisetzungsprozess geeignet sein. "Das Ziel ist es, jeden Tag möglichst die gleiche Menge freizusetzen", sagt Aigner zum STANDARD.

Sogenannte Matrix- oder Reservoirsysteme funktionieren auf der Basis von Diffusion. So heißt der Prozess, bei dem ein Konzentrationsunterschied zwischen zwei Stoffen ausgeglichen wird. Gibt es auf der einen Seite mehr Flüssigkeit und weniger Teilchen, dann werden diese von der einen auf die andere transportiert. So funktioniert das auch im Körper. Aus dem Ring diffundiert der Wirkstoff in die umliegenden Schleimhäute. "Die Diffusion verhält sich immer gleich, wenn man davon ausgeht, dass auf der Außenseite immer alles abtransportiert wird und auf der Innenseite immer genug zur Verfügung steht", sagt Isabella Aigner.

Bisher wurden diese Ringe nur für Verhütungszwecke entwickelt und demnach mit Hormonen wie Estradiol befüllt. Die Frauen setzen den Ring selbst ein, nach 21 Tagen wird eine Woche pausiert. Die Nachteile, wie Stimmungsschwankungen oder erhöhte Thrombosegefahr, die generell bei hormoneller Verhütung bestehen, gibt es auch hier. Aigner und ihr Team sehen beim bisherigen Ringsystem noch Verbesserungspotenzial: "Durch die geringere Dosis können wir Nebenwirkungen vermindern, andererseits wollen wir auch Ringe entwickeln, die man wesentlich länger und auch ohne Pause tragen kann."

Gegen Beschwerden einsetzen

Die Versuche am RCPE beschränken sich aber nicht auf die Optimierung dieser Verhütungsmethode. Es werden auch Methoden getestet, um die Ringe gegen Beschwerden während der Menopause einzusetzen. Zukünftig sollen sie auch fähig sein, andere Stoffe abzugeben, die möglicherweise bei der Behandlung von Gebärmutterhalskrebs eine Rolle spielen könnten, erzählt Amrit Paudel.

Dass die Produkte in Übereinstimmung mit den Wünschen der Frauen entwickelt werden sollten, versteht sich von selbst. "Wir müssen immer überlegen, für welche Patientengruppe die Ringe interessant sein könnten", sagt Aigner. Paudel sieht den Ring letztlich als Mittel zur Selbstbestimmtheit, die durch eine Unabhängigkeit von monatlichen Rezeptverschreibungen nur noch gesteigert wird.

Dabei spielen auch gesellschaftliche Aspekte eine Rolle, sagt Aigner: "Wenn es einer Frau zum Beispiel aus kulturellen Gründen nicht möglich ist, täglich eine Tablette zu schlucken, bietet sich der Ring womöglich an." (Katharina Kropshofer, 22.9.2018)