Wir Europäer stehen in einem ungeheuer starken Wettbewerb in der globalen Welt. Wer glaubt, dass dies Anlass genug sei, um zusammenzuhalten und an Strategien und Lösungen zu arbeiten, irrt. Die Gespenster des Nationalismus, Protektionismus und Egoismus tauchen wieder auf und fordern europäische Grundwerte wie Solidarität, Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit heraus.

Eine der politischen Hauptströmungen unserer Zeit ist die Angst vieler Menschen vor einer Überfremdung, verbunden mit Existenzängsten und Identitätsverlusten. Genau an diesem zentralen Punkt kann sich Europa nicht einigen. Wie geht man mit Flüchtlingen um, die unseren Schutz und unser Bekenntnis zur Humanität einfordern? Noch immer ist man bei Lösungsansätzen vom Quotendenken nicht weggekommen, wohl wissend, dass diesbezüglich Gräben vertieft werden.

Die europäische Wirtschaftskammer mit ihren 20 Millionen Mitgliedern hat eine wichtige Aufgabe: der ratlosen Politik zu helfen, wie man Asylberechtigte auch tatsächlich in unsere Gesellschaft integrieren könnte. Konkreter Ansatzpunkt könnte folgende Idee sein: Geben wir Asylberechtigten dort, wo eklatanter Mangel an Fachkräften besteht (eine Mangelberufsliste gibt es beim AMS!), die Möglichkeit, Leistungen nicht nur zu beziehen, sondern auch zu erbringen! Und geben wir den Betrieben, die Integrationsarbeit in der Vermittlung sprachlicher Fähigkeiten, in der beruflichen Aus- und Weiterbildung etc. leisten, die Möglichkeit, eine "Integrationsprämie" in Höhe der dann entfallenden Mindestsicherung zu erhalten. Diese sollten dafür umgekehrt gemäß Kollektivvertrag bezahlen. Wenn die EU aus Überschüssen des Sozialfonds noch einen Beitrag leistet, dann gibt dies ein interessantes, praxisnahes Modell und wir hätten eines der großen europäischen Streitthemen zumindest abgemildert. (Christoph Leitl, 18.9.2018)